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Astrid Schwarz

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Astrid Schwarz

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26. 1. 2016 - 15:55

Die Bretter, die die Welt bedeuten

Go, das älteste Strategiespiel der Welt ist so komplex, dass noch immer kein Computer die stärksten menschlichen SpielerInnen besiegen kann. In Österreich findet es immer mehr AnhängerInnen.

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Die Zeit läuft. Auf den Tischen im Go7 Club stehen Uhren und die Go-Bretter und -Schalen mit den Steinen bereit für die Meisterschaft. An einem Tisch legen Viktor und Peter abwechselnd Steine auf das Brett. Genauer gesagt auf die Schnittpunkte des Rasters aus 19 mal 19 Linien. Viktor nimmt die Weißen, Peter die Schwarzen. Es wird nur gesetzt und nicht gezogen. Sobald ein Stein liegt bleibt er wo er ist. Es geht darum ein möglichst großes Gebiet mit den eigenen Steinen zu besetzen, also abzugrenzen.

Viktor meint, dass Go-Spielen für manche einem Krieg gleichkomme, die auch am Brett kämpften und ein Gemetzel zu Stande komme. "Für mich ist das nicht so. Es ist mehr so wie ein Handeln. Ein Kommunizieren. Du nimmst dir das, ich nehm mir das. Und am Ende schau ich, dass ich ein bisschen mehr hab."

Go Spieltafel mit Spielsteinen

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Buchtipp: Michael H. Koulen: Go- die Mitte des Himmels, Hebsacker Verlag, Hamburg

Das asiatische Brettspiel Go hat eine sehr lange Tradition. Vor über 4000 Jahren soll es in China erfunden worden sein und hat sich im asiatischen Raum weit verbreitet. Zwar trägt es in China, Korea und Japan überall andere Namen, sorgt aber überall für Begeisterung. Früher war es dem Adel vorbehalten und es hat auch eine lange Karriere als Glücksspiel und als Orakel hinter sich. „Entweder es hat dich, oder nicht“, so heißt es beim Go. Viel dazwischen gibt es in Europa wohl nicht. Anders als in Asien.

Viktor Lin studiert Romanistik und ist 23 Jahre alt. Go-Spielen hat er von seinem Vater gelernt, der es in seiner Heimat Taiwan gespielt hat. Viktor war schon fünfmal österreichischer Staatsmeister. Am vergangenen Sonntag hat er um seinen 6. Go-Titel gespielt. 90 Minuten Bedenkzeit hat jeder der beiden Spieler bei der Meisterschaft. Wie beim Schach stoppt jeder seine Uhr, sobald er gesetzt hat. Zuerst besetzten sie die Ecken, dann breiten sie ihre Steine an den Rand hinaus aus und zum Schluss kommt das Zentrum. "Das hat man nach jahrhundertelangem Spielen herausgefunden, dass das das beste ist", erklärt Viktor.

Begehre nicht zu gewinnen

Der 20 jährige Shayan Hamrah wartet auf sein letztes Spiel bei dieser Staatsmeisterschaft. Den Titel hat er schon 2 mal gewonnen. Lässig lehnt er sich im Rollsessel zurück. Von der oft zitierten Philosophie des besonnenen Spiels hält er nicht so viel, ihm geht es ums Gewinnen: "Wenn du pokerst, willst du gewinnen , wenn du Schach spielst, willst du ja auch gewinnen. Und mir macht es auch Spaß in Go zu gewinnen, im kompliziertesten Spiel der Welt. Go ist immer ein Interessenskonflikt und wenn du als der stärkere hervorgehst dann ist es ein super Gefühl."

Go-Steineschale

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Shayam Hamrah hat dieses Mal gegen Viktor Lin verloren
Der ist mit seinen 6 Dan der stärkste Spieler bei diesem Turnier. Fast schon ein Profi- das beginnt ab 7 Dan. Insgesamt gibt es 9 Dans und davor die Kyus. Anfänger beginnen bei 30 Kyu und arbeiten sich hoch. Viktor Lin wird heuer wieder beim „European Go Professional Qualification Tournament“ sein Glück versuchen. Der Gewinner hat die Möglichkeit professioneller Spieler zu werden. Das schaffen in Europa aber lediglich ein, zwei russische Profis, sagt Ting Li, die stärkste Go-Spielerin Österreichs Im GO 7 sieht sie sich den Ausgang der Staatsmeisterschaft an.

Die stärkste Go-Spielerin Österreichs

Ting Li ist schon mit 5 Jahren von ihren Eltern in Peking zum Go-Spielen geschickt worden. Anfangs konnte sie das Spiel nicht leiden. Wenn sie ein Spiel verlor, haben sie ihre Eltern geschimpft. Als sie nach einem Jahr den 1 Dan stark war ging sie vier bis fünfmal pro Woche nach der Schule in die Go-Schule. Dort musste sie spielen und Partien von Turnieren analysieren. Viele Jahre später, nachdem sie schon in Europa war, wurde Ting Li professionelle Spielerin in Japan. Heute ist sie 1P-1 professioneller Dan stark, was ungefähr dem 7. Dan entspricht.

In Japan spielen rund 60 Frauen und insgesamt 400 Männer in der Profiliga. Geld lässt sich nicht nur mit Siegen verdienen, schon allein die Teilnahme bringt Geld. Ebenso das Unterrichten. Doch nicht alle können davon leben. Ting Li nimmt sich manchmal Urlaub um bei Tunieren in Japan teilnehmen zu können. Sie verlegt sich eher auf die Organisation bei der European Go Federation.

Go-Spielbrett mit Spielsteinen

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Verwirf das Kleine und nimm das Große

www.gokgs.com - ein Go-Server zum Lernen und Gegner finden

Noch bevor die letzte Runde bei den Staatsmeisterschaften gespielt wird, steht der Sieger fest. Viktor Lin holt sich zum sechsten Mal den Titel und ist mit 6 Dan auch der stärkste Spieler bei dem Turnier.

Auf den anderen Tischen Im Go7 starren die SpielerInnen noch auf die Bretter mit dem Raster aus 19x19 Linien, wo schwarze und weiße Steine in unterschiedlicher Konzentration die Ecken bevölkern. Sie studieren Spielsituationen, um zu lernen. „Go ist wie eine Schatzkiste, man entdeckt immer etwas Neues und lernt nie aus.“ Darin sind sich die Spieler einig.