Erstellt am: 26. 1. 2016 - 13:31 Uhr
Nach rechts wischen für Mr. Right
Love me tinder?
FM4 Auf Laut über das Praktische, Oberflächliche und Kritisierenswerte der Dating-App Tinder. Am Dienstag, 26.1. 2016 ab 21:00 im Radio und danach 7 Tage lang im FM4 Player.
Früher wurde einem ein Sack über den Kopf gezogen, man wurde auf ein Pferd gesetzt, entführt und war dann jemandes Angetraute… oder so ähnlich. Vielleicht war auch ein Knüppel involviert. Heute läuft das ein bisschen anders mit dem Finden der großen Liebe. Jetzt sitzt man regungslos vorm Handybildschirm und wischt stundenlang nach links, bis man im Bruchteil einer Sekunde dann doch die Entscheidung trifft, ein Gesicht nach rechts zu wischen. Das nennt sich dann „tindern“.
50 Millionen Menschen, größtenteils zwischen 18 und 35 Jahren, nutzen die gleichnamige Dating-App weltweit, um die große Liebe, etwas für eine Nacht oder einen kostenlosen Reiseführer in einer fremden Stadt zu finden. Da man nicht mehr auf Freunde, Familie, Bekannte oder das Beisl nebenan um 5 Uhr Früh bei der letzten Runde angewiesen ist, um auf neue Bekanntschaften zu stoßen, erweitert sich für die Tinder-Nutzer/innen der Pool an potenziellen Kompagnons (für was auch immer das Herz begehrt) enorm. Zum einen heißt das zwar mehr Auswahl, aber wer mit einem weiten Netz fischt, fängt ab und zu auch mal einen stinkigen Stiefel.
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Es gibt viele Geschichten von Paaren und sogar Ehepaaren mit Kindern, die sich durch Tinder und teilweise sogar über Landesgrenzen hinweg kennengelernt haben. Aber von sowas will doch keiner hören. Deshalb hier ein paar Tinder-Tragikomödien von Freunden aus erster, zweiter und dritter Hand (Namen von der Redaktion verändert).
Good Job, Bro
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Eine Freundin, nennen wir sie Lisa S, tauschte sich ein Weilchen mit einem netten jungen Mann auf Tinder aus. Alles lief super, die Emoji-, Joke-, interessierte Fragen- und interessante Antworten-Ratio passte und sie beschlossen, sich zu treffen. Am nächsten Morgen begleitete sie der junge Gentleman zur Tür. Als er dann diese aufhielt und sie sich zu fragen begann, ob Küsschen oder noch schnell ein bisschen schmusen zum Abschied, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage, indem er ihr eine „Brofist auf die Schulter“, wie sie es bezeichnete, gab und die Tür zumachte.
Es gab ein paar Tage später noch ein zweites Date, das in einer weiteren Nacht bei ihm mündete und mit der genau gleichen Verabschiedung am nächsten Morgen zum endgültigen Tinder-Entmatching führte.
It’s Unisex
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Homer S. sucht auf Grindr wen für 10 Minuten und auf Tinder wen für 10 Jahre. Als er mal beim herumwischen auf Tinder auf den Studienassistenten aus seinem Hauptfach (Nukularwissenschaften) stößt, von dem er gar nicht wusste, dass er auch ein Freund Chers ist, denkt er sich „why not“.
Er wischt nach rechts, der Studienassistent auch und sie sind ein „Match“. Doch lange traut sich keiner was schreiben. Der Assistent rutscht immer weiter nach unten in der Matchliste, bis Homer eines Tages auf die Chatfunktion der App schaut und „Tutorium heute um 17 statt 18 Uhr“ sieht. Da Homer nichts zu den Skripten vorbereitet hatte, antwortet er weder auf die Message, noch geht er zum vorgezogenen Tutorium.
Sound of Silence
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Bart S. wartet auf sie im Cafe. Sie kommt, setzt sich dazu, sagt „Hi, nett dich kennenzulernen!“, klappt den Laptop auf und tippt, klickt und interagiert ohne ein Wort zu sagen nur mehr mit dem Computer. Bart bereut zuerst, nicht selber zumindest ein Buch mitgenommen zu haben, wundert sich dann, warum er noch immer da sitzt und fragt sich schließlich, ob das vielleicht gar nicht sein Date war und das eigentliche Date jetzt schon weg ist, weil sie ihn mit Angelina Jolie aus Hackers zusammen sitzen gesehen hat. Aber nein, das Profilfoto stimmte mit dem, was man von hinter dem Monitor aus erkennen konnte, überein.
Kürzester Prozess
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Marge S. hatte sich die App frisch heruntergeladen, weil sie alle immer dazu drängten, sich doch auch endlich mal Tinder zu besorgen. Allein schon um bei der gemeinsamen (geheimen) Facebookgruppe des Freundeskreises, in der Screenshots der Tinderprofile von Schnöseln, Chauvies und Profilen mit Hochzeitsfotos in der Auswahl ausgetauscht und ausgelacht wurden, mitmachen zu können. Und weil Gruppenzwang eine großartige Erfindung ist, tinderte sie auch schon bald fleißig mit. Beim Rechts-links-wischen lernte sie dann auch wen kennen. Er hatte ihr Profil geliked, als er beruflich in Wien war. Als sie ebenfalls nach rechts wischte, war er schon wieder in Deutschland. Sie schrieben sich trotzdem ein Weilchen und verstanden sich so gut, dass sie sich spontan dazu entschloss, nach Bremen zu fahren, um ein paar schöne Tage mit ihm zu verbringen und zu sehen, wohin es noch führen könnte. Marge kaufte sich ein Ticket, setzte sich für zehn Stunden in einen Bus und fuhr den ganzen Weg von Wien nach Bremen (ohne Wi-Fi). In Bremen angekommen war die Begrüßung am Busbahnhof komisch. Die Nacht noch komischer und kürzer als die Begrüßung und sie verkürzte daraufhin mit einer halbherzigen Ausrede („ich vermisse meine Katze“ oder so) die auf absolut keine Überredungsversuche stieß, ihren Aufenthalt und fuhr am nächsten Tag gleich wieder zehn Stunden (ohne Wi-Fi) zurück nach Wien und machte schon beim Einstieg in den Bus kurzen Prozess mit der Dating-App.
FM4 Auf Laut: Love me tinder?
Für die einen ist es nur eine einfache Möglichkeit, SexpartnerInnen zu finden, für andere ist es die Abkürzung zur wahren Liebe, wieder andere nutzen es wie Candy Crush: die Dating-App Tinder.
Ist es nicht unglaublich praktisch, wie man mithilfe dieser einfachen Anwendung herausfinden kann, mit wem die Anziehung auf Gegenseitigkeit beruht? Oder ist es unfassbar oberflächlich, wie man hier Personen aufgrund ihrer Fotos einfach bewertet und ihre Profile nach links oder rechts wischt? Ist Tinder die willkommene Vereinfachung oder eine Vermarktwirtschaftlichung der Zwischenmenschlichkeit? Alles Fragen, über die wir am Dienstag, 26.1. 2016 ab 21:00 sprechen werden, in FM4 Auf Laut mit Conny Lee.
Die Nummer ins Studio zum Mitdiskutieren: 0800 226 996