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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

20. 1. 2016 - 22:03

TV Overload

Polizeiarbeit nach Vorschrift und der ganz große Blödsinn. Finanz-Thriller und die Macht von schwarzem und weißem Gold. Eine Serien-Rundschau.

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Wie immer: Man kann nicht alles sehen. Es folgt ein überblicksmäßiges Zappen und Sieben durch eben gestartete und demnächst anlaufende Shows. Ebenfalls wie immer: Willkürlich zusammengestellt und freilich ohne Anspruch auf irgendeine Vollständigkeit.

The X-Files

Es hat sich herumgesprochen: The Force Awakens. Kommendes Wochenende kehren die X-Files nach gut 15 Jahren Serien-Pause mit einer sechsteiligen Mini-Serie zurück. Vorerst. Scully und Mulder sind wieder Verschwörungen und Alien-Sichtungen auf der Spur, dabei am Zweifeln, am Glauben und am Vermessen der Neujustierungen in der intermenschlichen Chemie.

Auch für Neueinsteiger verständlich soll die Rückkehr des Klassikers werden. Frische Abenteuer, Turbulenzen und Erkenntnisse innerhalb der großen allumfassenden Gesamtmythologie der Show und separate, mehr oder weniger unabhängige Einzelfälle sollen sich wie gehabt die Waage halten. Vorfreude und die Angst vor Denkmalbeschädigung ebenso. Mehr dazu in Kürze.

Shades of Blue

Eine formelhaftere Besetzung als Jennifer Lopez und Ray Liotta für die formelhafte Cop-Show "Shades of Blue" wird man sich nur schwer ausdenken können. Jennifer Lopez gibt die toughe Polizistin (ein dunkles Geheimnis schlummert in ihrer Biografie) im Hosenanzug mit zerstrubbelter Aura und die wohlmeinende alleinerziehende Mutter.

Ray Liotta spielt mit der Rollenvorgabe "Ray Liotta" und glasigem Blick im speckigen Freizeithemd, das für gewöhnlich im Fundus für Gartengrill-Szenen italienischstämmiger Mafia-Bosse reserviert ist, den öligen Polizeichef und Lopez’ langjährigen engsten Vertrauten.

Die Dinge werden sich ändern: Wie es scheint hat das gesamte Polizeirevier, immerhin der innere Kreis von Chef Liotta, Dreck am Stecken. Neben dem Zufallbringen von Ganoven lässt man sich da und dort gern schmieren oder zweigt unauffällig Geld in die eigene Tasche ab. Es ist ja auch ein hartes, das Polizistenleben.

Shades of Blue

NBC

Shades of Blue

Aus der Not heraus, um die eigene Haut zu retten, wird Lopez zur geheimen Informantin des FBI und zum Spitzel innerhalb der eigenen Gang. Liotta, der Fuchs und wenig zimperlich, dürfte den Braten gerochen haben, es entspinnt sich ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den einst so innig Verbündeten.

In farbmatten Blau- und Brauntönen will "Shades of Blue" den Geist von Cop-Klassikern wie "Homicide", "Hill Street Blues" und "The Wire" atmen, bleibt dabei bloßes Malen nach Zahlen. Es werden genau die Sätze gesagt, die in Cop-Serien gesagt werden, unbarmherzig wird nach Schablone der Plot vorangetrieben. Immerhin: Nach zwei Episoden stellt sich leise Spannung ein.

Angie Tribeca

Dann lieber gleich komplett im Klischee eintauchen. Die tatsächlich ganz wunderbare Cop-Show "Angie Tribeca" lässt in ihrer an allen Ecken überschäumenden Albernheit Serien wie "Brooklyn Nine-Nine", "Parks and Recreation" oder "30 Rock" wie sozialrealistische Kitchen-Sink-Dramen zum Thema Weltwirtschaftskrise erscheinen.

Die ewig unterschätze, großartige Rashida "Ann Perkins!" Jones gibt hier die toughe Polizistin im Hosenanzug, die immer ein bisschen Probleme damit hat, wenn ihr ein neuer Partner zugeschanzt wird. "Angie Tribeca" spielt die wieder und wieder durchgekauten Plot-Devices und Dialog-Bausteine des Formats "Cop-Show" wieder und wieder durch und überhöht sie ins Absurde. Und dann noch eine Stufe weiter und dann noch einmal.

Die Serie orientiert sich ausdrücklich und klar an Quatschmeisterwerken des Teams Zucker-Abrahams-Zucker wie "Die nackte Kanone" und "Airplane!". Es wird aus allen Rohren geschossen, Gags im Sekundentakt, nicht immer die anspruchsvollsten, Kalauer, Wortspielereien, die Wörtlichnehmung und Verbildlichung von geflügelten Worten, Surrealismus, brechtsche Durchbrechungen der Konventionen von Schauspiel und Theater.

Vergangenes Wochenende sind alle zehn Episoden der ersten Staffel von "Angie Tribeca" in einem Rutsch in die Welt entlassen worden und man kann sich das auch locker in einem Durchgang anschauen. In "Angie Tribeca" werden solch schöne Sätze wie der folgende gesprochen: "Did you know that he owns a boathouse, a houseboat, a poolhouse and a housepool?" Ein Schurke im Kunst-Milieu wird mit diesen Worten verhaftet: "You’re under arrest for grand theft arto!"

Colony

Nach der viel zu früh abgesetzten Show "Intelligence" darf Josh "Sawyer" Holloway sich wieder einmal durch Mystery und Sci-Fi-Geheimniskrämerei schlagen und dabei gefährlich grinsen, verschwörerisch dreinschauen. Für die schwülstig-verheißungsvolle, die gute "Lost"-Aura sorgt Co-Erfinder Carlton Cuse.

In einem Los Angeles der nahen Zukunft ist alles, man ahnt es, nicht so wie es scheint. Die Stadt ist von einer gigantischen Mauer umgeben, des nachts herrschen strenge Curfews, bislang für selbstverständlich gehaltene Güter, Nahrungsmittel, Medikamente sind Mangelware. Ein militärischer Ordnungsapparat, wenig zimperlich, sorgt für Ruhe und Gehorsam. Von ominösen "Hosts", die die Lage kontrollieren, ist die Rede, die Regierung hat sich ihnen angedient, selbstredend existiert eine Widerstandsbewegung im Untergrund. Wem zu trauen ist? Das kann noch was werden.

Billions

Billions

Showtime

Money Never Sleeps. Fingerhakeln in der Hochfinanz, Intrigen, Skandale und unsauberste Geschäfte im Börsenmilieu. Die eben gestartete, von Showtime produzierte Serie "Billions" lässt Damian "Brody" Lewis und Paul Giamatti Kräftemessen.

Lewis als klarerweise aus dem Nichts zum skrupellosen Milliardär und Spekulanten aufgestiegenen Unsympathen, dem in Gestalt schwefelgiftiger Flüstertöne ungute Absichten aus dem schmalen Munde entfahren, Giamatti als aufrecht agierender Staatsanwalt, der wohl auch ein wenig ungünstigen Informationsballast in der eigenen Besenkammer gebunkert hat. Mehr dazu sehr bald.

Vinyl

Der Talk der Saison dürfte aber wieder einmal von HBO kommen: Die im Februar startende, aufwendig aufgerüschte Serie "Vinyl" beleuchtet das Musikbusiness der Siebziger-Jahre. Zeiten, zu denen bekanntlich auf diesem Sektor in finanzieller Hinsicht noch einiges abgeholt werden konnte und imposante Berge von Kokain als eigener Kostenpunkt im Rahmen von Plattenproduktionen Pflicht waren.

Sex, Drugs und Rock and Roll, Frisuren, Brillen, Kostüme und Bärte, in der Hauptrolle versinkt ein wie immer eindrucksvoller Bobby Cannavale al-pacino-haft im Zuckerstaub. Produziert wird "Vinyl" unter anderem von Martin Scorsese und Mick Jagger, zwei Herren mit Stoff-Expertise. Music is the healing power of the universe.