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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

20. 1. 2016 - 12:07

Cage The Elephant: Tell Me I'm Pretty

Die guten Platten kommen oft ganz am Schluss eines Jahres, so geschehen mit dem neuen Album der US-Indierocker Cage The Elephant, das Ende 2015 erschienen ist.

Dort wo Cage The Elephant herkommen, schimmert im Frühling das Gras der fetten Weiden blau. Deshalb trägt dieser US-Bundesstaat zwischen Mittelwesten und Südstaaten den Beinamen Bluegrass State. Kentucky ist berühmt für Rennpferde, seine wilden Truthühner und auch die Kohlereviere. Für Bands ist Kentucky nicht ganz so berühmt, auch wenn es im Bluegrass State durchaus einige gibt, etwa die recht erfolgreichen My Morning Jacket, oder eben auch Cage The Elephant.

US-Band Cage The Elephant

Jordan Straß/Invision/AP

Die Band rund um die beiden Brüder Matt und Brad Shultz geht heuer in ihr bereits zehntes Jahr. Cage The Elephant sind ein Beispiel dafür, wie sich eine junge Band über einen längeren Zeitraum hinweg entwickeln und wachsen kann, und dass nicht das erste, oder höchstens noch das zweite Album über to be or not to be entscheidet.

Als Cage The Elephant vor ein paar Jahren mit den Foo Fighters tourten und ihr Drummer Blinddarmdurchbruch hatte, übernahm Dave Grohl einfach am Schlagzeug.

"Tell Me I'm Pretty" ist das bereits vierte Album der Indierocker aus der etwas über 60.000 Einwohner zählenden Stadt Bowling Green. Mit ihrem letzten Longplayer, "Melophobia", war die Band gar für einen Grammy - jenen großen Mainstream-US-Musikpreis - nominiert gewesen.

Urbane Landeier mit einer Liebe zur britischen Beat-Musik der 60er Jahre, Hippies und Südstaaten-Rocker. Cage The Elephant sind so Vieles, haben den Elefanten nie in einen Käfig gezwungen. Matt Shultz - früher Installateur auf Baustellen - hat die Aura eines Rockstars, der dennoch irgendwie ein netter Bub von nebenan ist. Matt Shultz ist eine Art Working Class Hero, der einen größeren (amerikanischen?) Traum lebt.

Bevor ihr erstes Album erschien, zogen Cage The Elephant nach London, weil, wie Sänger Matt Shultz meint, die Band vom Mythos, dass man es als US-Band zuerst in England schaffen könnte und dann als eine Art Held in die Staaten zurückkehrt, so begeistert war. Nun ja, so schnell ist das nicht gegangen, und auch wenn Cage The Elephant ganze zwei Jahre in London lebten und allerlei Kontakte knüpften, ihre Zukunft lag in den USA.

Sag mir, ich bin hübsch

Albumcover US-Band Cage The Elephant "Tell Me I´m Pretty" Dez 2015. Junge Frau, rote Haare, Gesicht zu sehen.

RCA

"Tell Me I´m Pretty" von Cage The Elephant ist bei RCA erschienen.

"Tell Me Im Pretty" nennen Cage The Elephant also ihr neues Album. Sag mir, ich bin hübsch. Um Liebe und sonst so Zwischenmenschliches geht es dann auch in den Songtexten der Band. Da warnt die Mutter ihre Tochter vor dem jungen Mann, so wie's schon in den alten Blues- und Soul-Songs war. Da wird oft Oh yeah gesagt und auch baby kommt öfters vor - Baby, that's right oder baby, you're mine.

Ein Fläschchen Wein hat man mit, eine Bottle voll Whisky sowieso, und aufbleiben tut man natürlich bis die Sonne aufgeht. "Trouble" heißen solche Lieder oder "Mess Around".

In "Sweetie Little Jean" ist der Inhalt erst düster: ein Mädchen wird vermisst. Komm zurück, fleht Matt Shultz in diesem letztlich charmanten Old-School-Hadern, der nicht etwa an der Merseyside von Liverpool entstanden ist, sondern in Nashville, nämlich im Aufnahmestudio von Dan Auerbach von den Black Keys. Letzterer hat den neuen Longplayer von Cage The Elephant auch komplett produziert.


Wo Auerbach drauf steht, ist auch Auerbach drinnen? Das könnte eventuell hier ein Problem(chen) werden, orakelte manche(r) Popkritiker(in) schon bevor "Tell Me I'm Pretty" erschienen war. Ach was, keine Sorge. Klar, gelegentlich mutieren Cage The Elephant da ein wenig in Richtung Black Keys, aber Matt Shultz ist stark genug als Rock´n´Roll-Frontmann, Songwriter und Interpret, sodass Dan Auerbachs Handschrift letztlich nicht mehr ist als sie sein könnte.

Hey, how are you true?

Matt Shultz: "It's hard to write songs that move people in kind of a surface level way but at the same time are genuine. The goal is to connect with people and to have a communal experience, but not to compromise the integrity of whatever it is that you are trying to do."

Diese neuen Cage The Elephant Songs sind toll aufgenommen - wunderbare Gitarre! - und bei den langsameren Stücken, etwa dem zart schmelzenden "How Are You True", kommt die Stimme von Matt Shultz besonders gut zur Geltung, und das Gitarrensolo von Mr Auerbach auf "Mess Around" sitzt gut. Da soll noch jemand sagen, es gibt keine guten Indierock-Bands mehr. Also, wild girls and boys, schüttelt euer Haar!