Erstellt am: 18. 1. 2016 - 18:26 Uhr
"I'm so fat in the back, make the boys all collapse"
Die Regeln zu brechen ist einfach. Man wird zum Sonderfall, die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Das gesamte Regelwerk zu ändern ist ein epochaler Geniestreich. Die Rückkehr einer Gamechangeresse par excellence ist geglückt.
Missy Elliott ist diese Woche dafür verantwortlich, dass aus dem opulenten Konferenzsaal, in dem der HipHop-Lesekreis tagt, nur schnurrende Haikus des Lobs und grunzende Arien der Begeisterung erklingen. Die Gründe dafür liegen im Ohr.
Seit ihrem letzten Album "The Cookbook" sind mehr als zehn Jahre vergangen und Missy Elliott reimt mit Pharell Williams an ihrer Seite, als wäre sie keine Minute älter und hätte nicht in den letzten Jahren mit einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse gekämpft.
Sie spricht in ihren Texten die Probleme, die ihr Körper macht, mit Humor an. Witz und Intelligenz ist auch der Nährboden, auf dem Missy Elliotts Genie wächst und gedeiht. Es wird wieder getanzt, Späße über die Moves gemacht, das Vokabular vergangener Hits wird zitiert und sie findet einen sprachlichen Weg, ihre wiedergewonnene Leibesfülle auch gleichzeitig als Metapher für ihren unantastbaren Boss-Status zu setzen. Für Sätze wie:
"I'm a Big Mac make you wanna eat that" und "I'm so fat in the back, make the boys all collapse" liebe ich Missy.
The dance that you doing is dumb
How they do where you from?
Stickin' out your tongue girl
But you know you're too young
A bunch of girls do it and the shit look fun
That's how they do it where we from
You know it don't start till one
That's how they do it where they from
Der oben genannte Chorus ist ein Indiz dafür, dass sich Missy bewusst ist, wie groß ihr Einfluss auch in dem Jahrzehnt ihrer Abwesenheit ist und dass sie sehr wohl Notiz nimmt von dem Kiddieporn-Mumpitz und Mummenschantz der kulturellen Aneignung, den Miley und Kolleginnen betreiben.
Leid und Begehren, Chefin sein und alle im Club aufgeilen sind oft noch das Koordinatensystem, in dem die Texte vieler weiblicher MCs sich entfalten.
Missy Elliott
Missy ist der Joker, der uns in neue futuristische Welten führt. In ihrer Wikipedia-Biographie stehen viele traurige Dinge über ihre gewaltgeprägte Kindheit, aber ein Lichtstrahl dringt da doch durch, der vielmehr aussagt über den Glanz, in dem Melissa Arnette Elliott heute strahlt:
"At the age of four in 1975, she wanted to be a performer, although she knew no one took her seriously, because she was always the class clown."
Pharell Williams, ihr alter Freund und Duett-Partner, ist der Producer der Nummer und auch auf "WTF" zu hören.
Er vergleicht sich mit einer Ejakulation, dem Chef-Transformer Optimus Prime und Hermes Trismegitos, den sagenhaften Schöpfer von alchemistischen synkretistischen Offenbarungslehren und Urvater der Alchemie aus dem dritten Jahrhundert, und lässt mit dem Namedropping durchscheinen, dass er zwischen Glücklich-Sein und Seidentücher-Kaufen bei Hermès durchaus okkulte Geheimlehren studiert.
Und das fällt Ole Weinreich, Mahdi Rahimi, Trishes und mir aka dem FM4 HipHop-Lesekreis zu "WTF (Where they from)" ein: