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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

17. 1. 2016 - 17:02

Videospielen mit Apple TV

Die vierte Generation der Set-Top-Box ist nun auch eine kleine Spielkonsole. iPhone- und iPad-Games machen am Fernseher eine gute Figur!

Videospiele am Smartphone und auf Tablets, das ist ja mittlerweile fast eine Alltäglichkeit geworden. Die Idee, dass man unbedingt einen PC oder eine Konsole mit einem Monitor zum Computerspielen braucht, ist längst überholt. Viele verspielte Menschen konsumieren Games fast nur noch auf mobilen Geräten.

Apple TV

Apple

Aber was passiert, wenn man diese kleinen Spiele für unterwegs wieder zurück auf die großen Bildschirme holt? Also wenn Games wie "Doodle Jump" oder "Crossy Road" hochauflösend vom großen Fernseher strahlen? Das funktioniert seit Ende letzten Jahres mit dem neuen Apple TV 4.

Es sieht auf den ersten Blick schon etwas seltsam aus: Jemand sitzt vor einem Fernseher und spielt mit einer kleinen Fernbedienung anstatt eines normalen Gamecontrollers. Auch die Spielkonsole ist ungewöhnlich: Das Apple TV der vierten Generation ist - wie die Vorgängergeräte - eine kleine Box, die nur zehn mal zehn Zentimeter groß und dreieinhalb Zentimeter hoch ist. Natürlich ist das Apple TV aber keine ausgewiesene Spielkonsole, das Spielen ist neuerdings eben zusätzlich zum Musikhören und Filmeschauen möglich.

Praktischerweise sind bereits einige der Titel meines iPhone- und iPad-Spielekatalogs gleich nach Anstecken und Einloggen in der Auswahlliste vorhanden - und zwar jene, die fürs Apple TV bereits adaptiert worden sind.

Beneath The Lighthouse

Nitrome

Perfekt für Apple TV angepasst: Das entzückende Dreh- und Kugelrollspiel "Beneath The Lighthouse"

Eine Fernbedienung als Spielcontroller

Games, die ursprünglich für kleinere Displays gedacht waren, sehen auf dem Fernseher ziemlich gut aus. Das Steuern mit der Fernbedienung, die übrigens Siri Remote heißt, ist bei einfachen Spielen wie "Crossy Road" oder "Alto's Adventure" überhaupt kein Problem und funktioniert weitgehend präzise.

Etwas schwieriger wird es, wenn man etwa versucht, ein Autorennspiel zu spielen. Apple schreibt vor, dass jedes Spiel, das für Apple TV erscheint, sich mit der Siri Remote steuern lassen muss - selbst ein First Person Shooter. Deshalb ist es praktisch, wenn man für etwas aufwendigere Spiele einen externen Gamecontroller benutzt - man braucht ja sowieso zumindest einen zweiten Controller, wenn man gemeinsam spielen möchte. Wir verwenden beim Test im FM4 Spielekammerl den "Nimbus" von Steelseries. Das Ding ist ein gängiger, moderner Gamecontroller mit Analogsticks, Schultertasten und bunten Buttons. Der "Nimbus" wirkt zwar etwas billig verarbeitet, liegt dafür aber gut in der Hand und lässt sich ganz einfach mit Apple TV synchronisieren.

Pac-Man 256

Namco Bandai

Auf Apple TV attraktiver, dank der Möglichkeit, einen externen Controller zu verwenden: die endlose Geisterjagd von "Pac-Man 256" aus 2015.

Siri Remote als Bremse

Prinzipiell ist es ja sehr nett, Games mit einem intuitiven, simplen Controller wie einer kleinen Fernbedienung zu spielen. Die Apple-TV-Games werden vorrangig durch das Trackpad am oberen Ende der Siri Remote mit dem Daumen gesteuert. Man führt die bekannten Smartphone-Gesten aus: swipen, tappen, drücken. Zusätzlich hat die Fernbedienung einen Bewegungssensor.

Das Problem ist allerdings der Zwang, dass sich jedes Game für Apple TV mit der Siri Remote steuern lassen muss. Klar, man kann einfach auf einen externen Controller umsteigen und sich so bessere Kontrolle über das jeweilige Spiel verschaffen. Allerdings sind die Spiele ja zwangsweise so ausgelegt, dass sie immer auch mit der Fernbedienung steuerbar sind. Das führt zu einem dumbing down-Effekt, der die Spiele oft zu simpel und wenig herausfordernd macht. Ein Shooter wie "Afterpulse" wird deshalb, wenn man ihn sinnvollerweise etwa mit dem "Nimbus"-Controller spielt, schnell zur Farce: Die Maps sind klein und uninspiriert, das Aiming passiert automatisch, tiefere taktische Möglichkeiten bleiben aus. Also lässt man diese Spiele auf Apple TV schnell wieder sein und kehrt zu denen zurück, bei denen die Siri Remote als Steuereinheit gut funktioniert.

Rayman Adventures

Ubisoft

Hübsch: "Rayman Adventures", das sich zwar mit Siri Remote intuitiv, aber dennoch schwieriger steuern lässt als mit einem klassischem Gamecontroller.

Gute Partykonsole, schlechte Übersicht

Aber wozu braucht man dann überhaupt die externen Controller? Richtig, zum gemeinsamen Spielen. Apple TV erlaubt bis zu vier Steuereinheiten gleichzeitig, iPhones und iPads kommen dafür allerdings nur in Sonderfällen in Frage, wie etwa bei der Karaoke-App "Sing!", wo man iPhones als Mikros verwenden kann. Apropos Karaoke: Apple-TV-Games eignen sich hervorragend als Partyspaß, denn vor einem Fernseher sitzt und spielt es sich als kleine Gruppe wesentlich bequemer, als wenn man sich über ein iPad beugt oder jeder für sich in sein Smartphone starrt.

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Beim Suchen nach guten Spielen gibt es allerdings wieder einen kleinen Rückschlag: Derzeit ist nämlich nur ein verhältnismäßig kleiner Bruchteil der iOS-Apps für Apple TV adaptiert worden, darunter aber einige Klassiker wie "Badland", "King Oddball", "Zen Pinball" oder das bereits erwähnte "Crossy Road". Exklusive Titel gibt es derzeit keine. Wie üblich bei Apple gibt es auch via Apple TV keine vernünftige Sortierfunktion. Weil Gaming vom kalifornischen IT-Riesen ärgerlicherweise weiterhin integrativ mit Musik und Filmen in einen Medientopf geworfen wird, lassen sich Spiele nur ganz allgemein filtern. Ansonsten werden nur die von Apple hervorgehobenen Empfehlungen angezeigt. Den Rest muss man sich mühsam über eine unpraktische Alphabetsliste zusammensuchen.

Wer in den letzten Jahren eine umfangreiche Spielebibliothek im Appstore angelegt hat, findet mit Apple TV 4 eine gute Erweiterung zu den tragbaren Geräten. Auch, wer die guten, alten Wii-Zeiten der späten 2000er Jahre vermisst, wird Freude mit dem Gerät und seiner kuriosen, kleinen Steuereinheit haben.