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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

17. 1. 2016 - 13:49

Auf der Jagd nach der verlorenen Eigentlichkeit

Flimmern: Im Dies- und Jenseits, im Inner und Outta Space.

Flimmern

Der assoziative Wochenrückblick von Natalie Brunner

Zahlen, Berechnungen, Verhältnisse und Analysen, die mit ihrer Präzision nah ans Sezieren kommen, ja körperlich werden, haben mich diese Woche in ihren Bann gezogen. Alles ging los mit einer ganz einfachen, aber doch unbeantwortbaren Frage: Wer bin ich?

Und muss ich, um zu wissen, wer ich bin, auch wissen, was ich bin?

Anstatt wie üblich bei der Beantwortung dieser Frage auf ontologischen Holzwegen zu wandeln oder das, was ich nicht ertrage, zu Wissen, zum Kern meiner selbst zu machen, bin ich diese Woche, wie Alice dem Kaninchen oder Neo Morpheus der Doppelhelix in das Reich der Zellen und Bakterien gefolgt. Ich habe gelernt, dass ich im Verhältnis 10:1 aus Anderen bestehe, aus ca. 3,9 Billionen Anderen (Plus / Minus ein paar Millionen bei jeden Toilettenbesuch).

Carzinom

CC BY-SA 2.0, flickr.com, User: Yale Rosen; pulmonary_pathology

Der menschliche Körper besteht zum Großteil aus Bakterien.
Seit den 1970er Jahren wird das Verhältnis 10:1 geschätzt, und dieser Tage wurde eine Studie veröffentlicht, die mit genauen Berechnungen dienen kann. Und siehe da: die über 30 Jahre alte Schätzung stimmt! Zieht man nur die Zellen mit Zellkern heran, bleibt das Verhältnis Bakterien zu Zellen bei 10 zu 1. Ich bin also 3,9 Billionen Andere, eine beruhigende Idee, die die Frage nach der Eigentlichkeit des Ichs in Trümmer legt.

Dass George Lucas bei der Erschaffung des Star Wars-Universums eigentlich nichts Anderes getan hat, als sich bei den Anderen zu bedienen und zu collagieren, hat diese Woche der Produzent und Regisseur Oscar Boyson in einer Video-Auftragsarbeit für das Time Magazine versucht zu argumentieren.


Stilistisch erinnert mich "What Makes Star Wars Star Wars", ein Filmchen, welches eigentlich nichts zu sagen hat, außer das Ganze ist möglicherweise doch mehr als die Summe der einzelen Teile, also die Kombination von Fremdem und Eigenem im Verhältnis 10:1, sehr an meinen Lieblingskurzfilm "Ilha das Flores" aus dem Jahr 1983.


1983 ist auch Die Rückkehr der Jedi Ritter erschienen


Aus dem gleichen Jahrzehnt stammt auch die fantastisch trashige, aus 93 Folgen bestehende Horrorserie "Tales from the Crypt", bei der neben anderen Robert Zemeckis, John Frankenheimer und William Friedkin Regie führten. Auch Schauspieler wie Michael J. Fox, Arnold Schwarzenegger und Kyle MacLachlan durften sich als Regieseur versuchen.


Weder David Lynch, der dieser Tage 70 wird, noch George Lucas waren leider nie bei "Tales from the Crypt" tätig, aber was nicht ist, kann ja noch werden. M. Night Shyamalan holt als ausführender Produzent "Tales from the Crypt", die "Geschichten aus der Gruft" zurück. Das Konzept der halbstündigen Geschichten, angekündigt von dem Crypt Keeper, der mich frappant an Donald Trump erinnert, gespickt mit Gastschauspielern wie einst Adam Ant, Dan Aykroyd, Steve Buscemi, Meat Loaf, Iggy Pop und wechselnden Regisseuren soll beibehalten werden und das könnte lustig werden - eine Art Muppet Show des Grauens.

Und apropos Schmierenkomödie des Schreckens: Seit 2002 berechnet in den USA ein Computerprogramm die Anrechnung von "Guter Führung" auf Haftstrafen. Dieses Programm hat - wie sich nun herausgestellt hat - einen Bug, der zu Folge hat, dass 3.200 Gefängnisinsassen zu früh entlassen worden sind. Das Departement of Corrections ist auf diesen Fehler von einer Familie aufmerksam gemacht worden, die keine Lust darauf hatte, ihr inhaftiertes Mitglied zu früh zu Hause zu begrüßen.