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Katharina Seidler

Raschelnde Buchseiten und ratternde Beats, von Glitzerkugeln und Laserlichtern: Geschichten aus der Discommunity.

15. 1. 2016 - 16:31

Jamie Woons zweites Album "Making Time"

Leute, die Jamie Woon mögen, kauften auch: Norah Jones, Jamie Cullum.

In der Welt nach James Blake, also in einer duftigen Wolke aus souligen Männerstimmen, atmosphärischen Beats, professionellen Live-Begleitbands, ernsten Blicken in nebelverhangenen Videoclips von Chet Faker, Sampha oder SOHN, war Jamie Woon ein Einser-Schüler. Seine erste Platte "Mirrorwriting" aus dem Jahr 2011, inklusive der Singles "Night Air" oder "Lady Luck", spannte den Bogen von eleganter Abendunterhaltung zu kredibler Club-Affinität. "Night Air" wurde damals immerhin vom Elektronik-Gott Burial mitproduziert. You know: Burial!

Jamie Woon

Dan Wilton

Die elektronischen Beat-Erzeuger hat Jamie Woon auf seinem aktuellen Album "Making Time", das im November bei Polydor erschienen ist, endgültig gegen Schlagzeugbeserl eingetauscht. R’n’B und Soul, die immer schon die Grundpfeiler seiner Musik gebildet haben, verwandeln die Aufführungsstätte seiner Musik auf "Making Time" nun von der Disco und dem Sommerfestival in eine stoffbezogene Jazz-Lounge, wo sich Woon laut Eigenaussage auch mehr zuhause fühlt.

Leute, die Jamie Woon mögen, kauften auch: Norah Jones und Jamie Cullum. Ihr bevorzugtes Getränk ist Rotwein. Beides soll aber keineswegs abwertend klingen: In seiner "adult contemporary"-Haftigkeit ist "Making Time" sehr, vielleicht sogar: überdurchschnittlich gut. In guten Momenten atmet die Platte den entspannten Groove von etwa D‘ Angelo, den Jamie Woon auch als Einfluss nennt.

"Making Time" Cover von Jamie Woon

Polydor / PMR

"Making Time" von Jamie Woon ist im November 2015 erschienen.

Mit seinem aktuellen Album ist Woon auch wieder zu Gast bei medialen MeinungsmacherInnen von Mary Anne Hobbs bis Jools Holland, spielt Shows mit Clubmusik-Riesen wie Wolf + Lamb und geht bei Gilles Petersons Worldwide Awards ins Rennen um den record of the year. Als Mittler zwischen den Welten gilt er also offenbar nach wie vor, auch wenn er mit seinem cleanen, minimalistischen Schlafzimmer-Soul eigentlich komplett aus der Zeit fällt.

Man soll Jamie Woon nicht dafür tadeln, dass er in seinen neuen Songs sorgfältig alle Falten und Knicke ausgebügelt hat; im Feld des anschmiegsamen Wohlfühl-Soul kann er mit "Making Time" Punkte machen. Auch wenn die gefühlte Nachhall-Zeit der Songs fünf Minuten kaum je überschreitet.