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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

11. 1. 2016 - 17:57

The daily Blumenau. Monday Edition, 11-01-16.

Five quintessential songs. Heute: David Bowie.

#musicalnostalgia

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
2016 wieder regelmäßig.
Heute mit der ersten Folge der "quintessential songs"

Heute früh ist David Bowie gestorben. Im Gegensatz zu den Auskennern war ich völlig überrascht, war wohl deutlich zu wenig an seiner Gegenwart interessiert - dass gerade ein Mojo mit ihm am Cover meine Klolektüre ist, sagt schon alles. Nostalgia is Kryptonite to Rock.

Bowie hat mich Anfang der 70er erwischt, in der Prä-Pubertät so mit 12, 13, wenn man die Irrungen und Wirrungen, die einen die nächsten Jahre so derkleschen werden, schon vorherahnt. Wir Unterstufen-Gymnasiasten (und wenn ich wir sage, dann denke ich an meinen Schulfreund Milan, den Wolf und mich; die anderen waren nur am Rande empfänglich, mehr drin iin Pink Floyd und Led Zeppelin, einer anderen Spielart desselben Grundthemas) begriffen Themen wie Bisexualität oder Androgynität und den damit spielenden Glamrock nicht in ihrer damals schon popkulturell relevanten Umfänglichkeit, sondern un/ter/bewusst als Signal mit Rebellions-Potential, als Zeichen einer konterkulturellen Haltung.

Und Bowie, das war uns schnell klar, war die seriöse Speerspitze einer lustigen Teenie-Horde, ein Gatekeeper hin in Richtung Erwachsen-Werden. Trotzdem war 72/73 nicht Ziggy Stardust der Soundtrack unserer nachmittäglichen listening sessions, sondern die - eh nur scheinbar eskapistische - Space Oddity. die auch bei den Post-Hippie-Freunden andocken konnte.

Space Oddity, 1969, vielgecovert und zitiert, aber wohl nur im Original ein Seelenwärmer. Es gibt ein Bild dazu, Zeichenunterricht etwa 2. Klasse:

Bowie Raumschiff Zeichnung

Martin Blumenau

Der laute, rauhe, wilde sehnsuchtssexuelle Fantasien assoziierende Bowie kam erst etwa ein Jahr danach, mit dem damals in Österreich (zumindest bei den unter14jährigen) üblichen Pop-Delay. Dann aber umso stärker. The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from Mars ist eines der wenigen Alben, bei dem ich nicht nur jede Zeile und jedes Vibrato, sondern selbst die Längen der Pausen zwischen den Songs mittakten kann.

Mit Five Years (1972) beginnt dieses Album, immer wieder, weil man sich wünscht, dass es nie aufhört und deswegen immer wieder von vorne beginnt

Dass David Bowie nach seinem Ziggy Stardust-Highlight nicht an sich halten mochte und im Höllentempo Jahr für Jahr immer neue Horizonte erreichenwollende und riskierende Veröffentlichen nachschoss, gereicht ihm zu einer Ehre, die seinen Ruhm als Erneuerer begründet.

Rebel Rebel, 1974, mit einem Riff, auf das Keith Richard bis heute neidig ist. Bowie ist da bei seiner popmusikalisch größten Errungenschaft zu beobachten, bei der Überführung von erdigem, aus dem Blues geborenen Rock'n'Roll amerikanischer Spielart in eine europäische, von Kunstschuleinflüssen geprägten Pop-Musik; die die Beatles bereits erahnen ließen, die aber erst von Bowie für alle nachkommenden Generationen ausgebreitet wurde. In alle Ecken, auch bis nach Österreich, und über Falco heute in Bilderbuch/Wanda nachwirkend wie wenige andere.

Helden, 1977, der Hit aus der Berlin-Phase, der vielleicht letzten Pop-Ära, die heute noch ein sehnsüchtiges "damals war alles interessanter; ich wünschte ich wäre da dabei gewesen" evoziert. Gekrönt durch den sicheren Instinkt Bowies, der sich mit voller Absicht an die in jeder Hinsicht riskante Zonengrenze begab. Hier in einer Version mit "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"-Filmbildern, der Geschichte dessen (un)erreichbarer Held er selber ist.

Fantastic Voyage, 1979, sums it all up. In diesem gemeinsam mit Brian Eno geschriebenen Stück ist ein Gutteil der 12 Jahre bis dorthin zusammengefasst und der ganze späte Bowie bereits vorweggenommen.