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Burstup

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8. 1. 2016 - 13:18

10.000 Zeichen lange Tweets?

Keine Angst: Tweets bleiben maximal 140 Zeichen lang. Was wirklich hinter den "10.000 Zeichen langen Nachrichten" steckt, ist eine Strategie zur Monetarisierung redaktioneller Inhalte.

Große Aufregung herrscht derzeit auf Twitter: Angeblich will der Kurznachrichtendienst die Beschränkung von 140 Zeichen pro Tweet erweitern – auf 10.000 Zeichen. Das gefällt vielen Usern gar nicht. Sie befürchten ein unlesbares Chaos und kritisieren das – angebliche – Vorhaben Twitters unter dem Hashtag #twitter10k. Ganz so wie viele User das Vorhaben Twitters vestehen, ist es aber doch nicht.

Was Twitter plant, ist eine Art "more"-Button, also "klicken Sie hier, um mehr zu erfahren". Erst wenn man darauf klickt, wird man vom Tweet weitergeleitet zu einem Artikel, der bis zu 10.000 Zeichen lang sein darf. Freilich ist es auch bisher schon möglich, Links zu tweeten. Warum will Twitter also diesen "more"-Button einführen?

Walled Garden

Es handelt sich um eine ähnliche Geschäftsstrategie, der auch schon Facebook folgt: Vor einigen Jahren war es üblich, auf Facebook einfach Youtube- oder Vimeo-Videos zu posten. Irgendwann führte der Konzern aber das Facebook-Video ein: Direkt auf der Plattform hochgeladene Videos werden aufgrund diverser Sichtbarkeits- und Freundeslisten-Algorithmen von mehr Usern gesehen. Das Video aber steht dann hinter der Mauer von Facebook, man kann als User nicht so viel damit anfangen wie bei anderen Plattformen - und Facebook versucht auch noch, sich die Rechte daran einzuheimsen. Auch Twitter will nun, dass man seine Artikel nicht mehr auf Blogger, Wordpress oder auf der FM4-Website schreibt, sondern direkt auf Twitter – wo sie dann in einem Walled Garden liegen, der sich durch Werbung monetarisieren lässt.

Griff nach dem Content

Die Aufregung über die "10.000 Zeichen langen Tweets" ist also nicht gerechtfertigt, denn die 140 Zeichen langen Tweets bleiben bestehen – nur eben mit Erweiterungsbutton. Gut ist aber, dass jetzt diskutiert wird. Es geht um den Griff martktbeherrschender Social-Networking-Plattformen nach dem Content der User. Auch Facebook arbeitet bereits an der Einbindung geschriebener redaktioneller Inhalte, die dann natürlich bevorzugt behandelt werden: Dort heißt das "Instant Articles". Die wichtigste Botschaft in der aktuellen Twitter10k-Debatte, die zum Glück auch schon ein wenig durchdringt: Wir brauchen weniger Mauern im Internet, sondern mehr Offenheit, weniger Komerz, und mehr Vernetzung.