Erstellt am: 7. 1. 2016 - 14:56 Uhr
The daily Blumenau. Thursday Edition, 07-01-16.
#demokratiepolitik #asylpolitik
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
2016 wieder regelmäßig.
In der westlichen Demokratien, den lupenreinen, geht das an sich so: die Regierungen in Bund und Ländern erkennen Probleme und lösen sie, die Opposition weiß es besser und mäkelt in der Hoffnung, das nächste mal selber an die Macht zu kommen, dran herum. In Österreich verwischen Landespolitiker gerade diese Grenzen; bis zur Unkenntlichkeit.
Was ist Oppositionspolitik?
Es war das seit Langem erste mal, dass eine Aussendung des Teams Kanzler ein anerkennendes Nicken erhielt: man hatte VP-Klubchef Lopatka als Oppositions-Politiker des Jahres ausgezeichnet, also Sinn für Ironie gezeigt. Natürlich greift dieser Anwurf in Wahrheit nicht sehr fest: Lopatkas Rolle als Über-Generalsekretär seiner Partei determiniert seine koalitionspartnerkritische Vorgangsweise; und da ist Wehleidigkeit eigentlich keine Reaktions-Kategorie.
Auffälliger wäre die Schere zwischen Verantwortlichmachung anderer und Lösungs-Beauftragung via Amt eh anderswo: bei den Landeshauptleuten etwa; die sich wiederum keine betroffene Parteizentrale anzugreifen trauen würde.
Denn dort, im regionalen Kompetenzzentrum Landesregierung und beim Machtfaktor Landeshauptmann (und da ist es wie in Oberösterreichs Regierung: alles Männer; man ist da auf einem Weg zurück, auf dem einem sogar Saudi-Arabien entgegenkommt), sind diverse Befugnisse gebündelt, die aktuelle Probleme einer Erledigung zuführen können.
Was kann das Kompetenzzentrum Landesregierung?
Auch in diversen Aspekten der Asylfrage (z.B. Aufteilung und Unterbringung) sind es die Landesregierungen, die schwelende Missstände (nicht alle, aber doch einige) durch akutes Handeln beseitigen könnten. Genaugenommen wäre das sogar der Job dieser demokratisch gewählten Institution: Probleme erkennen, Budgets schichten, Lösungen finden.
Der Job der Opposition ist ein anderer, einfacherer und deshalb auch deutlich schlecht bezahlterer und mit noch deutlich weniger Machtfülle ausgestatteterer: die Schwachpunkte und Fehler herauspuhlen und aufzeigen - was wiederum konstruktiv und konkret, aber auch vage und hetzerisch interpretiert werden kann, aber das ist eine andere Geschichte.
Nun profilieren sich die Landeshauptleute - wie zuletzt angesichts einer routinemäßigen Tagung - in den diversen Asylfragen nicht mit ihrer Lösungskompetenz, sondern betreiben Fundamental-Opposition samt Infragestellung des Menschenrechts auf Asyl, was - weil Teil der Verfassung - letztlich diese angreift.
Was passiert eigentlich wenn Regierung Opposition macht?
Eigentlich ist derlei Wortgeklingel (Stichwort: Obergrenze für Asylwerber - wegen mangelnder Rechtsgrundlage ein reiner Papiertiger) für die Ultranationalisten Europa reserviert, für die LePens, Pegidas und AfDs bzw für ihre österreichische Version, die FPÖ. Und dort auch gut aufgehoben: weil Opposition ja eben nicht verantwortlich, lösungsorientiert oder gar konstruktiv agieren muss, sondern alles dürfen darf, auch den größten Humbug - weil sie ja keine Macht hat.
Die Machtträger allerdings sind mit einer solchen Vorgangsweise schlecht beraten. Weil sie sich damit implizit ja selber abschaffen. Sich aus der Maschinerie der politischen Lösungskompetenz herauszunehmen und als Schuldzuweiser (egal ob gen Wien oder Brüssel) zu genügen, ist politisch nicht abendfüllend.
Wo dieser destruktive Ansatz hinführt, zeigt sich dort, wo die Ultranationalisten, die Orbans oder die PiS's, selber die Regierungen stellen: mangels eines konstruktiven, global gedachten Ansatzes, mangels Interesse an Lösungen, gelangt man automatisch in eine Isolation, die nur mit dem Aufbau von inneren und äußeren Feindbildern überleben kann. Ein Modell das im Deutschland/Österreich von vor 80 Jahren mit dem allseits bekannten Weltenbrand endete.
Ein nur mit inneren und äußeren Feindbildern mögliches Modell
Nun ist das wahrscheinlich das letzte, was die womöglich schlecht beratenen Landespolitiker anstreben. Es ist wohl auch nicht so, dass der Oppositions-Gestus dem tatsächlichen Willen der machtgewohnten Regionalfürsten entspricht. Es hat wohl eher damit zu tun, dass die Darstellung eines Oppositionspolitikers den sonst nur wegen ihrer Management-Qualitäten Gescholtenen in den vielen (auch scheinbar qualitativen) Boulevard-Medien des Landes Bonuspunkte bringt. Zumindest erzählen das die Medien; und die Kurzfrist-Umfragen; und der Stammtisch; und die Echokammer im sozialen Medium, also der digitale Stammtisch, der dann wiederum von Boulevard als Beleg für eine Stimmung zitiert wird (früher ist das weggefallen; den echten Stammtisch zu zitieren, hätte sich nicht einmal der Ötztaler Bote getraut, aber das ist eine andere Geschichte...).
Es mag sein, dass in dieser solcherart durcherhitzten Stimmung Wahlentscheidungen auf ultrairrationaler Flamme hochkochen können; nur stehen weder im Burgenland noch in Salzburg solche an. Die Oppositionshaltung hat also auch etwas von Profilierung und Selbstzweck. Also eigentlich dem genauen Gegenteil dessen, was eine Regierung auszeichnen sollte.