Erstellt am: 31. 12. 2015 - 12:40 Uhr
#rewind2015: Ins Netz einischaun
Rewind 2015
Der FM4 Jahresrückblick
Das Meme ist tot. Alles, was länger als zehn Tage hält, gilt schon als Phänomen. Nicht der Inhalt generiert die Klickzahl, sondern die Klickzahl bestimmt den Inhalt. Sowohl die best practice (buzzfeed) als auch die worst practice Beispiele (heftig.co) finden immer mehr Nachahmer, auch in Österreich. Große Medienkonzerne machen die wenigen erfolgreichen Online-Projekte nach und scheitern damit genauso wie die, die glauben, dass Dinge automatisch gut sind, wenn dafür bezahlt werden muss. Aber ehrlich gesagt: es ist ja auch wurscht.
http://memebase.cheezburger.com/pictureisunrelated
Menschen informieren sich ernsthaft auf "Informationen, die uns die Massenmedien vorenthalten" und wir alle sind schon mal auf den Artikel einer Satireseite reingefallen (bei mir war es zum Beispiel Big Lebowski 2). Gleichzeitig organisieren sich dezentrale Hilfsorganisationen über die Websites amerikanischer Großkonzerne. Internetversteher sind genau so anstrengend wie Internet-Ausdrucker, jedes dazu erscheinende Buch ist zum Zeitpunkt des Druckes schon veraltet. Aber da uns gerade "Star Wars" gezeigt hat, dass Nostalgie alleine schon genügt, hier nun der klassische Jahres-Rückblick mit willkürlich erfundenen Rubriken. Bilder wie gewohnt irgendwo in der Mitte, Videos ganz unten.
Tumblr des Jahres: Gluten free Art
Das Schöne an Tumblr ist die vielseitige Monothematik. Nur dort finden Schatteninteressen ein dankbares Umfeld. Der beste Microblog des Jahres ist das Gluten Free Museum. Eh selbsterklärend.
http://glutenimage.tumblr.com/?og=1
Für ewige Zeit ungeschlagen an der Spitze ist allerdings dieses verwirrende Meisterwerk aus dem Jahr 2007:
OTS des Jahres: Kreisverkehr vs. Butterbrot
Unter OTS versteht man eine Presseaussendung, für deren Verbreitung bezahlt wird. Meistens pauschal, was zu wunderschönen Blüten der politischen Kommunikation führt. Heuer gibt es zwei Sieger:
- BZÖ-Wien für Benennung eines Kreisverkehrs nach Dr. Jörg Haider
- Welttag des Butterbrots – Stronach/Steinbichler: Moderne Agrarpolitik hat Ruf des Butterbrots ruiniert
9gag
Comeback des Jahres: Pluto
Auch, wenn die Frage, warum Mickey Maus den einen Hund als Menschen (Goofy) und den anderen als Hund (Pluto) behandelt, noch immer nicht gelöst ist: Der ehemalige Planet und Außenseiter des Universums war Mitte des Jahres plötzlich wieder ein internationaler Liebling. Die Sonde "New Horizons" hat so schöne Bilder geschickt, dass der Todesstern mit Herz-Bleichung überall war.
http://kimatthemuseum.tumblr.com/
Irgendwie gab es heuer sehr viele gute Tumblr, die irgendwas mit bildender Kunst zu tun haben. Auch super: Jemand, der Fotos von Kim Kardashian über Gemälde in Museen hält:
9gag
Noch mehr Pluto-Memes gibt es hier.
https://twitter.com/peterlbedgood
Österreich-Werbung des Jahres: A Taste of Austria
Österreichische Tourismus-Werbung ist seltsam. Es gab sogar mal Pinguine als Testimonials. Die Inszenierung zwischen Kulturland, a Sound of Music und Zeltfest ist immer nur halb gut. Der Produktionsfirma Filmspektakel ist heuer aber ein fesches Video gelungen, das plötzlich überall war. Es geht auch ohne Pinguine.
Totenehrung des Jahres: Toronto Racoon
Nach dem Tod eines Prominenten geht das Internet sowieso immer über. Von Leonard Nimoy bis Lemmy, die Reaktionen und Heiligsprechungen sind ein paar Tage lang sehr präsent. Die schönste Ehrung eines toten Lebewesens gab es heuer aber in Toronto. Einem toten Waschbären am Gehsteig wurde in kürzester Zeit eine große Ehre zuteil:
Die zweitschönste Totenehrung des Jahres kam von Ryan Gosling.
https://twitter.com/ladydi1116
Interview des Jahres: John Oliver vs. Edward Snowden
Datenschutz ist den meisten Menschen wurscht. Edward Snowden letztlich auch. John Oliver, der führende Kommentator im Internet hat Snowden in Moskau getroffen und mit ihm über Geschlechtsteile gesprochen. Das ist informativ, unterhaltsam, informativ und unterhaltsam. Geht doch.
Kunstaktion des Jahres: The Wall
Im April hat jemand in Hamburg die Tür einer S-Bahn zugemauert. Purer Konzept-Vandalismus, hier das Making of:
Auch neu: Drohnen-Vandalismus
TriStar Pictures
Film des Jahres: Kung Fury
Ein 30-minütiger Film aus Schweden, dessen Regisseur auf Kickstarter 200.000 Dollar wollte und das dreifache davon bekam. Rausgekommen ist das da. Viel Spaß.
Und wer hat den Titelsong zum Film gemacht? Natürlich der König des Internet-Trash, David Hasselhoff. Bitte sehr.
Virales Marketing des Jahres: #CharlieCharlieChallenge
Natürlich hat "Star Wars" auch im Internet alles überschattet. Die von Beginn an ikonenhafte Social-Media-Präsenz von Episode V(II) überdeckte alles. Und natürlich wäre #jesuischarlie auch der Hashtag des Jahres. Aber diese Kategorie gibt es eh sonst überall. Deshalb kurz zu #CharlieCharlieChallenge:
Wie gut "Star Wars" die Social-Media-Orgel gespielt hat, beweist dieser Artikel. Nicht einmal das Veröffentlichungsdatum ist ein Zufall.
http://socialcontrol.com/
Dieses Stiftding rettet dich nicht nur in jedem Multiple-Choice-Test (Zufall schlägt Unwissenheit), sondern war kurze Zeit der heiße Scheiß an US-Highschools. Damit wird nämlich ein mexikanisches Geisterwesen namens Charlie gerufen. (Was wurde nur aus El Chupacabre?) Wem der Name Charlie für einen mexikanischen Geist etwas seltsam erscheint, hat Recht. Der Hashtag und dieses Drehkreuz da war nämlich eine Marketingkampagne für einen Film namens "The Gallows", den wohl kein Mensch gesehen hat. Warum das Ding trotzdem in dieser Kategorie gewonnen hat? Nur so als Mahnung.
Fotoshooting des Jahres
Was tun, wenn der zukünftige Bräutigam fünf Tage vor der Hochzeit den Schwanz einzieht? Richtig: Ein "Trash the Dress"-Fotoshooting machen. Wär' ja schad drum.
Elizabeth Hoard Photography
Leibwache des Jahres: Die Mittelerde-Crew von Erdogan
Politiker mit dezenten Schwierigkeiten bezüglich demokratischer Grundwerte neigen oft zur Fantasie. Seit Gaddafi tot ist, hat es lange keine seltsame Leibgarde mehr gegeben. Der türkische Präsident hat heuer diesbezüglich wieder die Themenschaft übernommen:
APA/EPA/ADEM ALTAN / AFP / POOL
Studie des Jahres: Schokolade macht schlank!!!!!!!!!!
Journalismus besteht zu einem großen Teil aus der Widerspiegelung seltsamer Studien, meistens aus England. Die beste des Jahres kommt allerdings vom "Institute for Diet and Health" aus Deutschland.
bild.de
Es folgte internationale Berichterstattung auf eigentlich allen Kanälen. Die Sache ist nur, die Studie war ein geplanter Fake. Zum Nachlesen
Tweet des Jahres international
Wenn du Sarah O'Connor heißt und über so eine Geschichte twitterst, dann hast du wohl "Terminator" nicht wirklich gesehen.
https://twitter.com/sarahoconnor_/status/616282747200479232?ref_src=twsrc^tfw
Tweet des Jahres national:
https://mobile.twitter.com/JChristandl
Facebook-Posting des Jahres: Stefanie Sargnagel über KünstlerInnen in Wien
https://www.facebook.com/stefanie.sargnagel
https://www.facebook.com/NCOTB/
Kleidungsstück des Jahres:
https://www.facebook.com/DangerousMinds
Mehr sage ich zu dieser Verschwörung nicht.
Foto des Jahres: FF Feldkirchen an der Donau
Wenn eine österreichische Feuerwehr aufgrund der hohen Hitze ihre Schläuche ansteckt und ein paar Flüchtlingen damit einen wunderbaren Nachmittag beschert, davon dann ein Foto auf Facebook postet, das es dann auf das Cover der Zeit schafft, dann haben sie das Internet einfach verstanden.
FF Feldkirchen an der Donau
Selfie des Jahres:
Wenn eine US-Drohne über dem Irak abstürzt, dann ist dieses Selfie irgendwie eine kulturtechnische Rückeroberung:
https://twitter.com/stevoiraq
"Interaktionsaufruf, den man besser lassen sollte" des Jahres
https://twitter.com/hillaryclinton
Hashtag des Jahres: #helfie
Helfen ist immer super, aber es gibt zwei Probleme: Akute Nothilfe sollte nicht ausschließlich der Zivilgesellschaft überlassen werden und Distinktionsgewinn ist irgendwie auch fehl am Platz.
Meme-Wettbewerb des Jahres: #taferlgate
Kurz zusammengefasst: Die ÖVP präsentiert ihren Asylplan auf einem Taferl.
ÖVP
Ich mein, wer denkt sich sowas aus? Kein Wunder, dass dann ein kurzzeitiger Wettkampf um die beste Bearbeitung ausbrach:
https://twitter.com/mbairhub123
https://twitter.com/NikiRiss
Zwei Tage lang, ging das so dahin. Am dritten Tage hätte die ÖVP einfach ruhen sollen. Tat sie aber nicht:
Apropos Mikl-Leitner: Youporn!
https://twitter.com/a_steinhauser
Manche lernen's einfach nie.
https://twitter.com/Tatjana_Katze
Herpes des Jahres: Profilbild-Kampagnen
Die Anschläge von Paris im Jänner, die Anschläge von Paris im November, LGBT-Rechte und "Star Wars": Was haben diese Dinge gemeinsam? Eigentlich wenig. Trotzdem führten sie bei vielen Facebook-Usern dazu, ihre Profilbilder einzufärben, bei manchen gleich mit nahtlosem Übergang. Solidarität ist eh super, aber in dieser Inflation lächerlich und letztlich eine faule Ausrede. Worst Practice: Arnold Schwarzenegger, der mit seinem Paris-Profilbild dieses Spiel da bewirbt:
https://www.facebook.com/arnold
Es sind die kleinen Dinge des Lebens des Jahres:
9gag
Facebook-Seite des Jahres (national)
https://www.facebook.com/pages/Hunde-raus-aus-Österreich/344105355770368
Hunde raus aus Österreich postet nicht nur über Rüdenpresse und ihren Hoffnungsträger KC Streichel, sie provozieren auch wunderbare Hasspostings. Die beste Unterhaltung des Jahres.
Facebook-Seite des Jahres (international)
Nachdenkliche Sprüche mit Bilder ist das, womit euch eure älteren Verwandten und nicht gern gesehene Schulkollegen auf Facebook ständig nerven. Aber halt anders. Tiefgreifend. Verwirrend. Erschütternd. Wahr.
https://www.facebook.com/WillyNachdenklich/?fref=ts
Mysterium des Jahres: Snapchat
Ich bin zu alt dafür, wir alle sind zu alt dafür. Kurz erklärt: Bei Snapchat kannst du Bilder verschicken und was dazuschreiben. Das Bild verschwindet dann schnell, außer du machst einen Screenshot. Es ist ein simples Medium, das (wie so vieles heuer) wunderbar mit bildender Kunst funktioniert.
http://daylol.com/nw/2014/02/23/collection/pic/9-quality-snapchats-from-the-metropolitan-museum-of-art/
Verschwörungstheorie des Jahres
ARD
Schwierige Kategorie. Bitte hier eine aussuchen.
Reisejournalismus des Jahres: Dad in Las Vegas
Roland Barthes hatte zwar meistens recht, der Autor an sich ist aber alles andere als tot. Leider stirbt immer öfter das drumherum. Wann schreiben endlich 10-Jährige Artikel auf Vice, die dann "Ich bin selber aus Wien und war trotzdem auf Wienwoche" heißen? Lang kann es nimmer dauern. Das folgende Video ist eine geschickte Marketing-Kampagne von Gopro. Macht aber nix. Der Dad, der angeblich unabsichtlich seinen ganzen Las Vegas Urlaub falsch herum gefilmt hat, ist der beste Erlebnisaufsatz des Jahres.
Video des Jahres
Immer schwierig. Eigentlich hat heuer ja das GIF alles andere überragt. Es kann allerdings kein GIF des Jahres geben. Einerseits, weil so eine Auszeichnung dem kurzlebigen Lebensgrundsatzes des GIFs widersprechen würde, und andererseits, weil das mit dem Einbinden hier etwas kompliziert ist.
Vorschlag: Für die GIFs, die ich mag, gehen Sie doch einfach auf meine Facebook-Seite. Okay, das riecht jetzt nach schamloser Eigenpromo, und das ist es auch. Aber falls Sie enttäuscht sind, können Sie auch gerne wieder weggehen. Okay, hier ist mal eines.
Aber jetzt zu den Videos. Hier mal ein paar lässige:
Brendan Jordan, der beste Tänzer der Welt
Just another Cola-Mentos-Badewannen-Video
Besoffenes Austria-Maskottchen
Nick Offerman trinkt Whisky. 45 Minuten lang.
Super Mario Game of Thrones Intro
Das passiert, wenn du 24 Stunden lang "Charity Golf" gespielt hast
Platz 6: Real Life Egoshooter Chatroulette
Unglaublicher Aufwand, unglaubliches Video.
Platz 5: Dreckiger Baby Lacher
Baby-Lach-Videos sind total 2007, aber das da macht ordentlich Angst.
Platz 4: Ali schneidet eine Wassermelone
Irgendwie eh erwartbar, was dann passiert.
Platz 3: "Star Wars" Reaction Cuteness
Okay, schon wieder junges Kind. Aber bitte ansehen und dann urteilen.
Platz 2: Regenbogen Wal
Platz 1: Orchester des Grauens
Ich könnte jetzt sagen, der Putin hat's eh verdient. Aber dann bringt mich das halbe Internet um. Zumindest das deutschsprachige. Außerdem würde dann meine Geheim-Mitgliedschaft bei "Informationen, die uns die Massenmedien vorenthalten" auffliegen. Und darum wäre es wirklich schade. Naja, viel Spaß:
Wrestling-Move des Jahres:
Wrestling ist die beste Theaterform der Welt, deshalb immer außer Konkurrenz. Sie glauben ja gar nicht, mit welchen Körperteilen da gekämpft wird: