Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Jedes Türchen ein Tierchen #22 - Bonellia Viridis Wurm"

22. 12. 2015 - 06:00

Jedes Türchen ein Tierchen #22 - Bonellia Viridis Wurm

Definitiv keine Beziehung auf Augenhöhe! Das Bonellia-Viridis-Weibchen verschluckt ihre schmarotzenden Männer!

Das mit der Fortpflanzung ist ja so eine Sache!

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Prominente Beispiele: die heilige Maria, Boris Becker oder der Bonellia-Viridis-Wurm. Letzteres ist eine lichtscheue Meerquappe, die den Meeresboden bewohnt. Sie gehört zur Familie der Igelwürmer, hat einen sackartigen Rumpf und weidet mit einem ein Meter langen Rüssel die Umgebung ihrer Wohnhöhle ab. Doch dabei verschluckt sie nicht nur die Algenflora – sondern auch ihre Männchen. In Scharen! Schwupps - und sie ist befruchtet!

francomassari

Wie geht das?

Das 1,5 Meter lange, blaugrüne Bonellia-Viridis-Weibchen trägt ihre Liebhaber wie einen Harem mit sich herum. Das geht auch ganz einfach, denn die Männchen sind fast 1000 Mal kleiner als sie, also gerade mal 1-3 mm groß.

Und weil sie so klein sind und auch viel weniger Organe als das Weibchen haben, hat man sie lange Zeit für Parasiten gehalten, die auf dem Rüssel und Rumpf, oder im Inneren des Weibchens leben – und auch im Inneren geht es dann auch zur Sache: Für die Befruchtung wandern die Männchen direkt in die Eileiter, wo sie dann den Samen auf die Eier spuken!
Das funktioniert, weil die Speiseröhre auch als Samenspeicher dient.

Diese Art der Befruchtung ist aber nicht das einzige Besondere am Bonellia-Virdis-Wurm: Die Larven kommen ohne festgelegtes Geschlecht zur Welt!

Aus den Eiern schlüpfen Larven, die, von der Mutter ausgeschieden, sexuell undifferenziert im Meer umher schwimmen. Wenn sie dabei eine Zeit lang auf kein Weibchen treffen, werden sie selbst zu Weibchen. Wenn sie jedoch auf ein Weibchen treffen, werden sie zu Männchen. Ein Teil der Larven wird auch ein so genannter Intersex oder stirbt ab.

Wie genau dieser interessante und komplexe Fortpflanzungs-Mechanismus funktioniert, ist noch nicht geklärt. Vermutlich erfolgt die Geschlechtsdetermination über ein vom Weibchen produziertes Pheromon.

Auch in der Literatur kommt der Bonellia-Viridis-Wurm vor. In Thomas Manns Bildungsroman "Der Zauberberg" geistert der Hauptfigur Hans Castorp der Igelwurm durch den Kopf – ohne dabei namentlich erwähnt zu werden:

"Es gab Tiere, bei denen das Männchen im Darm des Weibchens schmarotzte."

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