Erstellt am: 14. 12. 2015 - 17:38 Uhr
War Heidegger ein Sith Lord?
Star Wars: Ich kann eigentlich nichts mehr dazu sagen. Und pseudoautoritäres Nerd-Gebrabbel soll meinem Anlitz auch keines mehr entweichen. Seit ich sieben Jahre alt bin, ist Star Wars verantwortlich für:
Die Matrix meines Humors und mein Konzept von gutem Design, dafür, dass ich Stromtrooper gerechte Apple Produkte benutze, für die Ahnung davon, dass Sex nicht immer etwas mit Zuneigung zu tun hat, sondern auch mit der dunklen Seite der Macht. Auf ewig eingebrannt in mein Gehirn ist das Bild von Jabba mit Slave Leia - und daran kann auch der Disney Konzern nichts ändern.
Und für den Glauben, dass der Mensch im Hier und Jetzt mit Sicherheit nicht das Maß der Dinge ist.
Lucasfilm Ltd.
Diese doch sehr prägenden Dinge, die manche von der Bibel, manche in der Rudolf Steiner Schule, manche von ihren Eltern und ich von Star Wars gelernt habe.
Meiner Familie hat das Unsummen gekostet, die in Merchandise investiert werden mussten. Mir hat das - behaupte ich mal - Weisheit und Gelassenheit gebracht. Und dass die Beastie Boys mir ihren Respekt ausgesprochen haben, weil ich Master Yoda in einem Interview mit ihnen fehlerfrei zitiert habe und ihn auch mit seinem formalen Titel genannt habe. Im Laufe der Jahre habe ich in Gesprächen mit anderen Star Wars Nerds, in Foren und bei Comic Conventions gelernt, dass Star Wars so voll an kulturellen, psychologischen und ideologischen Basiskonzepten ist, dass Mensch alles hineinlesen kann. Im Umkehrschluss sind die Reminiszenzen an diese grundlegenden Konzepte so oberflächlich und vage, dass in diese Leere alles projiziert werden kann.
Lucasfilm Ltd.
Yoda Yoga: Star Wars als Instant-Konsum-Spiritualität
Bereits 2005 hat mich ein Artikel des slowenischen Psychoanalytikers und Philosophen Slavoj Zizek sehr glücklich gemacht. Kapitalismus, der Schuldkomplex des Christentums, der mondäne Hang zu Pop-Buddhismus - alle diese Punkte werden in dem Text "Revenge of Global Finance" umrissen. Die Wirtschaftskrise hat ihren Schatten vorausgeworfen und vor allem hat Zizek in dem Text gezeigt, wie in Revenge of the Sith die Frage behandelt wird, wie Republiken zu Reichen und wie aus Demokratien technokratische Diktaturen werden. Zizek schlägt vor den Film im Kontext des Buchs "Empire, die Neue Weltordnung" von Antonio Negri und Michael Hardt zu lesen. Die Wikipedia bemerkt zu dem Werk:
"Empire versucht, die aktuelle Weltordnung zu beschreiben. Die Macht habe kein eindeutiges Zentrum mehr, sie ist vielmehr überall, sie durchzieht unser Leben." – quasi ein direktes Jedi-Zitat.
War Heidegger ein Sith Lord?
Das schönste Geschenk des Jahres kam im November. Das Philosophiemagazin hat eine Sonderausgabe zu Star Wars veröffentlicht, in der sich erstzunehmende DenkerInnen der Disziplinen Philosophie, Psychologie, Physik und Astronomie mit Fragen, die für sie das Star Wars-Universum aufwirft, auseinandersetzen. Überschriften wie "War Heidegger ein Sith Lord?", lassen mich jauchzen und jubeln. Ich wundere mich, warum ich mir in drei Jahrzehnten Star Wars noch nie Fragen zum Wesen der Macht im Kontext der Filmreihe gestellt habe? Wie sie sich philosophisch verstehen lässt und wie physikalisch, wird in Texten behandelt. Sehr glücklich bin ich über die Frage, warum ausgerechnet Roboter die größten menschlichen Schwächen und Qualitäten zeigen.
Philosophie Magazin
Ein persönliches Denkmal wird auch angekratzt, als die Frage aufgeworfen wird, ob es in anderen Galaxien wirklich nur so wenige Frauen gibt. Prinzessin Leia war mein erstes Role Model: Diktatoren in heißen Outfits erwürgen, mit Outlaw Aliens befreundet sein und eine Rebellion anführen fand ich immer schon sehr toll. Aber warum Prinzessin Leia nichts mit Feminismus zu tun hat - die notorische Ausnahme ist, die die Ungleichheit zementiert, ist in der Sonderausgabe des Philosophiemagazins nachzulesen und -vollziehen.