Erstellt am: 11. 12. 2015 - 18:13 Uhr
Elf Freunde und ein Schicksal
Der eigentliche Protagonist im Roman "Ruhm und Ruin" kommt gar nicht zu Wort. Stattdessen reden, erfreuen und beklagen sich alle anderen über ihn. Wer er ist? Ein kleiner türkischer Kiezklub, der unerwartet hoch steigt, um am Ende noch tiefer zu fallen.
Die Wahrheit liegt nicht auf dem Platz
Arda Toprak, das Nachwuchstalent, der seine Nachmittage mit seinem Freund Giusuppe im Käfig verbringt, wird von einem Scout aus der Bundesliga entdeckt. Seine Freunde nennen Arda "Maradonna". Er ist kein Fußballgott, aber er kann sich bei einer Jugendmannschaft der Bundesliga bewähren und bald stellt sich heraus, dass der Junge eine echte Chance auf eine Profikarriere hat. Das bringt seine Familie und vor allem seinen Vater Fikret auf den Plan. Sie träumen schon von dem Geld und dem Aufstieg.
Fikret macht groß auf Manager und ruiniert mit seiner Kontrollsucht und seinem Ehrgeiz die Karriere des Hoffnungsträgers. So erzählt es zumindest Arda. Denn gerade wenn sich der Leser mit dem Fußballer identifiziert, geht sein Kapitel zu Ende.
Verbrecher Verlag
Nun beginnt die Geschichte wieder von vorn. Diesmal aus der Sicht von Ardas Vater, der nach den gescheiterten Hoffnungen auf Ruhm und Reichtum in einer psychiatrischen Klinik behandelt wird und plötzlich zu Allah gefunden hat. Aus seiner Perspektive hört sich die Geschichte wieder ein Stück anders an.
Nach ihm kommen Trainer, Vereinspräsident, Schiedsrichter und andere Figuren rund um den Klub an die Reihe. Mit jeder Erzählung kommen neue Details ans Tageslicht und die Geschichte des Vereins wird greifbarer. Die Wahrheit hingegen wird immer ungenauer und komplizierter.
Lockere Geschichten
Die Kurzgeschichten erzählen locker vom Fußball, vom Vereinsalltag, von ewigen Integrationsdebatten und Themen aus der türkischen Politik. Die Gezi-Proteste und die Besetzung von Kobane polarisieren auch die Mitglieder des deutsch-türkischen Vereins. In den Monologen der türkischen Charaktere fallen auch schon mal Begriffe wie deli und ibne, die nicht sofort verständlich sind, wenn man nicht immer genau mitliest.
Manchmal braucht man auch ein paar Seiten bis man versteht, welcher Charakter überhaupt erzählt. Fast immer verraten sie sich jedoch durch ihre eigenen Gedankengänge und Interessen. So erfahren die LeserInnen das Schicksal des Fußballklubs.
Besonders ereignisreich sind die Geschichten nicht, wer sich aber für den deutsch-türkischen Alltag und natürlich auch für Fußball begeistern kann, findet in „Ruhm und Ruin“ ein paar Stunden nette Unterhaltung.