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Petra Erdmann

Im Kino und auf Filmfestivals

12. 12. 2015 - 04:00

Der Film und das Licht

Der Tiroler Kameramann Christian Berger hat nicht nur jahrelang mit Michael Haneke zusammengearbeitet, er stand auch bei Angelina Jolies neuester Regiearbeit "By The Sea" hinter der Kamera.

Nach ihren beiden Regiearbeiten "In the Land of blood and honey" und "Unbroken" ist jetzt Angelina Jolies dritte Spielfilmregie in unseren Kinos zu sehen. Jolie hat auch das Drehbuch dazu geschrieben, in Erinnerung an ihre Mutter.

"By the Sea" wandelt stilistisch auf den Spuren des europäischen Autorenkinos der 70er Jahre. Ein alkoholkranker Schriftsteller und eine Tänzerin, die ihre glamourösen Bühnentage hinter sich hat, zerfleischen sich in einer Ehe- und Sinnkrise in einem Hotelzimmer an der südfranzösischen Küste. Angelina Jolie und Brad Pitt verstricken sich kunstsinnig langweilig im echten Leben und auf der Leinwand in öden Beziehungsdialogen. Umso eindringlicher und wunderbar sind die Bilder von "By the sea" gelungen.

Hinter der Kamera stand der Tiroler Christian Berger. Mit jetzt 70 Jahren zählt der Österreicher Christian Berger zu den renommiertesten Kameramänner im Arthouse-Kino. Seit 1992 hat er die visuelle Handschrift von Michael Haneke in vier seiner Meisterwerke geprägt. Für seine Arbeit in Hanekes "Das Weiße Band" war Berger auch für den Oscar nominiert.

Für Angelina Jolies Beziehungsdrama "By the sea", das derzeit in unseren Kinos läuft, ist er über den Umweg Hollywood zum Drehort nach Malta geholt worden.

Petra Erdmann: Sind Sie eigentlich erstaunt über das große Interesse an Ihrer Person als Kameramann von "By The Sea"?

Christian Berger: Wenn man mit Leuten zusammenarbeitet, die so einen Star-Status haben wie Angelina Jolie und Brad Pitt, dann ist schon klar dass ein öffentliches Interesse da ist. Das Interesse hat da eine andere Intensität, aber auch Qualität. Oft wollen die dann nämlich auch nur wissen, welche Farbe die Unterwäsche hat, sowas begegne ich dann auch.

Was ist Ihnen denn bei der Anfrage durch den Kopf gegangen?

Zuerst einmal wusste ich lange gar nicht wer da anfragt. Meine Frau, die mich ja ein bisschen managt, war immer wieder mit einem Anrufer aus den USA konfrontiert. Soweit sieht man das ja an der Nummer. Der hat immer nur gefragt: 'Sind sie im Sommer oder Herbst frei?' und wir wollten immer wissen, worum es dabei geht. Also: Wer ist das und was ist das für ein Buch? Das hat relativ lange gedauert, und der hat das nie gesagt. Wir haben schon geglaubt, es erlaubt sich jemand einen Spaß, das gibt es ja auch öfters. Aber irgendwann hat sie mich dann direkt angerufen und gesagt 'Hallo, hier ist Angelina Jolie'. Da hab ich das aber immer noch nicht geglaubt. Aber dann kam das Buch und das hat mich dann doch beeindruckt. Und ich war natürlich auch davon beeindruckt, dass mich die Angelina Jolie anruft, das muss ich schon auch zugeben. Aber es war ja nie ein Traum von mir, einen Hollywood-Film zu machen. Und das ist ja auch keiner.

Es ist ja so, dass Sie große Erfahrung mit Autorenfilmemachern haben. Sie sind seit 1992 immer wieder Kameramann für Michael Haneke. Wie groß sind denn da die Unterschiede zur Zusammenarbeit mit Angelina Jolie?

Meine erste Frage, wie ich dann mit Angelina Jolie persönlichen Kontakt hatte, war: Wie seid ihr auf mich gekommen? Und eigentlich haben die - weil das Drehbuch in Südfrankreich der 70er Jahre geschrieben war - einfach einen europäischen Kameramann gesucht. Und dann haben sie im Internet Statements und Interviews gefunden, die ich über meine Licht-Auffassung und meine Position in der Arbeit mit den Schauspielern und der Regie, gegeben habe. Das war dann sozusagen der Aufhänger. Dann haben sie sich erkundigt, wer das denn ist, dieser Christian Berger, und dann haben sie halt angerufen.

Angelina Jolie ist ja ein glamouröses Gesicht. Es gibt kaum eine Schauspielerin, die durch ihre Psysis so stark wahrgenommen wird. Was hat das denn für Sie als Kameramann bedeutet? Wollten Sie sie anders zeigen? Oder hat sie da bestimmte Vorstellungen, damit ihr Blockbuster-Star-Image anders dargestellt wird?

Ein Teil ihrer Professionalität - und das gilt für beide - ist einfach diese absolute Uneitelkeit. Die wissen ganz genau: Was ist Marke, was müssen sie pflegen. Und da sind natürlich das Make-Up und solche Dinge sehr entscheidend. Aber im nächsten Moment, wenn die Szene das erlaubt oder verlangt, ist das komplett weg. Die Basis für alles weitere war dann ihr klarer Anspruch: Sie will diese 70er Jahre. Nicht nur dass die Autos und die ganze Ausstattung stimmen, sondern auch der Zeitgeist und das Lebensgefühl, auch im künstlerischen Ausdruck. Nouvelle Vague war zum Beispiel sofort so eine gemeinsame Basis. Für mich ja auch, weil sie auch mich so geprägt hat. Ich war ja ein großer Fan, weil die Nouvelle Vague einfach mit allem gebrochen hat. Ich hätte mich gefürchtet, wenn Angelina Jolie diesen anderen Anspruch gehabt hätte, also dieses 'Ich bin der Star und ich muss so und so fotografiert werden',... aber das war absolut nicht. Gar nicht. Im Gegenteil: Mach's! Zeig mir was! Und dann hat sie ihr Ipad dabei. Das ist eher ungewöhnlich: Dass die Regisseurin und Hauptdarstellerin zuerst am Ipad ihr eigenes Bild anschaut und dann die Szene losgeht. Oder auch das Ende von Szenen war oft lustig: Nach heftigen Szenen hat sie manchmal tief ausgeatmet und zur Kamera gesagt 'Und Cut'

Was ist die nächste Herausforderung als Kameramann? In Sachen Technik, oder was auch immer,...

Die technischen Herausforderungen sind ja relativ gering. Das lässt sich alles leicht kontrollieren und herstellen. Das wird überschätzt. Die künstlerische Herausforderung ist auch, diesen kreativen Freiraum zu bieten. Ich bin ja nicht nur verantwortlich für meine Bilder. Es geht ja auch um Arbeitsmethodik am Set, wo man sehr viel atmosphärisch machen kann, was dann auch wieder mit der Bildatmosphäre in Zusammenhang steht. Das wird für mich immer wichtiger, diesen Safe Space herzustellen. Dafür sind mir die dann auch sehr dankbar, die spüren das und das beflügelt deren Arbeit.