Erstellt am: 9. 12. 2015 - 18:03 Uhr
Immer noch besser als Spinat
Seit seinem ersten Album "The Ocelot Show" (2008) und seinem Auftritt beim Protestsongcontest 2009, habe ich Nino Mandl alias Der Nino Aus Wien oft und gerne interviewed. Obwohl "Interview" im Sinne von Frage-Antwort, sicher das falsche Wort ist.
Nino und ich führen eher richtige, ernsthafte und sehr oft sehr lustige Gespräche, die nicht immer dort enden, wo ich mir das als Journalist anfangs erwarte. Das ist einer der Gründe, weshalb ich Nino so gerne ins Radiostudio einlade.
Seltsam ist auf alle Fälle, dass wir so gut miteinander zurechtkommen, wo ich mich doch mit einem von Ninos Lieblingsthemen einfach ganz und gar nicht auskenne: Fußball. Aber das hält uns nicht auf.
Radio FM4 / Christian Pausch
"Neun in der Früh ist nicht meine Zeit"
Christian: Wie geht's dir heute, Nino?
Nino: Ganz gut eigentlich. Ausgeschlafen.
Nach einer langen Tour. Wo warst du jetzt überall?
N: Ich glaub' zwischen Mainz und Mürzzuschlag war ich überall. Ja, es war schön, wir haben Glück gehabt mit dem Wetter und mit dem Verkehr. Da kann ja nichts mehr schief gehen.
Voll, das ist auf der Tour fast das Wichtigste, oder? Du warst aber mit mehreren Projekten auf Tour, also nicht nur mit "Nino Aus Wien"?
Der Nino Aus Wien LIVE
13. bis 15.12:
"Die Nino Festspiele"
im rhiz in Wien.
N: Ja ich war mit dem Raphael Sas im Duo auf Tour in Deutschland, dann war ich mit dem Ernst Molden in Österreich auf Tour, so wie eh das ganze Jahr immer wieder mal. Fräulein Gustl haben wir gelesen, das sind so Schnitzler-Texte, die ich mit der Natalie Ofenböck lese. Haben wir in Villach in einer Schule gelesen. Ich glaub' das war's dann schon. Die drei Sachen in den letzten drei Wochen, jeden Tag.
Ist ja eh mehr als genug. In einer Schule? Habt ihr da vor Schüler_innen oder vor Erwachsenen gelesen?
N: Vor Schüler_innen, vor 15-Jährigen, Realgymnasium. War sehr interessant, um neun in der Früh. Ist normal nicht meine Zeit.
Meine auch nicht. Aber wie war das, wie reagieren die Jugendlichen darauf, taugt denen das?
N: Ja, ich weiß nicht. Sie waren sehr brav, sie waren sehr ruhig. Es hätt' schlimmer sein können. Ich mein' wir haben dann nicht so viel mit ihnen darüber geredet, sie mussten dann in den Werkunterricht oder so. Aber ein paar wird's schon gefallen haben, glaub' ich. Vielleicht geben sie's nicht zu, aber sie behalten's im Hinterkopf und dann fallt's ihnen wieder ein.
Aber das ist doch das was man immer hofft, auch bei Konzerten und bei Liedern, oder?
N: Eh.
"Dann ist die Magie verloren"
Apropos Lieder, es gibt jetzt eine große, große Liedersammlung von dir.
N: Ja: "Immer Noch Besser als Spinat", das ist ein Doppelvinyl mit zwanzig ausgewählten Liedern und gibt's auch als CD. War eigentlich nicht meine Idee. (lacht) Aber ich hab kurz überlegt und dann hab ich mir gedacht: Wieso nicht! Es gibt immer Leute, die Vinyls kaufen wollen und wir haben nie welche, außerdem ist bald Weihnachten, vielleicht brauchen die Leute ein Weihnachtsgeschenk, vielleicht auch nicht. Ich glaub' es ist okay, es ist relativ schön auch.
Radio FM4 / Christian Pausch
Ich hab' gesehen, es sind viele schöne Fotos von dir drinnen.
N: Ja, von mir und meinen Freunden.
Wer hat die geschossen?
N: Alle möglichen Leute. Es sind größtenteils Handyfotos. Ich glaub' die meisten hat eh mein Bassist, der PauT gemacht. Er ist der motivierteste Fotograf, den ich kenn'. Er hat auch immer gute Ideen, so: "Stellt's euch so hin!" oder "Du, ein bissl mehr nach links!", also der kann das schon.
Trifft sich gut, dass er immer mit auf Tour ist. Die Fotos sind schön, aber was auch schön ist: jeder von den zwanzig Songs wird von dir und Labelboss Stefan Redelsteiner mit einem kurzen Text kommentiert.
N: Ja, wir haben ein bissl was dazu geschrieben. Ich hab's schnell geschrieben, ich hab's gar nicht gelesen seither und weiß gar nicht mehr was ich gesagt hab darüber, aber... (macht eine Pause) Wen's interessiert, gö!
Haha.
N: Ich mein' ich will ja nie Texte abdrucken. Mir sagt man immer ich soll Texte abdrucken - hab' ich noch nie gemacht, weil ich find', dass man die Texte ja eh hört. Und wenn man ein Wort nicht versteht, find' ich's auch interessant. Da muss man sich ein bisschen befassen..., also mir taugt's immer wenn ich eine Musik hör' und ein Wort nicht versteh' und draufkommen muss, was es heißt.
Na und vor allem ist es ja auch super, wenn man was falsches versteht und trotzdem Sinn daraus schließt.
N: Genau, genau! Das ist überhaupt das Schönste.
Und wenn man's aufschreibt, dann ist das vorbei?
N: Dann ist die Magie verloren.
(beiderseitiges, nachdenkliches Schweigen)
War das eigentlich schwierig die Songs für deine Best Of-Lieder- sammlung auszuwählen?
N: Na, es ist sehr schnell gegangen. Eigentlich hab' ich wenig überlegt dabei. (lacht) Es fehlen auch einige Lieder, aber ich glaub' es passt ganz gut, diese Unvollendetheit. Dass einfach ein paar Lieder, die mir sehr wichtig sind, einfach fehlen.
Aber es ist auch ein Lied oben, das zum Beispiel überhaupt keinen Sinn ergibt, dass das auf so einer Compilation ist, es heißt "Du hast ja Recht" - das Lied hab ich noch nie gespielt eigentlich, außer eben bei der Aufnahme.
Nino im Hanappi-Stadion.
"Ich bin ganz woanders"
Diese Doppel-Vinyl hast du vorher gesagt, ist ein gutes Weihnachtsgeschenk...
N: Oder ein Geburtstags-Geschenk oder auch für Ostern, unterm Osterbaum.
Unterm Palmkätzchen-Strauch macht sich's auch schön.
N: Genau.
Ist es jetzt aber ein Geschenk, das man jemandem macht, der schon ewig eingefleischter Nino-Fan ist, oder jemandem, wo man will, dass er oder sie es endlich kapiert?
N: (lacht) Genau, es ist für die Skeptiker, gö. Damit man sie endlich bekehrt. Nein, ich weiß nicht für wen das ist. Vielleicht mag's ja auch keine_r. Keine Ahnung. Also es würde mich auch nicht kränken, ich habe einen sehr lockeren Umgang mit diesem Projekt, weil es ist einfach da jetzt, gö. Und ich bin ganz woanders, deshalb passt das schon. Ich freu mich! Ich hab jetzt schon Weihnachtsgeschenke für meine Oma und meine Tanten. Denen schenk' ich die Vinyl, die haben zwar keinen Plattenspieler (lacht), aber sie können die Fotos anschauen, oder aufhängen können sie's.
Stimmt, das ist praktisch. Du sagst, du bist ganz woanders, meinst du, weil du schon am nächsten Album arbeitest?
N: Naja, weißt was mein Traum ist? Ich will eine EP machen. Ich hab' so vier, fünf Lieder, die mir ur wichtig sind grad, die würd' ich gern rausbringen im Jänner oder Februar und erst dann ein Album machen.
Ich muss zuerst eine EP machen, das ist für meinen Kopf wichtig, da bin ich vor zwei Tagen draufgekommen.
Voll gut, dass du da draufgekommen bist.
N: Ja, ich bin immer froh, wenn ich auf irgendwas draufkomm'.
Problembär Records
"Ohne dem würde ich keine Musik machen"
Weißt du noch wann du das erste Mal daran gedacht hast Musik zu machen?
N: Mein Lied "Kopfkonzert" handelt genau von dem Moment. Das handelt davon, dass ich 2003 im Herbst, also am Nationalfeiertag glaub' ich war das - am 26. Oktober 2003, da hat's g'schneit. Das war der früheste Schnee in der Geschichte von Wien oder so.
Wirklich?
N: Es war saukalt. Also kalt, es hat halt geschneit. Und ich bin von einer Party heimgegangen im Schnee und hab' so Wind gehört in meinen Ohren. Der bildete sich dann zu Musik irgendwie. Und ich hörte wirklich ein schönes Konzert im Kopf. Es war wunderschön. Saxophone! Ein Piano, dass sich im Kreis dreht. Irgendeine komische Unterwasser-Stimme singt irgendwas.
Und ich glaub' das war der Moment, wo ich zum ersten Mal dran dachte, dass ich auch Musik machen möchte, weil es so gut klang der Krach, den ich in den Ohren hatte.
Voll schön.
N: Ja, und ich versuch' seither immer diesen Sound zu finden. (lacht verlegen) Das hab' ich aber noch nicht ansatzweise geschafft. Aber genau das macht mir immer noch Mut, wenn ich an dieses Kopfkonzert denke.
Also ohne dem würde ich wahrscheinlich keine Musik machen.