Erstellt am: 6. 12. 2015 - 06:00 Uhr
Jedes Türchen ein Tierchen: #6 – Putzerlippfische
FM4 Adventkalender
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Sie können ihr Geschlecht wechseln und graben sich zum Schlafen in Sand ein, aber das zeichnet die Putzerlippfische noch nicht als "besonders" aus. Wirklich bemerkenswert ist, das was Labroides Dimidiatus anrichtet, sobald die ersten Sonnenstrahlen auf die Meeresoberfläche im Indopazifik treffen. Ein Putzerlippfisch ist nämlich Unternehmer. Geschäftstüchtiger Unternehmer. Im Meer betreibt er "Putzstationen", Kosmetiksalons, Wellnessoasen - für Fische natürlich.
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Genauso wie in der echten Welt gibt es in der Unterwasser-Welt der Putzerlippfische Stammkundschaft und Laufkundschaft. Salons mit langfristigem Arbeitsverhältnis und Kurzzeit-Arbeitsverhältnis, es gibt Ein-Fisch-Betriebe und große Fischsalons mit Filialen, es gibt einen Chef und weibliche Fische, die sobald sie ihr Erwachsenenalter erreichen und ihr Geschlecht ändern - ihren eigenen Putzsalon eröffnen.
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Putzerlippfische ernähren sich von den Parasiten größerer Fische. Bis zu 50 verschiedene Fischarten betreut der Putzerlippfisch an einem Arbeitstag in circa 2.000 Behandlungen. Im Angebot gibt es Hautpflege, Kiemensäuberung, Peeling, Zähneputzen und auch Massage: Wenn der 11 cm große Fisch mit den Brust- und Bauchflossen den Rücken der Klienten massiert.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass durch die Massagen der Stresshormonpegel der Fische gesenkt wird. Die Fische werden außerdem bei der Arbeit nicht gefressen. Im Gegenteil, es sind die Putzerlippfische selbst, die ab und zu in die ("nahrhafte"?) schleimige Schutzschicht der Klienten beißen oder an den Schuppen knabbern.
Wissenschaftler konnten außerdem beobachten, dass Fische wegschwimmen, wenn sie sehen, dass das "Service" schlecht ist. Und je größer die "Schlange" vor so einem Fisch-Salon, umso mehr strengen sich die Fische auch an.
Interessant ist hier aber, dass die Kunden bei näherer Beobachtung individuell behandelt werden: Stammkunden, also Fische, die in der Nähe wohnen und nur den einen Salon zur Verfügung haben, werden schon mal "angeknabbert", während das bei Kunden die mal so vorbeischwimmen und sich behandeln lassen, nicht passiert. Der Biologie-Professor Redouan Bshary, der die Unterwasserunternehmer erforscht, meint auch, dass die Putzerlippfische über "machiavellistische Intelligenz" verfügen: Sie verwöhnen hungrige Fische häufiger mit Massagen als solche, die gerade gefressen haben. Und sie sind so besessen von ihrer Arbeit, dass sie nicht merken, wann ein Fisch kein Fisch ist.