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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

21. 11. 2015 - 18:44

En Taro Tassadar

Die legendäre Computerspiel-Weltraumoper "Starcraft" ist nach 17 Jahren an ihrem Höhepunkt angekommen.

Computerspiele begleiten uns üblicherweise nur eine bestimmte Zeit lang. Manchmal sind es ein paar Stunden oder einige Tage, ein anderes Mal mehrere Wochen oder Monate. Handelt es sich um eine Serie, dann ist sie oft über viele Jahre an unserer Seite. Hin und wieder trennen sich die Wege und man findet bei späteren Teilen wieder zusammen.

Screenshot aus Starcraft 2: Protoss und Terraner auf einer Weltraumbasis.

Blizzard Entertainment

Wenn aber tausende Menschen ein und dasselbe Computerspiel über ein Jahrzehnt lang immer wieder spielen, streckenweise in einer leidenschaftlichen Intensität - dann ist das ein außergewöhnlicher Einzelfall. "Starcraft" gehört zu dieser raren Spezies. Aus dem ursprünglich eher matten Spielkonzept "Warcraft" in space aus Mitte der 90er Jahre hat sich das Game aufgrund seines hervorragenden Designs zum weltweit beliebtesten digitalen Strategiespiel gemausert. Bereits um die Jahrtausendwende hat "Starcraft" gemeinsam mit "Counter-Strike" und "FIFA" den elektronischen Sport (professionelles Computerspielen) als Urdisziplin begründet.

Gleichzeitig ist "Starcraft" eine pompös inszenierte Weltraumoper. Epische Schlachten, mysteriöse Prophezeiungen und unbändige Willenskraft: Die "Starcraft"-Saga hat erzählerisch immer schon mit großen Gesten und plakativen Geschichten geklotzt, und das wird mit "Legacy of the Void", dem jetzt vorliegenden Finale der Trilogie von "Starcraft 2" und der gesamten Erzählung der Serie, natürlich nochmal eine Stufe höher getrieben.

Entwurzelte Flüchtlinge und der Kampf gegen das Böse

Ein letztes Aufbäumen?

"Starcraft 2" ist die letzte Bastion der Echtzeit-Strategie gegen die immense Popularität von MOBAs wie "DOTA 2" oder das hausinterne Blizzard-Game "Heroes of the Storm".

Weil "Starcraft" aber auch viele Gelegenheits-Spieler/innen und Fans von früher abholt, wird die Serie trotz Alterserscheinungen nicht so schnell verschwinden.

Die drei Fraktionen in "Starcraft" (seit 1998) sind die Menschen (die sich Terraner nennen) und die Alien-Völker Zerg und Protoss. Jeder Teil der Trilogie in "Starcraft 2" (seit 2010) widmet sich einer Fraktion, und die Protoss schließen nun die Geschichte ab. Sie sind ein altes Volk, technisch hoch entwickelt, mit telepathischen Fähigkeiten ausgestattet. Die bittere, verlorene Schlacht gegen Millionen der archaischen Zerg-Kreaturen hat sie von ihrem Heimatplaneten vertrieben, doch mittlerweile gibt es ein noch größeres Problem: Eine im Labor designte Hybrid-Rasse der beiden Völker, die von einem "dunklen Gott", wie es heißt, gelenkt wird, droht mit ihm das gesamte Universum zu zerstören.

Würde man nicht wissen, dass die Entwicklerfirma Blizzard Entertainment und ihre Autor/innen die "Starcraft"-Saga bereits vor Jahren (vor)geschrieben haben, könnte der abschließende Teil der Science-Fiction-Serie auch als Analogie zur aktuellen Flüchtlingskrise gelesen werden. Völker wurden in großen Zahlen von ihrer Heimat vertrieben. Sich ehemals skeptisch bis feindlich gesinnte Gruppen schließen sich zusammen, um gegen den Terror eines neuen gemeinsamen Feindes zu kämpfen.

Artwork aus Starcraft 2: Protoss kämpfen gegen eine dunkle Bedrohung.

Blizzard Entertainment

Gemeinsam statt gegeneinander

Spielerisch bietet der dritte Teil von "Starcraft 2" die gewohnte Kost: Echtzeit-Strategie, das heißt, wir bauen uns eine Basis, bilden Streitkräfte aus und schicken sie zum Gegner in den Kampf. Weil das alles gleichzeitig passiert, also eben in Echtzeit, ist nicht nur Taktik, sondern auch Geschwindigkeit wichtig. Wie immer ist zu langes Überlegen bei "Starcraft" nicht drinnen, denn ansonsten jagen uns die gegnerischen Figuren gleich wieder vom Feld.

"Starcraft 2: Legacy of the Void" ist als Hybridversion für Windows und Mac erschienen.

Die Fortsetzung der umfangreichen Kampagne bietet Missionen und Zwischensequenzen in gewohnt hoher Qualität, führt dabei aber keine bahnbrechenden Neuigkeiten ein. Die gibt es dafür an anderer Stelle, und zwar vor allem bei den Mehrspielermodi. Ganz neu ist der Koop-Modus, wo spezielle Kampagnen-Missionen zu zweit, Seite an Seite, spielbar sind. Darüber hinaus kann man im sogenannten Archon-Modus antreten, wo zwei Spieler/innen gemeinsam eine Basis steuern – ideal für Menschen, die nicht ständig schnell klicken wollen.

Screenshot aus Starcraft 2: Protoss am Mutterschiff namens "Spear of Adun".

Blizzard Entertainment

Ein umfangreiches Paket

This is not the end

Die ursprüngliche "Starcraft"-Saga ist mit "Legacy of the Void" zwar abgeschlossen, doch das ist nicht das Ende der Serie. Blizzard hat bereits für Frühjahr 2016 neue Missions-Pakete angekündigt.

Es gibt darüber hinaus regelmäßige Turniere, die direkt innerhalb der (übrigens verpflichtenden) Online-Plattform Battle.net stattfinden. Natürlich stehen weiterhin die klassischen, berühmt-berüchtigten Multiplayer-Varianten zur Verfügung - 1v1 bis hin zu 4v4 -, bei denen unsere Fingerfertigkeit mit Maus und Keyboard, Geduld sowie Teamfähigkeiten in höchstem Maß auf die Probe gestellt werden. Wer danach immer noch Abwechslung sucht, findet sie in der sogenannten Arcade von "Starcraft 2". Dort ist jede Menge Selbstgebasteltes zu finden und spielen, das User (teilweise auch Blizzard Entertainment selbst) mit dem mächtigen, beiliegenden Map-Editor erstellt haben.

Mit "Legacy of the Void" ist "Starcraft 2" zu einem unglaublich umfangreichen Paket geworden. Wenn man komplett darin eintaucht, kann man das guten Gewissens als eigenes Hobby bezeichnen. In diesem Sinne: En taro Tassadar, wie die Protoss zu sagen pflegen.