Erstellt am: 18. 11. 2015 - 18:40 Uhr
The daily Blumenau. Wednesday Edition, 18-11-15.
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Der ÖFB-Kader:
Tor: Ramazan Özcan (Ingolstadt/D), Heinz Lindner (Eintracht Frankfurt/D), Andreas Lukse (Altach); Auf Abruf: Daniel Bachmann (Bury/Stoke/ENG), Ivan Lucic (Bayern München/D).
Abwehr: Florian Klein (VfB Stuttgart/D), György Garics (Darmstadt/D), Aleksandar Dragovic (Dynamo Kiew/UKR), Sebastian Prödl (Watford/ENG), Kevin Wimmer (Tottenham/ENG), Martin Hinteregger (RB Salzburg), Christian Fuchs (Leicester/ENG/Kapitän), Markus Suttner (Ingolstadt/D). Auf Abruf: Christopher Trimmel (Union Berlin/D), Stefan Lainer, Andreas Ulmer (RB Salzburg), Michael Madl (Sturm), Christopher Dibon, Stefan Stangl (Rapid).
Mittelfeld: David Alaba (Bayern München/D), Julian Baumgartlinger (Mainz/D), Robert Gucher (Frosinone/ITA), Stefan Ilsanker, Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D), Jakob Jantscher (Luzern/SUI), Marko Arnautovic (Stoke/ENG); Wegen Verletzung fallen Martin Harnik (VfB Stuttgart/D) und Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/D) aus, für sie wurden Karim Onisiwo (Mattersburg) und Florian Kainz (Rapid) nachgenannt. Auf Abruf: Guido Burgstaller (Nürnberg/D), Andreas Ivanschitz (Seattle Sounders/USA), Stefan Schwab, Philipp Schobesberger und der mittlerweile verletzte Louis Schaub (Rapid).
Angriff: Marc Janko (Basel/SUI), Lukas Hinterseer (Ingolstadt/D), Rubin Okotie (1860 München/D). Auf Abruf: der angeschlagene Marco Djuricin (Brentford/ ENG) und Michael Gregoritsch (Hamburger SV/D -> U21).
Außerdem sind folgende Kernkaderspieler verletzt: Robert Almer (Austria); Christoph Leitgeb, Yasin Pehlivan, Valentino Lazaro (RB Salzburg), Veli Kavlak (Beşiktaş Istanbul/TUR).
Out, im Vergleich zu zuletzt: Andreas Weimann (Derby County/ENG), weiters im erweiterten Kader: Cican Stankovic (RB Salzburg), Thomas Gebauer (Ried); Michael Liendl (1860 München/D) und Philip Hosiner (1. FC Köln/D).
Out: Mika Gspurning (Schalke/D), Marco Knaller (Sandhausen/D), Michael Langer (Valeranga/NOR), Jörg Siebenhandl (Admira), Dejan Stojanovic (Bologna/ITA), Bobby Olejnik (Exeter/ENG); Georg Teigl, Stefan Hierländer (RB Leipzig/D), Emir Dilaver (Ferencváros/ UNG), Patrick Farkas (Mattersburg), Markus Berger (Tondela/POR), Emanuel Pogatetz (Columbus/USA), Mario Sonnleitner (Rapid), Stipe Vucur (Kaiserslautern/D), Niklas Hoheneder (Paderborn/D), Georg Margreitter (Nürnberg/D), Lukas Spendlhofer, Tanju Kayhan (Sturm); Raphael Holzhauser (Austria), Stefan Kulovits (Sand-hausen/D), Konstantin Kerschbaumer (Brentford/ENG), Kevin Stöger (Paderborn/D), Tomas Simkovic (Kostanay/KAZ), Marcel Ritzmaier (Nijmegen/NED), Muhammed Ildiz (Gaziantep/TUR), Ümit Korkmaz (Rize/TUR), Alexander Grünwald, Alexander Gorgon (Austria), Thorsten Schick (Sturm), Christopher Drazan (LASK), Stefan Savic (Slaven Belupo/ CRO), Drazen Bagaric (RNK Split/CRO), Robert Zulj (Greuther Fürth/D), Daniel Royer, Martin Pusic (Midtjylland/DEN), Adthe Nuhiu (Sheffield Wednesday/ENG), Erwin Hoffer (Karlsruher SC/D), Darko Bodul (Dundee United/SCO), Sandro Gotal (St.Gallen/SUI) oder Philipp Zulechner (Austria).
Verletzt: Marcel Ziegl (Ried), Thomas Schrammel (Rapid), Toni Vastic (Admira),
Rücktritt: Martin Stranzl (Gladbach/D, aktuell verletzt), Alexander Manninger (Augsburg/D). Unangefragt: Jonathan Schmid (Hoffenheim/D), Ashley Barnes (Burnley/ ENG). Für andere Nationen spielen Moritz Leitner (Dortmund/D), Marin Leovac (PAOK Salonik/ GRE/CRO), Anel Hadzic (Sturm/BOS), Benny Feilhaber (Kansas/USA), Stephan Palla (Wolfsberg/ PHI), Igor Lichnovsky (Porto/POR/CHI), Simon Kühne (St.Gallen/SUI/LIE), Marcel Büchel (Empoli/ITA/ LIE), Marko Maric (Lechia Gdansk/POL/CRO).
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Der Kader von SFV-Coach Vladimir Petkovic
Tor: Roman Bürki (Borussia Dortmund/D), Marwin Hitz (FC Augsburg/D), Yann Sommer (Borussia MönchengladbachD). Auf Abruf: Yvon Landry Mvogo (BSC Young Boys).
Abwehr: Stephan Lichtsteiner (Juventus Turin/ITA, Comeback nach Herz-OP), Johan Djourou (Hamburger SV/D), Timm Klose (VfL Wolfsburg/D), Michael Lang (FC Basel), Fabian Lustenberger (Hertha BSC/D), Jacques-Francois Moubandje (Toulouse/FRA), Fabian Schär (TSG Hoffenheim/D). Ricardo Rodriguez (VfL Wolfsburg/D) fiel verletzt aus, Silvan Widmer (Udinese/ITA) rückt nach. Auf Abruf: Philippe Senderos (Aston Villa/ENG), Steve Von Bergen (BSC Young Boys), François Affolter (Luzern).
Mittelfeld/Angriff: Valon Behrami (Watford/ENG), Gelson Fernandes (Rennes/FRA), Gökhan Inler (Leicester City/ENG), Pajtim Kasami (Olympiakos Piräus/GRE), Xherdan Shaqiri (Stoke City/ENG), Valentin Stocker (Hertha BSC/D). Granit Xhaka (Mönchengladbach/D) fällt verletzt aus, Luca Zuffi (FC Basel) rückt nach.
Angriff: Josip Drmic (Mönchengladbach/D), Admir Mehmedi (Bayer Leverkusen/D), Haris Seferovic (Eintracht Frankfurt/D), Eren Derdiyok (Kasimpasa/TUR). Der für Breel Embolo (FC Basel) nachnominierte Renato Steffen (BSC Young Boys) fiel auch aus.
Verletzt sind Blerim Dzemaili (Genoa/ITA) und Fabian Frei (Mainz/D).
Bei der U21: Nico Elvedi, Djibril Sow (Borussia Mönchengladbach/D), Ulisses Garcia (Werder Bremen/D), Dimitri Oberlin (RB Salzburg/A) ua
Out: Reto Ziegler (Sion), Marco Schönbächler (FC Zürich) uvam
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Der Kader der U21:
Tor: Daniel Bachmann (Bury/Stoke/ENG), Markus Kuster (Mattersburg), Ivan Lucic (Bayern München/D); Auf Abruf: Osman Hadzikic (Austria).
Abwehr: Phillipp Mwene (VfB Stuttgart/D), Lukas Jäger (Altach), Christian Schoissengeyr (Sturm), Lukas Gugganig (FSV Frankfurt/D), Philipp Lienhart (Real Madrid/ SPA), Christoph Martschinko (Austria/ Hoffenheim/D), Philipp Posch (Admira). Für den verletzten Patrick Wessely rückt David Stec (St. Pölten) nach. Auf Abruf: David Domej (Hajduk Split/CRO), Daniel Rosenbichler (Wacker Innsbruck), Ylli Sallahi (Karlsruher SC/D).
Mittelfeld: Dominik Wydra (Paderborn/D), Alessandro Schöpf (Nürnberg/D), Sebastian Wimmer (VfL Wolfsburg/D), Tarkan Serbest (Austria), Martin Rasner (Grödig), Andreas Gruber (Sturm), Nikola Dovedan (LASK), Markus Blutsch (Admira). Für den verletzten Louis Schaub (Rapid) rückt Sascha Horvath (Sturm) nach. Valentino Lazaro (RB Salzburg) wurde nachnominiert. Auf Abruf: Sandro Djuric, Roman Kerschbaum (Grödig), Christoph Rabitsch (Wolfsberger AC), Florian Sittsam (Wr. Neustadt), Bernhard Luxbacher (FAC/Austria), Thomas Murg (Ried).
Sturm: Kevin Friesenbichler (Austria), Michael Gregoritsch (Hamburger SV/D). Für den verletzten Florian Grillitsch (Werder Bremen/D) rückt Marko Kvasina (Austria) nach. Auf Abruf: Bernd Gschweidl (Grödig), Jakob Kreuzer (Ried/Gurten), Daniel Maderner (Wr. Neustadt).
Beim A-Team: Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D)
Verletzt: Christian Gartner (Düsseldorf/D), Sinan Bytyqi (Manchester City/ENG).
#fußballjournal15
1a
Wenn man nach einer unter hohem Druck, enger Intensität und dichtester Konzentration durchgeführten Qualifikations-Session und neun vollen Erfolgen en suite in den drei dazwischen stattfindenden Tests einmal remisiert und zweimal verliert, dann zeugt das von zweierlei: von einer gut dosierten Bündelung der Kräfte und davon, dass man zwar unter den Top 10 der Weltrangliste angekommen ist, das sichere Gefühl des Siegen-Könnens aber noch nicht komplett verinnerlichen konnte; und dass die erwähnten Kräfte eben noch nicht für alles reichen.
Die Niederlage des ÖFB-Teams gegen die Schweiz ist also kein Beinbruch; sie zeigt akute Schwachstellen und personelle Lücken auf, und das ist auch gut so. In Hinblick auf einen EM-Auftritt, der die richtige Balance zwischen Demut, Selbstbewusstsein, Respekt, Angriffslust, Vorsicht und Gewitztheit erst finden muss. Und finden wird.
1b
Wenn man nach vier EM-Quali-Siegen en suite, fünf Testspielsiegen, einem Test-Remis und einer Testturnier-Niederlage (eh nur im Elferschießen) das Quasi-Endspiel um den Gruppensieg gegen den großen Favoriten verliert, dann ist das eigentlich auch kein Beinbruch. Zumal es mit der Verinnerlichung des Siegenkönnens bei der erst ein Jahr lang zusammenspielenden aktuellen U21 eben noch nicht so weit her ist wie bei der in vier Koller-Jahren zusammengeschweißten A-Nationalmannschaft.
Die Niederlage des U21-Teams gegen Deutschland ist aber eine dringend nötige Warnung: dass nämlich Koller-Mimikry allein nicht reicht, sondern dass die zentralen Eckpunkte der Koller-Doktrin auch - in echtem Glauben - umgesetzt werden müssen. Weil eine nur ausgeborgte Second-Hand-Balance jedes Team beim ersten kräftigen Windstoß zu Fall bringen wird.
Und: die höchst brüchige Basis, von der an dieser Stelle vor dem Deutschland-Match berichtet wurde ist ja nur für Betriebsblinde und Berufswegschauer unsichtbar gewesen.
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Ich denke, es hat wenig mit der schlechten Bilanz gegen die Schweiz zu tun. Auch nicht damit, dass es deren aktueller (und seit langer Zeit gepflogener) Spielanlage (erinnerte fast an ein historisches Beispiel) äußerst entgegen kommt, wenn man sie einschnürt, zu wenig draus macht, und sich dann hinten ein- oder eben gar zweimal erwischen lässt.
Ich denke, es wäre auch gegen Brasilien oder Bosnien passiert (hoppala, ist es ja auch) oder eben gegen jeden anderen Gegner in Reichweite. Es, die unerwartete Niederlage, die in die Euro-Euphorie des zum Fußball-Boulevard mutierten österreichischen Erwartungshaltungs-Grundgefühls reinsticht wie die Kampfwespe in einen prallbunten Kinderballon.
Es war wohl einfach küchenpsychologisch nötig, die Konzentration sacken zu lassen, in einem Match, wo es um nix geht, so wie Alaba, so wie Hinteregger, bei denen es augenscheinlich wurde, so wie einige andere auch. Denen ist nichts Gravierendes unterlaufen, aber in diesem Match, dass vor allem die Schweizer sehr ernst nahmen (Herr Lang und seine Arnautovic-Schienbeinschnitzelklopferei waren da das sichtbarste Zeichen) reicht es dann halt nicht, nur 80% dagegenzusetzen. Die vielen Abspiel-, Pass- und Ballfehler, die fehlgeleiteten Läufe hatten nur bedingt mit der Abwesenheit von Junuzovic, Harnik und Janko zu tun. Es war die schon ab Sekunde 1 als leicht abgespeckte Version der normalen ÖFB-Spielanlage zu erkennende Herangehensweise der Mannschaft, die das Spiel zappelig, unsauber und deshalb auch unkontrollierbar werden ließen.
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Das augenfälligste Problem des Spieles: kein Junuzovic - kein (funktionierendes) - Koller-System. Unter Koller gab es nur sieben Spiele ohne Junuzovic, die Bilanz: 4-0-3, also deutlich schlechter als der Schnitt. Nur einmal, daheim gegen Irland, da nahm Alaba die zentrale Rolle ein, konnte Juno zufriedenstellend ersetzt werden. Alle anderen Lösungen (Harnik, Arnautovic, Ivanschitz, Hinterseer, einmal Kavlak mit Alaba zusammen) klappten nicht wirklich.
Gestern probierte es Koller zuerst mit Sabitzer, dann mit Alaba, dann mit Hinterseer und nichts davon haute wirklich hin. Interessanterweise bekam nach dem Spiel nur der noch U21-berechtigte Junior Sabitzer Kritik ab. Dabei ist der - sowohl im Team als auch beim Verein - hauptsächlich an der Flanke unterwegs und somit weder prädestiniert noch verantwortlich für einen zentralen Einsatz.
Die Junuzovic-Frage ist also weiter ungelöst; und das ist Marcel Koller durchaus anzulasten, der für jedes erdenkliche Back-Up Vorsorge getroffen hat - außer für seinen entscheidenden Scharnierspieler. Bisher war der Chefcoach wohl nach eineinhalb entsprechenden Vorstellungen davon ausgegangen, dass sein Platzchef in einer allfälligen Junuzovic-Ausfall-Situation die Kastanien schon aus dem Feuer holen würde. Der gestrige Auftritt von Alaba in Halbzeit 2 war dann aber von der Sorte Murphys Law: alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen. Alabas zunehmend klarer werdende Erkenntnis, dass er die Rolle nicht ausfüllen und das Ruder nicht werde herumreißen können, wurde in Mimik und Körpersprache immer deutlicher, und bewirkte so etwas wie einen Umkehrschub innerhalb der Mannschaft.
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Zu Kollers Verteidigung muss man sagen: Junuzovic eins zu eins zu ersetzen ist schwer bis unmöglich. Nachwuchshoffnung Gregoritsch Junior wurden kurz davor im U21-Deutschland-Spiel seine Grenzen in dieser Rolle aufgezeigt, Alessandro Schöpf war schon im Match davor, gegen Finnland, an sein aktuelles Leistungslimit gestoßen. Weimann wurde nix zugetraut, Liendl oder Robert Zulj erprobt und gelassen, Grünwald nicht einmal ausprobiert - womöglich alles zurecht.
Dann stellt sich aber die Frage, ob es - ohne Juno - einfach ein anderes System braucht. Schweiz-Coach Petkovic probierte im gestrigen Match gleich zwei alternative Grundformationen aus: nach dem anfänglich-klassischem 4-4-2 ein 4-2-3-1 mit Powerzwerg Shaqiri in der Zentrale um schließlich auf ein finales 4-3-3 mit drei hybriden Sechsern (das Hrubesch-System aus dem U21-Match) aufzubieten. Koller wirbelte personell, blieb aber in seinem System. Was - wenn eine Position nicht wirklich adäquat zu befüllen ist - ein wenig irrlichternd daherkommt.
Andererseits: Koller hat das hybride Dreier-Mittelfeld ja schon da oder dort probiert; und es war kein rauschender Erfolg. Und für ein 4-4-2 fehlt es an zwei durchschlagkräftigen Spitzen mit unterschiedlichem Können (dass Koller gestern in der Schlussphase nach Okotie und Hinterseer wieder einmal Arnautovic in vorderster Spitze testen musste, sagt alles aus). Mit anderen Worten: Koller müsste sich einen wirklich einzigartigen Trick, auf den noch niemand anderer gekommen ist, ausdenken. Viel verlangt, fürwahr. Aber womöglich für den EM-Verlauf überlebenswichtig. Und deshalb ganz vorne auf der Frühjahrs-Agenda.
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Dazu kommt das Hinteregger-Problem.
Ich meine damit nicht das aktuelle Wechseltheater und die Formkrise des Jägers - die gehen beide vorbei. Ich meine die bereits von mir angesprochene Turnierangst des hart umworbenen Verteidigers. Martin Hinteregger konnte bisher nicht nur jede Turniererfahrung verhindern (für die U20-WM in Kolumbien wurde er auf eigenen Wunsch nicht nominiert), er vermied es auch so weit es ging, bis hinauf zur U21 (wo er nur ein Drittel aller Pflichtspiele bestritt) bei internationalen Quali-Spielen zum Einsatz zu kommen, während er bei Tests fast immer bereit war. Selbst die EM-Quali-Bilanz des Feldkircheners bei den Großen ist durchwachsen 5:5 (fünf Einsätze, fünf Ausfälle) bei den Qualispielen, bei Testspielen lautet die Bilanz hingegen 5:2.
Das fällt deshalb nicht so auf, weil Hinteregger dann, wenn er aufläuft, eine exzellente Leistung bietet, das österreichische Innenverteidiger-Spiel gemeinsam mit Dragovic quasi revolutioniert hat. Es geht ja nicht um Hintereggers Qualität, sein unbestrittenes Können, sondern um seine zerbrechliche Psychologie. Es geht nicht einmal um seine reale mentale Stärke, wenn es ums Eingemachte geht, sondern wohl ums eigene Zutrauen.
Letztens hab‘ ich die rein statistisch naheliegende Option, dass Hinteregger für die EM aus irgendwelchen Gründen ausfallen wird, angesprochen. Nach der gestrigen, extra-unkonzentrierten, fast schon bewusst selbstdesavouierenden Leistung (prototypisch: sein Verhalten beim 1:2) schätze ich die Gefahr, dass er sich für die Euro stark/bereitredet/reden lässt und dann dort wieder einen solchen Auftritt absolviert, größer ein.
Wie gesagt: alles ein reines Kopfproblem. Vom Können her spricht alles für Dragovic-Hinteregger, die zusammen in der Spieleröffnung stärker sind als jedes andere Innenverteidiger-Paar, damit wiederum die Achse Baumgartlinger-Alaba in Richtung Offensive entlasten und deshalb für den Teamchef von enormer Wichtigkeit sind. Auch wenn die Back-Up-Variante Prödl-Dragovic in den letzten Spielen gut funktioniert hat. Trotzdem bleibt bei der ausgespielten Karte Hinteregger ein recht hohes Restrisiko.
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In den expliziten Testbereichen haben sich Hierarchien gefestigt. Ilsanker hat sich als erstes Back-Up im zentralen Mittelfeld festgespielt, Gucher kam nicht durch, Özcan und Okotie bleiben die Nummer 2, Onisiwo und Kainz stellen sich deutlich hinter Jantscher an, Gregoritsch Junior wird dank der Schwäche seiner Konkurrenz und seiner relativen Klasse ein Kader-Kandidat.
Von den laut eigenen Angaben im Trainingslager forcierten Standards waren noch keine vorzeigenswerten Qualitätssteigerungen zu erkennen, die zusätzlich geübten taktischen Variationen gingen nicht über bisher schon in anderen Tests und Quali-Spielen Gezeigtes hinaus.
Wirklich wichtig und nötig war die Niederlage vor allem für den bereits enthemmten Medien-Boulevard und den Teil der Öffentlichkeit, der sich aktuell bereits im manischen Komplementär-Bereich der klassisch-österreichischen Depression eingenistet hatte. Bedenke, raunten die Schweizer Gegenspieler ihren Kontrahenten, vor allem aber der überenthusiastischen Fan-Masse dahinter zu, bedenke, dass du sterblich und besiegbar bist.
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Die U21-Mannschaft, die das "Vorspiel" des gestrigen Abends so überaus klar gegen die deutschen Altersgenossen verlor, ist sich ihrer Sterblich-/Besiegbarkeit deutlich schmerzhafter bewusst geworden. Und womöglich hätte auch der bestmögliche Auftritt aller verfügbarer Proponenten mitsamt Koller‘schem Matchplan an diesem Frühabend nichts geholfen. So aber, in dieser Deutlichkeit und Klarheit, mit der das ÖFB-Team in Halbzeit 2 ohne Chance blieb, spricht die dringend nötige Niederlage alle Fehlstellungen und Probleme an, die das U21-Team durch die jüngsten Erfolge - wie hier gestern schon angemerkt übertünchen konnte.
Es genügt im konkreten Fall auch nicht, sich einzig an den - wieder augenfälligen - Fehlkalkulationen des Coaches abzuarbeiten. Klar ist ein zentrales defensives Mittefeld mit Jäger und Rasner international nicht konkurrenzfähig, das Fehlen von Wydra und Gartner, der Verzicht auf Sebastian Wimmer und noch mehr der auf Alleskönner Schöpf in dieser Rolle führte dann aber dazu, dass sich zwischen Vierer-Abwehr und Vierer-Offensive kein ineinandergreifendes Scharnier fand. Gegen einen Gegner, der mit drei Hybrid-Sechsern/Achtern von echter Klasse (Weigl, Goretzka, Kimmich) begann, war das tödlich.
Es genügt auch nicht, die Ausfälle (neben Wydra und Gartner sind auch Schaub, Bytyqi und Grillitsch, also eine potentieller Einser-Offensivreihe verletzt; dazu kommt der noch nicht topfitte, nur halbkräftige Lazaro) zu beklagen.
Es geht viel mehr ums Eingemachte. Darum das, was Trainer Gregoritsch in beachtlichem Fußball-Fernsehen-Deutsch als Ideologie und Spielphilosophie ausgab, auch selber zu glauben und umzusetzen. Zwischen Ansage und Realität klafft noch ein kleiner Grand Canyon, eine Lücke, die deshalb so tief ist, weil der Old-School-Coach merklich nur die Hälfte dessen, was er an offiziellem ÖFB-Sprech verbreitet, selber glaubt.
Wie schon im hier ausführlich analysierten Finnland-Match ist es eine von Gregoritsch zu statisch (immer noch nach der 4-Pfosten-Maxime von Constantini) arrangierte Abwehr, die dadurch, dass sie in der Spieleröffnung schwach, in der offensiven Flügelarbeit übervorsichtig und - wie die meisten Akteure der Gregoritsch-Truppe - nur über ein schwaches und leicht brüchiges Selbstverständnis verfügt, deren Unsicherheit die gesamte Mannschaft ansteckt und niederdrückt. Die merkbare individuelle Klasse von Schöpf und Gregoritsch, deren technische und mentale Stärke eine beeindruckende Unverrückbarkeit signalisiert, reichte nicht aus, um das Spiel noch zu drehen: Deutschland ist nicht Finnland.
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Man könnte also meinen, dass dieser Schuss vor den Bug - zumindest intern - die entsprechenden Erkenntnisse bringt. In den Reaktionen war aber dann ein recht altbacken-realitätsflüchtiges "trotzdem-ur-super" dominant. Was natürlich auch taktisch zu bewerten ist.
Während man aber annehmen kann, dass im Team Koller eine solche nach außen an die Öffentlichkeit und vielleicht noch an die Spieler gerichtete Ansage dann intern durch eine harte selbstkritische Analyse konterkariert wird, riecht eine vergleichbare Aussage im Team Gregoritsch nach echtem Glauben, nach Wagenburg.
Wenn die monatlichen Trainer-Sitzungen im ÖFB die Relevanz und Substanz haben, die Sportchef Ruttensteiner und Gregoritsch selber dieser Tage beschwörten, dann müsste die nächste vor allem dazu dienen, die taktischen Lücken, die der U21 schon seit einem Jahr im Weg stehen, wegzubekommen.
Insofern ist diese Niederlage wirklich bitter nötig; nicht nur für eventuell immer noch vorhandene Quali-Chancen für die U21-EM, sondern auch, um nicht gleich drei Jahrgänge einem Rückschritt auszusetzen.
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Bis auf die U21 und die eingesparte U20 sieht es im ÖFB-Nachwuchs derzeit wirklich gut aus. Es bewährt sich, dass man als Assistenten diverse sportliche Leiter aus den Akademien (Vorarlberg, Burgenland, St.Pölten) dazu geholt hat, um die vor ihren Teamjobs in punkto Jugendarbeit völlig unbeleckten Rupert Marko, Manfred Zsak, Hermann Stadler sowie Andreas Heraf zu unterstützen. Dazu kommt das im Hintergrund immer weiterlaufende und immer neue Jahrgänge umfassende Projekt 12 mit seinen individuell ausgearbeiteten Trainingsplänen.
Die U19 hat sich für die nächste Runde ihrer EM qualifiziert, die U18 macht gute Tests, die U17 ist auch eine Euro-Runde weiter, die U16 schlägt sich ebenso wacker wie die U15.
Und auch die Frauen (mit drei Spielen und drei Siegen) und die Mädchen arbeiten sich systematisch nach vorne.