Erstellt am: 18. 11. 2015 - 12:08 Uhr
Autumn Leaves
Autumn Leaves Festival
19. bis 21.11. 2015,
Orpheum Extra, Graz
"The sound of the leaves when my feet hit the ground", ja, der Herbst ist da und nicht nur Dillon und Dirk von Lowtzow wissen um die Besonderheit der Jahreszeit. Der Rückzug in kleinere Konzerträume ist angetreten und vielleicht, weil man jetzt nicht mehr soviel direktes Sonnenlicht abkriegt, ist man für melancholisch-verträumtes Liedgut sehr empfänglich. Da kommt das Autumn Leaves Festival in Graz gerade recht, das zwar in Liebe zu Singersongwriting gegründet worden ist, aber musikalisch Druck machen kann.
Das Autumn Leaves findet zum zehnten Mal statt, mit drei Konzerten pro Festivaltag und der Großteil der Auftretenden hat neue Alben, die es live vorzustellen gilt. Wie gut, dass mit Klinger gleich am ersten Abend des Autumn Leaves ein Musiker auftreten wird, der das Sich-in-die-Euphorie-Steigern fast schon zum Grundprinzip seiner Kompositionen erhoben hat.
Für Klinger könnte die Bühne schnell zu klein werden, wie bei der ersten Präsentation vor einigen Monaten in der Grazer Postgarage. Wer das heimische Musikschaffen verfolgt, könnte Andreas Klinger-Krenns MitstreiterInnen erkennen und diversen Bands zuordnen. Ein kleines Name-Dropping muss sein: Bassistin Judith Filimónova von Fijuka, Schlagzeugerin Aurora Hackl Timón, Schlagzeuger Günther Paulitsch (von Polkov, Stereoface Marta), Gitarristin Lina Maria Gärtner (Just Friends and Lovers, Lonesome Hot Dudes) und Kollegin Vera Kropf (Luise Pop, Half Girl) sind live dabei - unter anderen! Klingers Debüt heißt "Monster At The End" und dafür hat er trainiert, tiefer zu singen. Das habe er sich von Matt Berninger von The National abgeschaut, sagt Klinger im FM4 Soundpark. Bei "Gamblin" ist die Wirkung schon deutlich zu hören.
Als "musikalischer Volksheld Norwegens" ist Thomas Dybdahl angekündigt, der den Schellenkranz um sein Fußgelenk legt und mit Akustikgitarre antreten wird. Morcheeba setzten auf den Sänger, der jetzt Sonntagmorgenbrunchmusik macht. Folky und sehr indie klingen die ersten zehn Songs, die Kodiak Deathbeds geschrieben haben.
Klanghafen / Andreas Kral
Autumn Leaves 2015
- Donnerstag, 19.11.
Thomas Dybdahl
Kodiak Deathbeds
Klinger
- Freitag, 20.11.
Radical Face
Esteban's
Clara Blume
- Samstag, 21.11.
Enno Bunger
AVEC
Raphael Sas
Mitsummhymnen
"Does everything go away? Yeah, everything goes away", singt Ben Cooper aka Radical Face in seinem Hit "Always gold" und tieftrauriger und zugleich tröstlicher könnte ein derart knappes Frage-Antwort-Spiel kaum sein. Von Liebe, Verlust und Loyalität wider Umstände handeln auch die Lieder seines Projekts "Family Tree". In sehr offen gehaltenen Lyrics, oft mehr Andeutung als Geschichte, erzählt Radical Face von einer fiktiven Familie des 19. Jahrhunderts. Und weil es nie alle geschriebenen Songs auf das nächste Album schaffen, veröffentlichte der Amerikaner die Überbleibsel des Projekts als "Bastards" jeweils als EP. Zum Download gibt es die Serie, deren letzter Vorbote für das finale Album Anfang November erschienen ist, wenn man als Gegenwert seine Emailadresse preisgibt.
Micah Cooper
Gerade eine EP hat die oberösterreicherische Sängerin und Musikerin AVEC aufgenommen, Liebe und Familie sind auch ihre Themen. Bei ihrer FM4 Acoustic Session konnte man hören, dass AVEC bei den schnelleren Songs sehr rasch eigenständig wahrgenommen wird und man nicht mehr im Glauben ist, wie bei den ersten Zeilen von "Granny", einen Song von SOKO zu hören. Die Neugier auf dieses Konzert ist groß.
Groß ist auch die Anhängerschaft Enno Bungers, und das seit Jahren. Enno Bunger haben mit "Flüssiges Glück" einen Titel für ihr neues Album gewählt, der klassisch für die Band anmutet. Aber die Band gibt es nicht mehr wirklich, das Album ist Bungers Ding und es ist ein wenig elektronischer als die Vorgänger, weniger dick aufgetragen und in "Wo bleiben die Beschwerden?" gar politisch: "Nein, es sind nicht die paar Nazis, es ist unsere Ignoranz".
In Liebe
"In love with..." ist das neue "Lost in...". Zumindest, wenn es nach dem Grazer Kollektiv I'm in love with geht. "Unser Ziel ist es abseits des kommerziellen Mainstreams einen Raum für gute elektronische Musik, zwanglose Feierei und entspannte Tropicalness zu schaffen", erklärt sich das Kollektiv. Vier Freunde aus Graz, Dresden und Rostock sind der harte Kern, der Partys organisiert, die sie selber besuchen wollen und die dabei nie auf ihr Herzstück verzichten: In die Dekoration wird viel Zeit und Liebe investiert, für die kommende Wohnzimmer Acoustic Session wurden Retro-Lampen online ersteigerst. Eintrittseinnahmen der Vereinsveranstaltungen werden in die Ausstattung investiert.
"In Clubs in Deutschland haben wir gesehen, wie lustig man dekorieren kann", sagt Christina Plaschg. "Wir arbeiten gerne mit Holz. Vor einem Monat haben wir einen 'Saunaclub der Liebe' gemacht, mit Aufguss vom DJ-Pult". Christina ist Krankenschwester, Tobias ist Rauchfangkehrer, Fred und Sebastian studieren Jus. Im Sommer haben sie das DJ-Pult an speziellen Plätzen im Freien und am Fluß aufgebaut und in einer alten Fabrik gefeiert.
I'm in love with Kollektiv Graz
Zum sechsten Mal gibt es eine "Wohnzimmer Acoustic Session", diesmal in der Papierfabrik am Freitag, Beginn: 21.30 . Auch hier werden drei Konzerte zu hören sein: Alpine Dweller, Vera Söll und "Cectpa - Sistra" - cectpa ist russisch und die Übersetzung Schwester liefern die fünf Musikerinnen gleich mit. Danach wird aufgelegt, damit die Tropicalness nicht zu kurz kommt. Christina lacht: "Sebastian steht auf dieses Miami-Feeling! Das ist ein Ausdruck eines Lebensgefühls. Unsere Partys sind eine willkommene Abwechslung zu manchem Alltagstrott".