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Markus Keuschnigg

Aus der Welt der Filmfestivals: Von Kino-Buffets und dunklen Sälen.

14. 11. 2015 - 12:00

The Great Outdoors

Eine Rundschau zum Themengebiet Pfadfinder-Kino anlässlich des Kinostarts der feisten Zom-Com "Scouts vs. Zombies".

Ich war nie Pfadfinder. Die Natur mochte ich zwar, aber unser Familienhaus stand ohnehin am Rand eines Gebirgswalds, in dem ich mit den Nachbarskindern den Großteil meiner Freizeit verbrachte. Im Nachhinein bin ich aber fast traurig darüber. Vielleicht aber auch nur, da ich als Knirps glühender Fan vom Fähnlein Fieselschweif war, jener Pfadfindergruppe aus Entenhausen, in der Donalds Neffen Tick, Trick und Track immer die spannendsten Abenteuer erlebt haben. Ich hatte sogar "Das Schlaue Buch", bestehend aus einer Ringmappe, die wöchentlich mich neuen Kartonseiten gefüllt wurden, die dem Micky Maus-Magazin beigelegt waren. Wie mache ich Feuer? Wie baue ich ein Baumhaus? Wie reagiere ich, wenn ich auf einen Bären treffe? Für mein Kinder-Ich alles essenzielle Informationen, mit denen ich mich gerüstet fühlte für mein vermutetes späteres Leben als Trapper oder Kräutersammler.

Fähnlein Fieselschweif und Das Schlaue Buch

Disney

Die Fieselschweiflinge Tick, Trick und Track konsultieren Das Schlaue Buch

Dass die Pfadfinder in meiner Kindheit und Jugend eine dermaßen zentrale Stellung einnehmen konnten, ohne dass ich jemals selbst einer gewesen wäre, liegt einfach daran, dass Scouting in den USA noch immer enorm populär ist. Diese Tatsache drückt sich natürlich auch in der Kultur aus. Und nachdem ich in dem Alter beinahe ausschließlich Comics, Serien und Filme aus den USA wahrgenommen habe, war das Pfadfindertum auch mir wohlbekannt.

Im Besonderen freilich die Uniformen - für gewöhnlich erdfarben gehalten und durch das locker um den Hals getragene Schaltuch auch ziemlich ikonisch -, die von River Phoenix als junger Indy in Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (1989) besonders schön aufgetragen wurde.

Ein junger Indiana Jones mit zwei Schlangen in der Hand

Paramount

River Phoenix als Indy in voller Pfadfinder-Montur und mit Schlange in der Hand

Die Abenteuerkomödie ist auch insofern ein Schlüsselfilm hinsichtlich Pfadfinder in der Popkultur, als dass sie erzählt, was irgendwie eh immer schon klar war, nämlich, dass Indiana Jones seine Survival Skills natürlich bei den Pfadfindern begonnen hat zu erlernen. Regisseur Steven Spielberg war in seiner Kindheit selbst begeisterter Pfadfinder und hat mittlerweile den höchsten Rang innerhalb der Boy Scouts of America erreicht: ein Eagle Scout wird nur, wer mindestens 21 Abzeichen (Merit Badges) trägt und zusätzlich über den genau definierten Scout Spirit verfügt.

Spielberg war es auch, der die Organisation in den vergangenen Jahren öffentlich dafür kritisiert hat, keine offen lebenden homosexuellen Jugendlichen zuzulassen. Seit Anfang 2014 gehört diese Form der Diskriminierung innerhalb der Boy Scouts zum Glück der Vergangenheit an. Das Kino hat sich an dieses Problemthema nie herangewagt: Lediglich Michael Caton-Jones' This Boy’s Life zeigt einen homosexuellen Burschen, der Mitglied bei den Pfadfindern ist.

Nachdem das Scouting in den USA so beliebt ist, haben auch etliche bekannte Hollywood-Persönlichkeiten eine Pfadfinder-Vergangenheit. Richard Gere und Harrison Ford etwa. Aber auch Wes Anderson, der in Moonrise Kingdom wie in allen seinen Filmen persönliche Erinnerungen mit romantisch-stilisierten, sehr künstlichen Bilderwelten kreuzt – und mit Bill Murray und Jason Schwartzman gleich noch zwei weitere ehemalige Pfadfinder besetzt hat.

Ein junger Pfadfinder und seine Freundin betrachten eine Landkarte

Universal Pictures

Viele von ihnen wissen auch Geschichten von ihren damaligen Scout-Erlebnissen zu berichten: Stephen King etwa hat als Elfjähriger auf einem Pfadfinderlager ein Theaterstück geschrieben, das seinen eigenen Erinnerungen zufolge a big hit war. Immer wieder spielt die Scout-Americana auch in seine Romane hinein. Stand by Me, in dem drei Burschen in einem Waldstück eine Leiche entdecken, ist davon merklich beeinflusst. In Tommy Lee Wallaces gelungener Verfilmung von Stephen Kings IT verwendet ein Junge, der vom Kinder fressenden Clown Pennywise gejagt wird, den Pfadfinderschwur um seine Angst in den Griff zu bekommen.

Mörderclown bedroht Buben

Warner

Stan wird vom bösen Clown Pennywise bedroht

Auffällig ist, dass es so gut wie keine Filme gibt, in denen Pfadfinderinnen – ob als Kinder oder Erwachsene – im Fokus stehen. Eine Ausnahme ist Die Wilde von Beverly Hills (1989), eine um Shelley Long herum gezimmerte Komödie, die vorgibt, sich über die Schicki Micki-Szene zu amüsieren, dabei aber ganz darauf vergisst unterhaltsam zu sein. Faktisch gibt es jedenfalls keinen Grund, weshalb die Girl Scouts of the USA im Kino kaum vorkommen, während das Boy Scouting dutzendfach verhandelt wurde: Denn die zwei Organisationen zählen in etwa gleich viele Mitglieder. Aber in der Popkultur wird das Erleben von Abenteuern und das Erlernen von Outdoor-Skills offenbar nach wie vor eher Buben zugeschrieben.

Pfadfinderinnen

cinema.de

Pfadfinderinnen sind im Kino nach wie vor eine Seltenheit: Shelley Long mit ihren Pfadfinderinnen in der Komödie "Die Wilde aus Beverly Hills"

Wie essenziell diese Fähigkeiten sein können, das zeigt ab dieser Woche die durchaus gelungene Horror-Komödie Scouts vs. Zombies in den heimischen Kinos. Zwei Jugendliche wollen darin – sehr zur Bestürzung ihres besten Freundes – aus den Pfadfindern austreten, werden aber just in jener Nacht der Entscheidung von einer Horde von Untoten überrascht. Während das Scouting einen für gewöhnlich als Bodensatz innerhalb der Highschool-Hierarchie festschreibt, können die Burschen aufgrund ihrer Pfadfinder-Fähigkeiten im Kampf gegen die Zombies plötzlich auftrumpfen.

Pfadfinder stehen Zombie gegenüber

Universal Pictures

V.l.n.r.: Carter, Ben und Augie haben ihr Schlaues Buch zu Hause vergessen


Und das ist nicht das erste Mal, dass die Erde von Scouts gerettet wurde. Im japanischen Kaiju-Kuriosum Gamera vs. Viras gelingt es Außerirdischen die Gehirnwellen von Gamera zu kontrollieren und das entzückende Schildkröten-Kaiju voller Zerstörungswut durch Städte trampeln zu lassen. Zwei Pfadfinder-Burschen, die von den Aliens entführt worden sind, gelingt es schließlich aber, das Blatt zu wenden und die Invasoren in die Flucht zu schlagen. Man sieht also: Scouts will save us all!