Erstellt am: 11. 11. 2015 - 17:40 Uhr
Let the pictures soak
Daughter wollen keine Musikvideos als Promotool machen, erzählt mir Produzent und Gitarrist Igor Haefeli im Interview. Daughter wollen Kurzfilme machen, Videos, die etwas bedeuten, etwas ausdrücken, damit die Musik zum Soundtrack wird - aus der eigenen eingeschränkten Form, einfach nur Sound zu sein, ausbricht und gemeinsam mit dem Bild des Videos eine neue Bedeutung annimmt.
Mit "Doing The Right Thing", der ersten Veröffentlichung vom im Jänner erscheinenden zweiten Daughter-Album "Not To Disappear" ist der britischen Band genau das gelungen: Ein Stück Musik zu erzeugen, das gemeinsam mit einem unglaublich starken Video eine Einheit bildet. "Jedes Mal wenn ich das Lied höre, sehe ich das Video vor mir", sagt da sogar Igor und spricht mir aus der Seele.
Dabei ist das alles auch gar kein Zufall: Für "Doing The Right Thing" haben Daughter mit dem Regie-Duo Ian Forsyth und Jane Pollard zusammengearbeitet, das seinerseits den Autor Stuart Evers engagiert hat. Der hörte sich den Track an, beschäftigte sich mit der Geschichte dahinter und schrieb eine Kurzgeschichte, aus der dann das Video gemacht wurde. Musik, Visuals und Story sind daher also besonders verknüpft.
"Doing The Right Thing" ist ein Lied über das Verschwinden des Selbst, über den Umgang mit Veränderung, über die Alzheimer-Krankheit. Für Elena Tonra, die Sängerin von Daughter, ist das ein besonders persönliches, familiäres Thema. "And they're making children. Everyone's in love. I just sit in silence. Let the pictures soak", singt sie und meint die Isolation, die die Krankheit mit sich bringt. Die Transformation der eigenen Persönlichkeit, während draußen das Leben ganz normal weitergeht. "I'm just fearing one day soon, I'll lose my mind".
Auch während der Produktion des Tracks wurde besonders darauf geachtet, die Sensibilität des Themas mitzutragen - die Gratwanderung zwischen Frustration und Zerbrechlichkeit. "Ich glaube, wir haben diese Balance gut geschafft", sagt Igor. "Mit der Art und Weise, wie die Gitarre gespielt wird, aber auch mit Elenas Stimme, haben wir versucht, die Aggression aber auch die Traurigkeit hinter dem Thema einzufangen."
Das Video selbst spiegelt genau diese Realität wieder. Der dunkle Raum, der Fernsehbildschirm, die sonnige Welt vor der Tür, an der nicht mehr teilgenommen werden kann. Durch die Zusammenarbeit von Regie, Schauspielern und vor allem Musik schafft es "Doing The Right Thing" damit zu einem der stärksten Musikvideos des Jahres zu werden. Ein Clip zwischen kaltem Realismus und warmer Geborgenheit und ein beeindruckender Vorbote des neuen Albums, das dann im Jänner erscheint.