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11. 11. 2015 - 13:07

Mission Mundharmonika

Die Musikerin Isabella Krapf spielt ein Instrument, das während der letzten Jahrzehnte stark an Beliebtheit eingebüßt hat. Sie sieht es als ihre Berufung, die Mundharmonika wieder populär zu machen – unter anderem in Nordkorea.

Bekannt ist Isabella Krapf vor allem für ihre Virtuosität auf der chromatischen Mundharmonika. Das wäre an sich schon etwas Besonderes, denn die Mundharmonika ist in den letzten Jahrzehnten als Instrument aus der Mode gekommen. Seit Juni 2011 betreut die in Wien lebende Musikerin aber auch Mundharmonikaspieler in Nordkorea.

"Auf meinem Grabstein", sagt Isabella Krapf schmunzelnd, "wird einmal stehen: Sie brachte die chromatische Mundharmonika nach Nordkorea." Denn zuvor wurden in dem Land - wie auch in Südkorea, Japan und China - hauptsächlich Tremolo-Mundharmonikas zum Musizieren verwendet, die zwar schön klingen, aufgrund ihrer diatonischen Stimmung aber weniger vielseitig einsetzbar sind.

Foto: Isabella Krapf

In der Geschichte des Instruments hat Wien eine tragende Rolle gespielt – so stand etwa ab 1834 die weltweit erste Mundharmonika-Fabrik in der Mondscheingasse 11. Doch nicht nur die Popularität der Mundharmonika hat während der Jahrzehnte stetig nachgelesen – sie ist heute auch mit zahlreichen Klischees behaftet. Viele Menschen assoziieren mit dem Instrument ein paar zwischen Gesang und Gitarre schlampig gespielte Blues-Akkorde und vielleicht auch noch "Spiel mir das Lied vom Tod". Dabei kann man gerade mit der chromatischen Mundharmonika jedes erdenkliche Genre spielen. Gegen die Klischees tritt die Wiener Musikerin Isabella Krapf seit vielen Jahren an, und das nicht nur in Österreich, sondern weltweit.

Ihre erste Mundharmonika bekam Isabella Krapf im Alter von acht Jahren geschenkt - und obwohl sie später auch Gesang, Jazzklavier und andere Instrumente studiert hat, blieb die chromatische Harmonika ihr Hauptinstrument, das sie seit ihrem 19. Lebensjahr auch unterrichtet. Dass sie das auch einmal in Nordkorea tun würde, hätte sie selbst nicht gedacht: "Ich war insgesamt viermal dort - und ich hatte eineinhalb Jahre lang nordkoreanische Mundharmonika-Studenten bei mir in Wien." Sie habe die Musiker jeden Tag unterrichtet und sie hätten "wahnsinnig viel geübt", sagt Krapf. "Einer der Nordkoreaner, Rim Myong San, ist beim World Harmonica Festival 2013 in Trossingen Zweiter im Bewerb ‚chromatische Mundharmonika solo‘ geworden. Das ist eine unglaubliche Leistung."

Foto: Isabella Krapf

Sie sei beeindruckt gewesen von der Professionalität und Musikalität des Ensembles - und auch der des Theaters in Pyongyang, an dem sie arbeitete, sagt Krapf. Gefunden hätten sie die Nordkoreaner über die Universität, wo sie unterrichtet hat, erzählt sie. "Die haben gemeint, ich soll nach Nordkorea kommen. Am Anfang wollte ich gar nicht recht. Aber dann habe ich mich dafür entschieden – und ich bereue überhaupt nicht, dass ich das gemacht habe, denn ich habe sehr viel gesehen und ich habe diese wunderbaren Leute kennengelernt, die dann eineinhalb Jahre lang bei mir gewohnt haben. Wir haben sehr viele Abenteuer erlebt hier in Wien und natürlich auch drüben. Es war eine ganz tolle Zeit."

Viele Klischees über Nordkorea hätten sich bei ihren Aufenthalten nicht bewahrheitet, sagt die Musikerin. Sie habe sich im Land frei bewegen können und sei bei einer ihrer späteren Reisen dorthin nicht einmal mehr vom Flughafen abgeholt worden. "Einmal stand bei uns in der Zeitung, dass alle den gleichen Haarschnitt wie Kim Jong Un haben müssen. Das war natürlich nicht so. Ein anderer Reporter hat eine Tafel bei einem Friseur fotografiert, auf der ein paar Frisuren mit Nummern abgebildet war – von eins bis zwanzig oder so. Der hat dann geschrieben, in Nordkorea seien nur diese zwanzig Frisuren erlaubt. Das ist absolut lächerlich. So eine Tafel hängt bei jedem Friseur, auch in Wien - und wenn ich eine andere Frisur haben will, dann kann ich auch eine andere Frisur haben."

Foto: Isabella Krapf

Anstatt über das politische System und die Menschenrechtslage in Nordkorea spricht Isabella Krapf lieber über ihr Instrument. Nach Auftritten höre sie immer wieder den Satz: "Ich habe nicht gewusst, dass eine Mundharmonika so klingen kann!" Sie sei gerade deshalb so faszinierend, sagt Krapf, weil sie als Instrument nicht wirklich anerkannt ist. "Die Leute glauben, es ist so einfach, das kann eh jeder und das hat man ganz schnell heraußen. Tatsächlich steckt in einer Mundharmonika viel mehr. Sie wird aber oft unterschätzt."

Um eine Mundharmonika richtig spielen zu können, braucht man gute Atemtechnik und hohe Körperspannung. Nach einem Livegig sei sie oft so erschöpft wie nach einem sportlichen Wettkampf, sagt Isabella Krapf. Wünschen würde sie sich, dass das Instrument hierzulande wieder populär wird – indem es zum Beispiel wieder an Musikschulen unterrichtet wird. Das ist derzeit nicht der Fall – aber Liveauftritte von Isabella Krapf in verschiedernsten Ensembles kann man immer wieder erleben.