Erstellt am: 11. 11. 2015 - 12:29 Uhr
Happy Birthday Kathleen Hanna!
Radiotipp
Kathleen Hanna-Spezial: Mittwoch Abend im FM4 House of Pain/ The Basement Show. 30 Minuten mit Interviews und Archivsnippets, präsentiert von Alex Augustin. Ab 22 Uhr. Danach 7 Tage FM4.
Mehr:
Ohne Kathleen Hanna wäre die Welt schlecht: Susi Ondrusova über Kathleen Hanna.
Ohne Kathleen Hanna wäre der Nirvana-Hit „Smells Like Teen Spirit“ nie passiert. Dany Derntl über die Freundschaft zwischen Kathleen Hanna und Kurt Cobain.
Filmtipp: The Punk Singer, von Sini Anderson (2013).
Das ist das erste Bild, das ich sehe, wenn ich nach Hause komme. Es ist das letzte, das ich sehe, wenn ich meine Wohnung verlasse. Ein gerahmtes Foto von Kathleen Hanna. Es erinnert mich daran, nur die Dinge zu tun, die ich selber tun will. Nicht das zu tun, das andere von mir erwarten, auch wenn das bedeutet, öfter mal anzuecken.
Alexandra Augustin/ FM4
Kathleen Hanna bin ich das erste Mal als junge Frau begegnet, Anfang der 2000er. Bei Punk-Konzerten ging es ruppig zu. Der Moshpit war voller Männer, die sich in die Fresse gehauen haben. Ich hatte die Schnauze voll, genauso von stereotypen Rollenbildern. Wer Punk sein wollte, musste auch "wie ein Punk" aussehen. Springerstiefel, viele Nieten. Junge Frauen trugen löchrige Pullis. Irgendwie wirkten die aber trotzdem niedlich.
Lange Haare, Rock? Da wurde man in die Tussi-Ecke abgeschoben und die Credibility in Frage gestellt. Ich landete dann immer öfter nicht mehr auf Punkshows, sondern ging lieber tanzen. Die Clubkultur eröffnete eine völlig neue Welt. Die tat weniger weh. Es war die Nummer „Deceptacon“ von der ersten Le Tigre-Platte, die mir das Gehirn weggeblasen hat. Popmusik, geparrt mit feministischen und politischen Themen. Körper und Geist gleichzeitig gefordert und nicht nur leeres Dahergeseiere oder dröhnende Beats.
Erst danach entdeckte ich ihre Vorgängerband Bikini Kill. Schwere Gitarren, brachiale Drums, gepaart mit einer wütenden Frauenstimme. Frauenstimmen, die klangen Anfang der 2000er sonst anbiedernd fröhlich.
Es ist das Lied „Double Dare Ya“, das ich immer höre, wenn mich jemand kleinmachen will oder wie zuletzt, beim Platten auflegen, blöd anmacht. Ich bin keine Musikerin, aber ich arbeite hobbymäßig als DJ. Ziemlich sicher passiert jedes Mal die gleiche Geschichte: Ich werde von einem Typen blöd angeredet oder jemand stellt sich ungefragt neben mich und glaubt, sich einmischen zu müssen und überschreitet Grenzen. Würde das einem männlichen DJ passieren? Seltener. Vor kurzem habe ich einen Herrn lautstark von der Bühne vertrieben und eine Bikini Kill-Nummer aufgelegt.
Rights? You DO have rights!
"Dare ya to do what you want. Dare ya to be who you will", singt Kathleen Hanna. Wehr dich, wenn jemand deine Grenzen überschreitet. Und machen wir uns nichts vor: Als Frau in dieser Gesellschaft, als Musikerin und Künstlerin ist die Welt 2015 immer noch in Schieflage. Das gleiche Gehalt wie Männer zu bekommen, als Wissenschaftlerin respektiert und als Künstlerin wahrgenommen zu werden: Harte Arbeit, auch 2015 noch.
Und die Geschichte der Riot Grrrl-Bewegung, die in den frühen 1990er Jahren an der amerikanischen Westküste entstanden ist, muss man immer wieder auffrischen, damit der Spirit weitergelebt werden kann. Es braucht mehr Frauen wie Kathleen Hanna. Und es gibt sie. Hier sind einige die hierzulande Musik machen. Girls to the Front!
Nicoletta Hernández
Bands: Mopedrock, Cry Baby, Lime Crush
Nicoletta Hernández
Bikini Kill habe ich mit 14 oder 15 entdeckt. Das war ein super Zeitpunkt, für ein Teenager-Mädchen wie mich war Kathleen das perfekte Role Model, eine meiner Superheldinnen und nicht zuletzt eine Mentorin in Sachen Feminismus. Ihre Songtexte sind so eindringlich und fordernd, das hat mich immer stark ermutigt und inspiriert. Mit Le Tigre wurde das alles noch greifbar, da konnte ich auf Konzerte gehen, auf die neue CD hinfiebern und auf ihrer Website alles mitverfolgen. Das war einzigartig für mich und ich habe mich gut aufgehoben gefühlt.
Lieblingssong:
Katarina Trenk
Bands/ Projekte: Sex Jams, Leeloo, Coach am Girls Rock Camp
Lena Gold
Ich habe Kathleen erst spät entdeckt, da stand ich selbst schon auf der Bühne. Ein Fan war ganz außer sich und meinte “du bist die Kathleen Hanna von Österreich, endlich!" Haha. Ich werde nie vergessen wie er geschaut hat, als ich gemeint habe: „Wer ist das“? Danach hab ich gecheckt, dass das das schönste Kompliment ever war und war ziemlich traurig, dass ich meine Teenagerzeit nicht damit verbrachte habe, Bikini Kill-Texte in die Straßen zu schreien und Zines mit Freundinnen zu machen. Zu Kathleen Hanna war sofort eine Verbundenheit da. Ich hörte sie und fühlte mich sofort verstanden, wie so viele Frauen vor mir, mit und nach mir.
Das ist das Besondere an ihr. Ich habe Feminismus immer gelebt, es war etwas Natürliches. Kathleen Hanna war aber der Auslöser, dass ich mich mit dem Feminismus intensiver auseinander gesetzt habe. Ich habe mich in die Direktheit von Bikini Kill verliebt und in Kathleens Mut, Neues auszuprobieren. Julie Ruin, dann Le Tigre. Jetzt The Julie Ruin. Es tut gut zu wissen, dass sie damals aufgemischt hat und noch immer da ist.
Mein Lieblingssong ist „New Kicks“. Er besteht aus Sprachsamples, die Kathleen Hanna während einer Anti-Kriegs-Demo aufgenommen hat. Zu hören sind auch Amy Goodman und Susan Sarandon. Kathleen singt auf der Nummer gar nicht. Le Tigre waren bekannt für ihre politische Message und haben dabei immer einen humorvollen Zugang gefunden, daher finde ich diesen direkten Sound super. Das war auch die erste Single von „This Island“, das 2004 beim Major Label Universal erschienen ist. Find ich stark.
Lieblingssong:
Ana Threat
Bands/ Projekte: Ana Threat, The Happy Kids, Kristy and the Kraks, Trash Rock Productions
Ana Threat
Bikini Kill gingen zu deren Lebzeiten komplett an mir vorbei. Das war für einen Linzer Teenager in den 1990er Jahren aber ziemlich leicht: das Internet schwamm noch in Abrahams Wurstkessel, die nur zwei Jahre lang bestehende OÖ-Dependence des Rave Up hatte mich als 15-Jährige bei meinem ersten und einzigen Besuch tödlich beleidigt (“GG Allin suchst? Hahaha!”), und das MTV-Schauen hatte sich spätestens mit dem Wegzug vom elterlichen Kabelfernsehen erledigt. Mein Musikkosmos bestand aus den Anarchopunk- und Hardcore-Bands, mit denen ich mir in der Kapu, der STWST oder beim Touren durch die Autonomen Jugendzentren Deutschlands die Bühne teilte – und das waren zu 95% Dudes.
Man stelle sich die Offenbarung vor, die sich einstellte, als mir „Pussy Whipped“ von Bikini Kill 1998 zufällig in die Finger kam. Eine dezidiert feministische Punkettenband! Endlich! Zu “Hamster Baby” habe ich dann stundenlang Gitarrensound nachstellen geübt. Eternal Danks!
Lieblingssong:
Franziska Schwarz
Band: Aivery
Bubu Dujmic
Kathleen Hanna. Erstkontakt war für mich das von ihr gesungene Intro des Songs „Letterbomb“ von Green Day. Damals war ich 14 und habe noch nie ein Wort von Riot Grrrl gehört. Vor allem durch das Girls Rock Camp stieß ich seit dem immer wieder und immer öfter auf sie und ihre Bands. Anfangs waren das nur einzelne Songs, im Lauf der Zeit entwickelte sich mein Interesse zu Kathleen Hanna zu einer leichten Obsession.
Finde mal jemanden, die so performt und nicht Kathleen Hanna ist. Vorbildwirkung ist also enorm. Ihr Album „Julie Ruin“ (1998) hat sie allein aufgenommen, allein eingespielt, allein geschrieben. Dinge einfach machen, etwas, das ich mir selbst immer sage und extrem bewundernswert finde. Außerdem sind ihre musikalischen Projekte ausnahmslos super, egal ob Punk oder Electro Pop. Die Riot Grrrl Bewegung hat keine Leaderin, aber Kathleen Hanna ist einfach ‚das’ Idol für viele die sich damit identifizieren.
Lieblingssong:
Veronika Eberhart
Bands: Tirana, Plaided, Lime Crush, Cry Baby, Ilsebill
Andi Dvořák
Das Le Tigre Konzert 2002 in der Szene Wien war für mich eine totale Offenbarung. Relativ frisch in Wien ging ich zu dieser Zeit oft allein auf Punk- und Indie Konzerte und war dabei immer wieder mit Anmachen und Übergriffen konfrontiert. So auch an diesem Abend, aber anders als sonst waren da gleich zwei Frauen, die sich lautstark für mich einsetzten. Diese Art von Solidarisierung hab ich noch nie zuvor auf einer Show erlebt.
Ich spürte sofort, dass es hier um mehr als nur um Musik geht, nämlich den Umgang miteinander und sich nicht jeden Scheiß gefallen lassen zu müssen. Bikini Kill lernte ich kurz später kennen und lieben, ihr Musikverständnis und das dabei vorgelebte Zusammendenken von Punk und Feminismus, find ich nach wie vor sehr inspirierend. Ein Lieblings-Kathleen Hanna-Moment ist für mich ihr Beitrag auf dem Mike Watt-Album (den ich auch sehr schätze) "Ball-Hog or Tugboat?". Ich mag, dass die beiden Freund_innen sind und trotzdem Kontroversen zulassen.
Lieblingssong:
Vera Kropf
Vera Kropf
Ironischerweise die bekannteste Phrase, die wir von einer Frau kennen, die die jüngere Musikgeschichte selbst so entschieden beeinflusst hat, ist der Titel eines Liedes einer anderen Band.
Der Slogan einer ganzen Generation nebenbei. Kathleen Hannah hat den Satz an die Wand des Nirvana-Sängers gesprayt: “One night we all got fucked up, and Kathleen had some spray paint, and in Kurt’s bedroom she spray-painted: ‘Kurt Smells Like Teen Spirit’“.
Danke an Wikipedia fuer den Credit: "At the time, Kurt was unaware that Kathleen was referring to a deodorant marketed specifically to young women.” Kurts damalige Freundin verwendete dieses Deodorant. “And it wasn’t until the song actually came out that someone said: ‘It’s strange that you wrote a song about a woman’s deodorant.’ And he said: ‘I did?’”
Lieblingssong:
Karin Fisslthaler
Performt als: Cherry Sunkist
Kaja Brezotnik
Kathleen Hannah ist eine absolute Ikone, die dennoch etwas Erreichbares bewahrt hat. Sie war, vor allem als ich selbst begonnen habe Musik zu produzieren, unglaublich wichtig für mich. Das Le Tigre Konzert im alten Fluc bleibt unvergesslich! Kathleen und ihre Kompliz_innen haben vielen von uns Wege gezeigt feministisch-politische Anliegen mit Elektronischer Punkmusik, Coolness, Mode und Kunst zu verbinden. Wir können so vieles und es muss nicht perfekt sein!
Lieblingssong:
We say: Happy Birthday Kathleen Hanna!