Erstellt am: 2. 11. 2015 - 17:53 Uhr
Paradijz Lost
Showdown Records
Als Keno vor ein paar Jahren nach Griechenland und in die Türkei gereist ist, um von dort mit seinem Rucksack zurück nach München zu trampen, war die aktuelle Flüchtlingskrise in ihrer heutigen Dimension nicht abzusehen. Dass er sich auf jener Route bewegte, die jetzt täglich tausende Menschen aus Krisengebieten in Richtung Westen nehmen, konnte er damals nicht wissen.
Nach mehreren Alben mit seiner Band "Creme Fresh" (bei der damals auch Fatoni war) und zahlreichen Auftritten und Releases mit Moop Mama, wollte Keno mal kurz raus aus dem Alltag und seine "comfort zone" verlassen.
Während dieser Reisen hat er sich viele Notizen gemacht und diese dann zu einem anspruchsvollen, inhaltlich sehr zeitgemäßen Album verdichtet, das fast so klingt, als wäre es der Soundtrack der Gegenwart. Wobei das alles mehr Zufall als Planung war, denn "Paradijz Lost" ist schon seit längerem fertig und nicht erst im Zuge der aktuellen politischen Situation entstanden. Songs zu Themen wie Migration, Reisefreiheit, Landwirtschaft, Ausbeutung und Umweltverschmutzung prägen "Paradijz Lost".
Geschlossene Gesellschaft
Im Song "Geschlossene Gesellschaft" erzählt Keno von seinem deutschen Reisepass, der ihm - ähnlich wie V.I.P.-Pässe bei Festivals - freie Durchreise auf all seinen Routen gewährt hat. Während er von Zöllnern durchgewunken wurde, mussten Menschen mit weniger attraktiven Dokumenten oft zeitaufwändige Kontrollen und Reiseunterbrechungen bzw. Limitierungen in Kauf nehmen.
Die Musik auf seinem Album basiert größtenteils auf Samples türkischer Rock-Musik aus den 70er Jahren, die er während seiner Reise gesammelt hat. Anhand dieser Sounds konnte der Produzent "Flying Pussyfoot" passende Instrumentals für die Storyteller-Raps von Keno basteln.
Paradijz Lost
Der Titel der Platte ist inspiriert vom Wort "Paradeiser". Die Tomate spielt auch eine prominente Rolle im Titeltrack, der den Weg einer geschmacklosen roten Glashaus-Frucht aus Südost-Europa in eines unserer prallen Supermarkt-Regale beschreibt.
In der zweiten Strophe beschreibt er den Weg einer Plastiktüte, die vom Wind verweht in Richtung Meer getrieben wird, wo sie sich vereint im "Plastiktüten Nirvana", einem großen Müllstrudel, wo sie in tausende giftige Einzelteile zerrieben wird.
Keno kreiert mit seinen Texten viele Bilder und präsentiert ein stimmiges, sehr schön gemachtes Rap-Album, das wie oben bereits beschrieben, perfekt in die Gegenwart passt.