Erstellt am: 28. 10. 2015 - 14:30 Uhr
Dimitrow, der Tennisheld
"Er ist aber schon ziemlich süß, nicht wahr?" Meine Freundin Dani und ich schauen uns ein Interview mit dem bulgarischen Tennisspieler Grigor Dimitrow an. Er ist der erste Landsmann von uns, der es je in die Top 10 geschafft hat. Außerdem war er für eine Weile ständig in den High Society News wegen seiner Beziehung mit seiner Kollegin und Sexsymbol Maria Scharapowa.
Dimitrows Sternstunde schlug vor einigen Jahren, als er die damalige (und auch jetzige) Nummer 1 der Welt, Novak Djokovic, besiegte. Dieses Spiel wurde von einer bulgarischen Tageszeitung so kommentiert: "Grigor Dimitrow hat endlich den großbulgarischen Traum erfüllt: Die Serben zu schlagen und die Russen zu ficken!" Ich habe das Spiel damals gesehen und ich glaube, das ist das einzige Tennisspiel in meinem Leben, das ich vom Anfang bis zum Ende verfolgt habe.

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Nach dem Spiel gab Dimitrow Interviews für die größten Sportmedien der Welt, gefüllt mit bombastischen Aussagen. Er verkündete, dass er sehr bald ein Grand-Slam-Turnier gewinnen würde und er die zukünftige Nummer 1 der Welt sei. Sehr selten sprach Dimitrow mit bulgarischen Medien, und wenn überhaupt, dann in gebrochenem Bulgarisch. Aber das ist auch verständlich, seit frühem Kindesalter lebt er im Ausland. In Paris, in Los Angeles, in Monaco. In Monaco lebt er gerade wahrscheinlich wegen der Steuern. Und das mit Recht – vor zwei Jahren verdiente er Millionen.
Bis zur letzten Saison. Denn die verlief für Grigor Dimitrow schwach. Er verlor ein Spiel nach dem anderen und schied immer früh aus. Er suchte auch ständig nach den Gründen für den Misserfolg – er wechselte seine Trainer und seinen Stil. Als Krönung der Pechsträhne machte er Schluss mit Scharapowa. Die High-Society-Reporter interessierten sich nicht mehr für ihn. Wenn schon, dann wurde er nur als "Scharapowas Exfreund" erwähnt, und nur darauf reduziert zu werden kann nie gut für ein Selbstbewusstsein sein.
In Bulgarien verlor er auch langsam seinen Superstarstatus. Nachdem er einige Spiele für Bulgariens Nationalmannschaft für den Davis Cup bestritt, weigerte er sich, im alles entscheidenden Playoff mitzumachen. Als Grund dafür gab er sein überfülltes Programm an. Während des Spiels aber twitterte er ein Foto, auf dem er am Strand liegt.
Trotz seiner Pause spielte Dimitrow danach nicht besser und in Bulgarien fingen die Leute an, ihn als Volksverräter zu bezeichnen.
In dem Interview, das wir mit Dani schauen, sehen wir einen ruhigeren und bescheidenen Dimitrow. Er weigert sich, sich mit Djokovic und Federer zu vergleichen. Ich verstehe Dani, die ihn süß findet. Der Misserfolg hat ihn sympathischer gemacht.
Heute Abend spielt Grigor Dimitrow gegen Rafael Nadal in Basel. Er hat noch nie gegen diesen Gegner gewonnen. Ich drücke ihm die Daumen.