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Susi Ondrušová

Preview / Review

18. 10. 2015 - 17:38

FM4 Indiekiste mit Glen Hansard

Eine Messe mit Freunden und ein neues Album, von dem man nicht so recht weiß, was man halten soll.

Glen Hansard/Anti

"Didn´t He Ramble"

Natürlich war das Konzert gestern ausverkauft. Der irische Musiker spielt seit mehr als zehn Jahren regelmäßig in Österreich - dafür braucht es nicht den Zusatz "Oscarpreisträger", um die 1865 Sitzpläte im Wiener Konzerthaus zu füllen.

Glen Hansard ist hier schließlich auch irgendwie zuhause, das lässt er jedenfalls das Publikum spüren. Vielleicht macht er das mit dem Publikum in Bremen genau so wie in Wien - es ist ihm zuzutrauen, der gute Mann hat schließlich ein Gespür dafür, Menschen in den richtigen Momenten zu berühren: seine Entertainment-Kunst hat er als Straßenmusiker perfektioniert.

"...And you're gonna need, all the help you can get,So lift up your arms now, and reach for it,..."Heute war Glen...

Posted by Train of Hope - Hauptbahnhof Wien #hbfvie on Saturday, October 17, 2015

Neben Alben mit den Frames, die heuer mit der Best-Of-Compilation "Longitude" auf ihr 25-jähriges Jubiläum aufmerksam machen, hat Hansard mit der tschechischen Musikerin Marketa Irglova unter dem Namen "The Swell Season" Alben veröffentlicht und die Welt bereist. Im Film "Once" war er zu sehen, ein Musical ist aus dem Film auch geworden. Ein Oscar usw. usf. Freundschaften mit Eddie Vedder und Bruce Springsteen. Wie die Leute auf seine Musik aufmerksam werden ist egal, sie hören ihm zu. Das merkt man, wenn man sich in den Reihen umschaut, wer die Lippen nicht passend zum Song bewegt, umarmt seine Begleitung, lacht, schaut aufmerksam Richtung Bühne.

ondrusova

Als ob der Konzertraum selber nicht schon großartig genug wäre, schaffen die Lichtsäulen auf der Bühne, die die Band umgeben, und ein Ölgemälde, das im Hintergrund hängt, eine sehr schöne Wohnzimmer-Athmosphäre. Keine Ablenkung, nur die Songs und ihre Musiker. Das Konzert beginnt mit der ersten Nummer vom neuen Album: "Grace Beneath The Pines", von Streichern begleitet. Hansard steht neben dem Mikro und singt unverstärkt. Vor fast jedem Lied ist aus einer anderen Ecke des Saales ein "Yeah" zu hören. Jeder im Raum hat einen Lieblingssong, zum Beispiel "Falling Slowly" - von man geglaubt hat, man werde ihn gar nie wieder hören, nachdem er vom "Once"-Musical beschlagnahmt wurde, oder "This Gift" oder Mic Christopher´s "I´ve Got Your Back", für das Hansard auf den Tisch vom Lichttechniker klettert und unverstärkt in der Mitte vom Saal performt.

Die neuen Songs vom Album klingen teilweise - sagen wir mal - falsch. "Lowly Deserter" ist wie ein Cover eines traditional folk songs. Wie Malen nach Zahlen. Das fertige Bild ist eh auch schön, aber originell ist was anderes.


Ich bin ja der Meinung, jede Rockband sollte eine Horn Section mit auf Tour nehmen - aber selbst mit passt ein Song wie "Her Mercy", der im Konzert und auf Platte so einen Gospel-Halleluja-Moment herbei beschwört, dann doch nicht so recht ins Oeuvre dieses von mir so hochgeschätzten Singer/Songwriters. Es ist der Van Morrisson-Song, den Van Morrisson schon zigmal so gesungen hat. Nicht, dass er nicht irgendwie auch Spaß macht, nicht dass man nicht seine Arme in die Höhe reißen möchte, aber spätestens als ich den Satz "wie Sachertorte mit Nutella statt Marmelade" ins Handy tippe, merke ich, dass ich noch altmodischer als die Musik bin, die ich mir da anhöre. Nicht dass ich jetzt keine Streichschokolade mehr mag, aber vielleicht esse ich jetzt ein paar Tage Gemüse und ähnliches.

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