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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

13. 10. 2015 - 16:25

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 13-10-15.

Umstellung auf die Mittelstrecke und andere Geschichten: was Österreichs Fußballvertreter bei der Euro 16 erwartet.

#fußballjournal15

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Das jüngste ÖFB-Aufgebot war das hier:

Tor: Robert Almer (Austria), Heinz Lindner (Eintracht Frankfurt/D), Ramazan Özcan (Ingolstadt/D); Auf Abruf: Andreas Lukse (Altach).

Abwehr: Florian Klein (VfB Stuttgart/D), György Garics (Darmstadt/D), Aleksandar Dragovic (Dyn. Kiew/UKR), Sebastian Prödl (Watford/ ENG), Kevin Wimmer (Tottenham/ENG), Michael Madl (Sturm), Christian Fuchs (Leicester/ENG), Markus Suttner (Ingolstadt/ D); Auf Abruf: Christopher Trimmel (Union Berlin/D), Stefan Lainer, Andreas Ulmer (RB Salzburg), Christopher Dibon, Stefan Stangl (Rapid).

Mittelfeld: David Alaba (Bayern München/D), Julian Baumgartlinger (Mainz/D), Stefan Schwab (Rapid), Stefan Ilsanker, Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/D), Jakob Jantscher (Luzern/SUI), Marko Arnautovic (Stoke/ENG), Martin Harnik (VfB Stuttgart/D);
Auf Abruf: Robert Gucher (Frosinone/ITA), Andreas Ivanschitz (Seattle/USA), Florian Kainz, Philipp Schobesberger (Rapid), Guido Burgstaller (Nürnberg/D), Karim Onisiwo (Mattersburg).

Angriff: Lukas Hinterseer (Ingolstadt/D), Rubin Okotie (1860 München/D), Marc Janko (Basel/SUI); Auf Abruf: Andreas Weimann (Derby County/ ENG), Michael Gregoritsch (Hamburger SV/D).

Verletzt sind Martin Hinteregger, Christoph Leitgeb, Yasin Pehlivan, Valentino Lazaro (RB Salzburg) sowie Veli Kavlak (Besiktas/TUR) und Louis Schaub (Rapid).

Bei der U21 waren neben Gregoritsch ua Alessandro Schöpf (Nürnberg/D), Lukas Gugganig (FSV Frankfurt/D), Philipp Lienhart (Real Madrid/ SPA), Sebastian Wimmer (Wolfsburg/D), Dominik Wydra (Paderborn/D), Florian Grillitsch (Werder Bremen/D), Christoph Martschinko, Kevin Friesenbichler (Austria)...

Im erweiterten Kader: Cican Stankovic (RB Salzburg), Thomas Gebauer (Ried); Emanuel Pogatetz (Columbus/USA), Michael Liendl (1860 München/D), Marco Djuricin (Brentford/ENG), Philip Hosiner (Köln/D) und Philipp Zulechner (Austria).

Out: Mika Gspurning (Schalke/D), Marco Knaller (Sand-hausen/D), Michael Langer (Valeranga/NOR); Georg Teigl, Stefan Hierländer (RB Leipzig/D), Patrick Farkas (Matters-burg), Emir Dilaver (Ferencváros/ UNG), Markus Berger (Tondela/ POR), Mario Sonnleitner (Rapid), Stipe Vucur (Kaiserslautern/D), Niklas Hoheneder (Paderborn/D), Georg Margreitter (Nürnberg/D), Lukas Spendlhofer,Tanju Kayhan (Sturm); Raphael Holzhauser (Austria), Stefan Kulovits (Sandhausen/D), Konstantin Kerschbaumer (Brentford/ENG), Kevin Stöger (Paderborn/D), Tomas Simkovic (Kostanay/KAZ), Marcel Ritzmaier (Nijmegen/NED), Muhammed Ildiz (Gaziantep/TUR), Ümit Korkmaz (Rize/TUR), Alexander Grünwald, Alexander Gorgon (Austria), Thorsten Schick (Sturm), Robert Zulj (Gr. Fürth/D), Daniel Royer, Martin Pusic (Midtjylland/ DEN), Adthe Nuhiu (Sheffield Wed./ENG), Erwin Hoffer (Karlsruher SC/D), Sandro Gotal (St.Gallen/SUI), Darko Bodul (Dundee U./SCO) uvam

Rücktritt: Martin Stranzl (Gladbach/D), Alexander Manninger (Augsburg/D).
Unangefragt: Jonathan Schmid (Hoffenheim/D), Ashley Barnes (Burnley/ ENG). Für andere Nationen spielen Moritz Leitner (VfB Stuttgart/D), Marin Leovac (Rijeka/CRO), Anel Hadzic (Sturm), Benny Feilhaber (Kansas/USA) oder Marcel Büchel (Empoli/ITA).

1

Wenn ein einzelnes Länderspiel ein 100-Meter-Sprint ist, und die gesamte 14-monatige Qualifikations-Strecke ein Marathon, dann darf man das Turnier, für das all diese Mühen auf sich genommen werden, das Mittelstrecke bezeichnen, wie etwa die 1500 Meter. Es braucht das Stehvermögen und Sprintqualität, Ellbogen und Taktik gleichermaßen, also eine sehr spezielle mentale Vorbereitung um die im Fall Österreichs fehlende Erfahrung zu kompensieren. Sprich: um nicht die Fehler von Hickersberger 90 und Prohaska 98, den beiden lauwarmen, armselig-defensiven und hochgradig enttäuschenden WM-Auftritten der Zeit nach dem letzten kompetativen Team (72 - 82, von Stastny bis Gijon) zu machen.

2

Dieser Tage hat ein DFB-Spieler nach den durchaus schwachen Quali-Resultaten der Deutschen gemeint, das wäre alles egal und nächstes Jahr vergessen - wirklich wichtig wäre, dass das Trainingslager direkt vor der Euro gut verläuft. Das Ganze gilt natürlich auch umgekehrt: die brillante österreichische Quali-Strecke zählt nächstes Jahr elf - wirklich wichtig ist die gezielte Vorbereitung auf die sehr speziellen Anforderungen eines großen Turniers.

3

Die da wären:

A) englische Wochen bis zum Turnierende, drei Spiele in neun bis elf Tagen, danach, ebenfalls im drei-vier-Tage-Rhythmus, das eventuelle Achtel- und Viertelfinale usw. Auf österreichisch übersetzt heißt das: andauernde Doppelbelastung. Etwas, was zb Bundesliga-Kicker (abseits von Salzburg und aktuell wieder Rapid) nicht schaffen.

B) permanenter direkter und indirekter Mediendruck. Der Boulevard wird mit nicht zu überbietender Blödheit und an den englischen Tabloids orientierer Perfidie agieren, im Erfolgsfall die eigene Rolle überbetonen und für den Misserfolgsfall Sündenböcke (Arnautovic) bereithalten, Social Media wird all das auch ins Österreicher-Quartier transportieren und nur Hartgesottene und Teflon-Burschen werden das von sich aus aushalten/ignorieren können. Nicht dass die ÖFB-Kicker in dieser Angelegenheit schon Bewusstsein und Rückgrat bewiesen hätten, aber: Vor allem jene, die diese Art der personalisierten hate-Schreibe nicht (aus Deutschland, der Türkei oder England) kennen, brauchen eine intensive Einschulung.

C) Lagerkollergefahr bei Wochen über Wochen im Dauerskikurs; bei dem es noch dazu gilt den Spirit aktiv hochzuhalten. Ganz im Gegensatz zu Trainingslagern, die den Sinn haben sich fokussiert und gezielt für künftige Aufgaben vorzubereiten, ist das Teamlager bei einem großen Turnier reine Kopfsache. Insofern ist es zum Beispiel ganz praktisch, dass sich eben Sebastian Prödl eingespielt hat um Martin Hinteregger zu ersetzen. Prödl (als Kapitän und Chef der 2007 U20-WM-Halbfinalisten und als EM-Teilnehmer '08) ist prädestiniert für Camp-Leadership, Hinteregger, der eine solche Situation bislang bewusst vermied (etwa als er sich 2011 für die U20-Wm in Kolumbien quasi krankschreiben ließ) weil er lieber am Hochstand lauert als am Pool lungert, wird Probleme bekommen.

D) Turniererfahrung.
Und die haben dann doch gar nicht so wenige Spieler. Aber auch nicht so viele, wie man sich's wünschen würde. Und wie bei den großen Nationen, die durch permanente Endrunden-Teilnahmen eine Tradition des Umgangs damit erwirtschaftet haben, die auch an die nachrückenden Jahrgänge weitergegeben werden kann. Nicht ohne Grund sind 23 der letzten 32 Semifinal-Slots bei Europameisterschaften von den big 7 (Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, England, Niederlande, Portugal) belegt worden und nur 9 von anderen Nationen (bei Weltmeisterschaften steht es, durchaus vergleichbar 18:5).

Bei der letzten Euro kamen nur deshalb zwei Mannschaften die nicht den Big 7 angehören ins Viertelfinale, weil in Gruppe A nur Außenseiter gelost wurden. Dass Qualität allein nicht genügt zeigte sich bei der letzten WM etwa am Beispiel Belgien.

Erfahrungswerte in dieser Hinsicht haben folgende Herren in ihren fußballerischen Kern-Codes gespeichert: Lukse, Prödl, Suttner, Madl, Kavlak, Junuzovic, Harnik, Hoffer und Okotie (um alle im weiteren Kreis noch in Frage Kommenden zu nennen) haben 2007 in Kanada drei Wochen lang auf Top-Level zusammengespielt.

Bei der (erfolglosen, in Österreich stattfindenden) U19-EM direkt danach aus diesem Team nur noch Rubin Okotie sowie Hinum und der jetzige TV-Experte Hackmair auch mit dabei. Sonst noch im Aufgebot: Baumgartlinger, Arnautovic und Ex-Talente wie Margreitter, Beichler oder Bukva.

Die Heim-EM 2008 bestritten mit Özcan, Garics, Pogatetz, Fuchs, Prödl, Leitgeb, Ivanschitz, Korkmaz, Hoffer und Harnik auch einige jetzt noch verfügbare Akteure; allerdings eben auch nur drei eher vercoachte Matches.

Bei der U19-EM 2009 in Frankreich (3 Spiele, 3. Gruppenplatz, dadurch WM-Quali) war David Alaba Teil eines Teams mit Kollegen wie Weimann, Gucher, Djuricin, Dilaver, Teigl, Klem, Trauner oder Knasmüllner.
Bei den drei verkackten Matches in Kolumbien 2011 (bei einer U20-WM, die mit zahllosen Absagen von vornherein wo gegeben wurde) waren mit Windbichler, Dilaver, Farkas, Gucher, Kevin Stöger, Teigl, Ziegl, Robert Zulj und Andreas Weimann nur noch Akteure des weiteren Kreises dabei.

Aus den immer noch jugendlichen Teilnehmern der U17-EM/WM 2013 sticht der sonst immer geschonte/verletzte Tino Lazaro hervor, aus den Kadern der U19-EM 2014 bzw der U20-WM 2015 Lukas Gugganig, Philipp Lienhart, Florian Grillitsch und Sinan Bytyqi.

All diese Spieler wissen, wie sich ein großes Turnier anfühlt. Eine kleine Zahl (nicht einmal zehn) weiß zudem, was es bedeutet, über die Gruppenspiele hinaus zu kommen.

E) Internationale Erfahrung. Denn neben dem Drei-Tages-Rhythmus, also der Gewöhnung an die berühmten englischen Wochen, und neben dem Erleben eines Turniers samt Kasernierung, Gruppenhaft, viel zu viel Zeit zum Denken, überhöhtem Mediendruck etc. braucht es vor allem in den Spielen gegen geviefte Konkurrenz die entsprechende Erfahrung im Umgang mit Unerwartetem. Ganz abseits von allem, was einem Coaches und Team mitgeben, abnehmen können, auf ganz persönlicher Ebene. Wer nur die heimische Liga kennt und im europäischen Bewerb nur gegen andere kleine Teams angetreten ist, wird damit nicht zurechtkommen.

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Um diesen Grundanforderungen gerecht zu werden, muss Marcel Koller nichts Großes verändern, sondern nur seinem prinzipiellen Kurs treu bleiben. Schon bisher wurde die Legionärs-Erfahrung von ihm deutlich über alles Andere gestellt. Einladungen wie die jüngst an Stefan Schwab ausgesprochene sind eher aus Höflichkeit denn aus sportlicher Dringlichkeit geboren. Robert Almer hätte es als Tormann in Österreich nie zur Nummer 1 geschafft, allein das Training bei einem deutschen Bundesligisten wurde von Koller höher bewertet als Spielpraxis in der österreichischen Bundesliga (deren Wertigkeit - wieder einmal - von Ralf Rangnick in einer aktuellen Aussage in aller gebotenen Härte beschrieben wird).

Das letzte (nebenstehende) Aufgebot ist dann auch konsequent so ausgerichtet, dass sich neben aktuellen und ehemaligen Legionären, Salzburgern und Rapidler nur drei Ausnahmen finden: Madl und Lukse, die U20-WM-Teilnehmer und Onisiwo, der wohl schon im Winter künftige Legionär.

Wer also nach dem Wintertransfer-Fenster nicht einem der nötigen Kriterien entspricht, hat nicht einmal eine Chance auf den 38/40er-Großkader für den März 2016.

Eine genaue personelle Preview folgt morgen an dieser Stelle.