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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

11. 10. 2015 - 13:54

Everlasting Love

Der Song zum Sonntag: Majical Cloudz - "Downtown"

Im Evergreen "Downtown" von Petula Clark aus dem Jahr 1964 wurde die Innenstadt als ein blinkender und vibrierender Sehnsuchtsort zelebriert, als das pulsierende Herz der Megacity, wenn nicht gar der ganzen Welt. Für das aus Montreal stammende Synthie-Pop-Duo Majical Cloudz sieht in ihrem neuen gleichnamigen Song die Sache anders aus: Hier ist "Downtown" eine seltsam beäugte, nicht ganz geheuere Schweinwelt. Eine Scheinwelt, die man ab und zu besuchen, aber nicht bewohnen möchte.

Majical-Cloudz-Producer Matthew Otto hat diesen Song dunkelgrau gefärbt, Sänger und Kopf Devon Welsh macht in seinen schlanken Texten klar, dass dieses "Downtown" hier eben nur ein Platzhalter ist. Ein Platzhalter, für die komischen Dinge, die man manchmal gemeinsam mit einer geliebten Person unternimmt, weil man zu zweit gerade eben so ekstatisch und voller Saft ist:

"And we're going downtown, ‘cause we feel like running around."

Majical CLoudz

Majical Cloudz

Majical Cloudz

"Dowtown" ist eine Widmung an eine über die Maßen verehrte Person, über ein glorreiches Zusammensein, eine glückliche Selbstaufgabe. "Nothing you say will ever be wrong 'cause it just feels good being in your arms", heißt es gleich zu Beginn des Stückes. Doch selbst wenn bei den Majical Cloudz die Pracht der Liebe gefeiert wird, ist bei dieser Band selten alles Bubblegum und Sonnenlicht.

Demnächst erscheint das dritte Album namens "Are You Alone?", schon die erste Vorabsingle "Silver Car Crash" hat das absolute Verliebtsein und den Tod in Beziehung gesetzt und motivisch den The-Smiths-Klassiker "There Is A Light That Never Goes Out" vage zitiert: "I want to kiss you inside a car that's crashing and we will both die laughing 'cause there is nothing left to do and we will both die laughing while I am holding onto you", singt Devon Welsh da.

Hier knüpft auch "Downtown" an, auch hier wird gestorben: "And if suddenly I die I hope they will say that he was obsessed and it was okay." Ganz unzynisch lebt hier die Liebe weiter, gleichzeitig schwingt eine große Traurigkeit mit, ein Wissen, dass eine Ende kommen wird.

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Die Musik befördert dabei nicht die im Text transportierte Liebeseuphorie und ebensowenig das gemeinsam aufgekratzte Herumtollen. Kalter elektronischer Minimalismus steht dem wohligen Glühen in der Poesie gegenüber, zähflüssig dringen ein Surren und Summen aus dem Synthesizer, unbeeindruckt raschelt es im Billigkeyboard, monoton unvariiert.

Die Abwesenheit von Virtuosität unterstreicht die Dringlichkeit und die Notwendigkeit der Botschaft. Dieser Mann kann nicht anders, er will und muss sich schlicht hingeben. Auch bringt Devon Welsh den Großteil des Liedes in trockenem, abgeklärten Sprechsingsang vor, einzig im Refrain schwingt er sich zur Leidenschaft eines Karaokebar-Crooners auf, der meint, was er ins Mikrofon heult: "Is it really this fun when you're on my mind? Is it really this cool to be in your life?"

Am Ende singt Devon Welsh wiederholt die Zeilen der letzten Entrückung: "And I'm going crazy, crazy for you". Man muss es ihm glauben. Besessen und verrückt und froh dabei.