Erstellt am: 10. 10. 2015 - 14:02 Uhr
"Bycatch" - das Kartenspiel zur Überwachung
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Als Beifang (Bycatch) bezeichnen Fischer ja das, was sie an nicht Verwertbarem in ihren Netzen finden. Und eine Art Beifang verursachen Kampfdrohneneinsätze in Ländern wie Afghanistan, Jemen oder Pakistan, wenn versehentlich Unschuldige getötet werden. Genau darum geht es im Kartenspiel "Bycatch". Als Spieler schlüpft man in die Rolle eines Staates und hat die Aufgabe, seine Bürger zu schützen und Verdächtige anderswo zu eliminieren. Dass man dafür Unschuldige überwachen und sogar töten muss, ist schon nach ein paar Spielzügen klar.
Anna Masoner
Als Staat hat man seine Bürger quasi in Hand. Auf den Spielkarten befinden sich Portraits von Menschen, denen Zahlen zugeordnet sind. Eigene Bürgerinnen und Bürger bringt man in Sicherheit, indem man Bunker baut. Das funktioniert wie Straßenlegen beim Poker. Mehr Punkte bringt es allerdings, mit einem Luftschlag Karten aus der Hand eines Gegners zu entfernen - zumindest dann, wenn die gerade verdächtige Person unter den Opfern ist.
Michael Fiedler
Blöd ist, wenn beim Luftschlag kein Verdächtiger dabei ist, sondern nur Unschuldige. Collateral damage, wie das in der Militärsprache heißt. Dann gibt es Punkteabzug. Um das zu vermeiden, kann man die Karten seiner Gegner überwachen und da kommt das eigene Smartphone ins Spiel. Es verwandelt sich nämlich in eine Minidrohne, mit der man die Gegner überwacht. Das sorgt für ziemliche Verrenkungen, wenn man quer über dem Tisch blind ein Foto der Karten macht und so Informationen sammelt.
Michael Fiedler
Natürlich gibt es auch hier keine Garantie, dass einem das einen Vorteil verschafft oder die Infos in der nächsten Runde noch aktuell sind. Aufs Erste sind die verschiedenen Regeln und Spielehandlungen etwas verwirrend, aber nach ein paar Runden geht's ganz gut.
Nicht immer, aber oft genug bleiben einem die Pointen und zynischen Kommentare im Hals stecken. Und das ist das, was "Bycatch" will. Dazu tragen auch die Illustrationen bei. Auf stereotype Terrorist/innen verzichtet das Spiel bewusst, stattdessen finden sich Menschen aller Altersklassen, Religionen und Geschlechter auf der Abschussliste. Hinter dem Spiel stecken die in Brooklyn lebende Designerin Subalekha Udayasankar und das niederländische Studio Hubbub. Wie sie auf ihrer Webseite schreiben, wollten sie zeigen, dass es in der bizarren Realität des Drohnenkriegs unmöglich ist, die richtige Entscheidung zu treffen.
Anna Masoner
Beim Kartenspiel gewinnt derjenige, der am Schluss die meisten Verdächtigen eliminiert und dabei am wenigsten Schaden angerichtet hat. So eindeutig ist es in der Realität nie. Welche politische Botschaft das Spiel tatsächlich hinterlässt, da bin ich mir unsicher. Ganz sicher hinterlässt es ein mulmiges Gefühl.