Erstellt am: 10. 10. 2015 - 10:03 Uhr
The daily Blumenau. Extra Edition, 10-10-15.
#fußballjournal15
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Eine Nachlese zum Länderspiel Österreichs EM-Quali-Match in Montenegro, diesmal aus diversen Gründen nicht im Live-Begleitungsmodus.
Das ÖFB-Team
Tor: Robert Almer (Austria), Heinz Lindner (Eintracht Frankfurt/D), Ramazan Özcan (Ingolstadt/D); Auf Abruf: Andreas Lukse (Altach).
Abwehr: Florian Klein (VfB Stuttgart/D), György Garics (Darmstadt/D), Aleksandar Dragovic (Dyn. Kiew/UKR), Sebastian Prödl (Watford/ ENG), Kevin Wimmer (Tottenham/ENG), Michael Madl (Sturm), Christian Fuchs (Leicester/ENG), Markus Suttner (Ingolstadt/ D); Auf Abruf: Christopher Trimmel (Union Berlin/D), Stefan Lainer, Andreas Ulmer (RB Salzburg), Christopher Dibon, Stefan Stangl (Rapid).
Mittelfeld: David Alaba (Bayern München/D), Julian Baumgartlinger (Mainz/D), Stefan Schwab (Rapid), Stefan Ilsanker, Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/D), Jakob Jantscher (Luzern/SUI), Marko Arnautovic (Stoke/ENG), Martin Harnik (VfB Stuttgart/D);
Auf Abruf: Robert Gucher (Frosinone/ITA), Andreas Ivanschitz (Seattle/USA), Guido Burgstaller (Nürnberg/D), Florian Kainz, Philipp Schobesberger (Rapid), Karim Onisiwo (Mattersburg).
Angriff: Lukas Hinterseer (Ingolstadt/D), Rubin Okotie (1860 München/D), Marc Janko (Basel/SUI); Auf Abruf: Andreas Weimann (Derby County/ ENG), Michael Gregoritsch (Hamburger SV/D).
Verletzt sind Martin Hinteregger, Christopf Leitgeb, Yasin Pehlivan, Valentino Lazaro (RB Salzburg) sowie Veli Kavlak (Besiktas/TUR) und Louis Schaub (Rapid)
Out: Cican Stankovic (RB Salzburg), Thomas Gebauer (Ried); Patrick Farkas (Mattersburg), Georg Teigl (RB Leipzig/D), Markus Berger (Tondela/POR), Emanuel Pogatetz (Columbus/USA); Raphael Holzhauser (Austria), Stefan Kulovits (Sandhausen/D), Kevin Stöger (Paderborn/D), Marcel Ritzmaier (Nijmegen/NED), Ümit Korkmaz (Rize/TUR), Alexander Grünwald, Alexander Gorgon (Austria), Michael Liendl (1860 München/D), Robert Zulj (Gr. Fürth/D), Daniel Royer, Martin Pusic (Midtjylland/ DEN), Adthe Nuhiu (Sheffield Wednesday/ENG), Erwin Hoffer (Karlsruher SC/D), Marco Djuricin (Brentford/ENG), Philip Hosiner (Köln/D), Sandro Gotal (St.Gallen/SUI), Darko Bodul (Dundee United/SCO) und Philipp Zulechner (Austria).
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Der Kader von Branko Brnović
Tor: Vukašin Poleksić (Sutjeska Nikšić), Danijel Petković (Lovćen), Milan Mijatović (Bokelj)
Abwehr: Marko Baša (Lille/FRA), Stefan Savić (Atlético Madrid/SPA), Marko Simić (Kayserispor/
TUR), Saša Balić (Târgu Mureș/ROM), Vladimir Rodić (Malmö/SWE), Žarko Tomašević (Kortrijk/BEL), Esteban Saveljich (Defensa y Justicia/ARG).
Mittelfeld: Elsad Zverotić (Sion/SUI), Mladen Kašćelan (Arsenal Tula/ RUS), Nikola Vukčević (Braga/POR), Nemanja Nikolić (Borisov/BELO), Vladimir Boljević (AEK Larnaca/CYP), Branislav Janković (Čukarički/SRB), Adam Marušić (Kortrijk/BEL), Staniša Mandić (Čukarički/SRB).
Angriff: Mirko Vučinić (Al-Jazira/VAE), Stevan Jovetić (Internazionale/ ITA), Fatos Bećiraj (Dinamo Minsk/BELO), Dejan Damjanović (Beijing Guoan/CHN), Stefan Mugoša (1860 München/D).
Verletzt: Marko Bakić (Fiorentina/ITA).
Out: Matija Sarkic (Aston Villa/ENG); Vladimir Volkov (Mechelen/BEL), Marko Vešović (Rijeka/CRO), Blazo Igumanovic (Zawisza Bydgoszcz/POL), Mijusko Bojovic (Paralimni/CYP), Nikola Drincic (Maccabi Haifa/ISR), Ivan Kecojevic (FC Zürich/SUI), Savo Pavicevic (Roter Stern/ SRB); Petar Grbić (Partizan), Marko Vukčević (Vojvodina/SRB), Simon Vukčević (Paralimni/CYP), Vladimir Božović (OFK Beograd/SRB), Vukan Savicevic (Slovan Bratislava/SWK), Milos Stojcev (Atromitos/GRE), Marko Jankovic (Maribor/SVN), Nebojsa Kosovic (Partizan/SRB); Goran Vujović (Arsenal Tula/RUS), Oliver Šarkić (Benfica/POR), Luka Djordjevic (Ponferradina/ SPA), Bogdan Milic (Osasuna/SPA), Ivan Vukovic (Maccabi Netanya/ISR), Filip Kasalica und Stefan Nikolic (Istra/CRO), Djordje Susnjar (Lugano/SUI), Petar Orlandic (Roter Stern/SRB).
In Österreich gut bekannt: Milan Jovanović (Jamegan Khorasan/IRN) und Nikola Vujadinovic (Beijing Enterprises/CHN).
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1
Ich lege die 1. Halbzeit in Podgorica einmal auf die Euro-Endrunde um: Österreich ist nach zwei Matches und zwei beachteten Siegen fix im Achtelfinale, talk of the tournament, und leistet sich dann im bedeutungslosen dritten Gruppenspiel ein Match voller Flüchtigkeitsfehler, entgegnet einem höchst körperlich agierenden und hochpressenden Gegner mit Tricksereien und übertrieben wegspringenden Bällen und verliert. Die darauf einsetzende Abwärtsspirale beendet den psychologischen Höhenflug und sorgt für ein Aus im Achtel- oder Viertelfinale.
2
Rechnet man die 2. Halbzeit hoch, dann gewinnt Österreich die Gruppe ohne Punkteverlust, kann jederzeit jeden Rückstand aufholen und macht sich ins Halbfinale auf.
Es ist also alles möglich. Und es war wichtig, in welcher Drastik der Teamchef vor diesen beiden letzten Pflichtspielen vor den Gefahren der leichten Schulter warnte, auf der Begegnungen, die nicht mit vollem Ernst durchgezogen werden, gern landen. Natürlich ist es gut, dass sich niemand verletzt hat im hartgeführten Match gegen übertrieben ehrgeizige Montenegriner: dass es keine gelbe Karte für Österreich gab, ist aber ein Zeichen für das letztlich doch fehlende Bewusstsein hier einen Test von zentraler Bedeutung abzuführen. Und nur so konnte die 1. Halbzeit so enden.
3
Natürlich ist das Mäkelei auf hohem Niveau. Aber um genau dieses hohe Niveau geht es im Juni in Frankreich. Da Österreich dort mit einem Nachteil antritt, der normalerweise im schnellen Knock-Out endet (der mangelnden Turniererfahrung), sind alle anderen Chancenminderungen umso stärker zu verhindern, gilt es in jedem Bereich die paar Prozente rauszuholen, mittels derer sich der Neuling dann tatsächlich in die Rolle des frisch-fröhlich-freien Turnier-Überraschungsteams reinspielen kann.
4
Startet die ÖFB-Mannschaft gegen eine komplettere Mannschaft als das doch recht zerfasert agierende Montenegro so wie in den ersten fünf Minuten von Podgorica, wird sie das Spiel nicht mehr zurückbekommen. Die durch drei anpressende Offensivspieler ausgelöste Verunsicherung führte zu einer recht schnellen Aufgabe des Wettbewerbsvorteils kreativer Spielaufbau. Weder der einzelne Sechser (Baumgartlinger und Alaba wechselten sich im de-facto-4-1-4-1 des Abends in dieser Rolle ab), noch die weit auseinandergedrückten Innenverteidiger waren imstande ruhig anzulaufen und zu passen; bzw. verplemperten die wenigen Bälle. Dabei waren nicht die ungenauen Abspiele, die schlechte Raumaufteilung oder die fehlende Laufweg-Korrelation das Ärgernis, sondern die aufreizende Lockerheit mit der sich (auch die sonst Besten) in Schönspiel-Aktionen zur Erbauung der Tribüne versuchten: das endete dann in unnötigen Rückpasses oder Bällen, die man nobel ins Out ließ, anstatt um sie zu kämpfen. Wenige Minuten nach einer solchen Szene (mit Alaba und Prödl), fing sich die Mannschaft ein überflüssiges Tor ein (die TV-Analyse sah die Schuld im schlecht gestaffelten zentralen Mittelfeld, sonst dem Bollwerk der Truppe.
5
Es waren Momente wie diese, die das allerschlechteste der an miesen Phasen nicht gerade armen österreichischen Länderspielgeschichte seit 1982 (denn irgendwie begann das Übel so richtig erst nach Gijon) erinnerten. An Spieler, die sich nach einem guten Lauf, Europacup-Erfolgen oder WM-Teilnahmen für Weltklasse hielten obwohl sie für die wirklichen Klassemannschaften ihrer Zeit deutlich zu schwach waren, von Herzog/Polster abwärts; an Matches, die nicht nur durch die damals inexistente taktische Vorbereitung, sondern vor allem durch einen von nicht nachvollziehbarer Arroganz geprägten Höscherl-Fußball schon im Ansatz verloren wurden. Jahrzehntelang folgten auf die wenigen Erfolgserlebnisse immer Selbstüberschätzungen dieser Art, die dann die nächste bittere Talsohle einleiteten und das heimische Himmelhochjauchzend-zutodebetrübt-Spielchen eröffneten, aus dem sich bis hin zur Grusel-Ära Constantini niemand befreien konnte.
Und in einigen Momenten der 1. Halbzeit zeigte die Generation Alaba, dass sie imstande ist, in diese Fußstapfen der Dummheit und des Elends zu treten; dass sie nur eine Handbreit von der Katastrophe entfernt herumtölpelt. Und dass es eines anders sozialisierten Schweizers und seiner klaren Vorgaben bedarf um nicht quasi automatisiert in diese Falle zu tappen.
6
Halbzeit Zwei ging dann ohne lässige Fersler, nicht umkämpfte Bälle und andere Extras für die Galerie ab, und prompt gelang der erste Turnaround und die erste Führung nach Rückstand, die dann vom Schiri aberkannt wurde, weshalb es dann, völlig gegen Spielverlauf und Moral des Matches zum zweiten Rückstand kam, der den vorhin angesprochenen altösterreichischen Teams dann das Genick gebrochen hätte und sie als sudernd-jammernde Beschwerde-Masse, als unfähige Sachwalter ihrer eigenen Schicksale hinterlassen hätte, im Fall der Generation Alaba aber dann die Zusatzkräfte und -Ideen freisetzte, die das Koller-Team zu etwas ganz Besonderem machen. Zuerst der fast wütende Querlauf von Arnautovic, der den zweiten Rückstand in der gesamten EM-Quali zum zweiten Mal aufholt, dann die Kraft sich durch den Vucinic-Ausschluss nicht anstecken zu lassen und schließlich das Siegestor in der Nachspielzeit. Das gelang früher den anderen, jetzt gelingt es dem ÖFB-Team.
7
Interessant war Kollers finales 4-1-4-1, sein Hollywood, eine offensive Version dessen, was zuvor de facto schon gespielt wurde, weil zumeist Alaba aus dem nominellen 4-2-3-1 herausbrach und sich meist neben Junuzovic anstatt hinter ihm aufhielt: mit Harnik, Sabitzer, Jantscher und Arnautovic stand da zehn Schluss-Minuten lang vier eigentliche Winger, also Flügelspieler in einer offensiven Power-Reihe, die dem müde werdenden Gegner enorm zusetzte, hinter Okotie. Das bedeutet auch, dass Koller aus der eigentlich angstmachenden Tatsache, dass er kein Back-Up für Junuzovic findet, eine Not-Tugend gemacht hat.
8
Koller ist also der große Gewinner des Abends: er konnte in der Halbzeit ein altes Gespenst vertreiben und einen neuen Geist einpflanzen; er hat trotz seiner Ankündigung nicht experimentieren zu wollen, eine Variante erproben können; er hat mit allen im Vorfeld geäußerten Befürchtungen recht behalten - und alles blieb trotzdem in einem kontrollierbaren Rahmen.
9
Montenegro, mit dieser Niederlage aus dem Euro-Rennen, war zum zweiten Mal der schwerste Gruppengegner für Österreich. Im Gegensatz zum berechnenden schwedischen Spiel, zum katastrophalen Capello-Zugang und auch zum nicht gut gecoachten Hinspiel fand Coach Brnovic diesmal partielle Mittel gegen die österreichischen Vorzüge. Brnovic spielte dasselbe 4-4-2defensiv/4-2-4offensiv-Ding wie im Hinspiel, lähmte aber - wie erwähnt - ganz gezielt den Spielaufbau durch gemeines Pressing, schlug also mit denselben Waffen zurück, und schaffte es so immer wieder minutenlang Österreich ziemlich aus dem Spiel zu nehmen. In diesen Phasen war vor allem die gelähmte Rezeptlosigkeit des ÖFB-Teams angstmachend. Ein besserer Gegner als Montenegro (und bei der Euro wird es wohl zumindest zwei solche in der Gruppe geben), der die Frequenz länger aufrechterhalten kann und auch noch über besseres Personal verfügt, wird sich die Aufzeichnung dieses Matches begierig ansehen und seine Schlüsse ziehen können.
10
Montenegro in rot mit 1 Poleksic; 3 Rodic, 15 Savic, 22 Simic, 6 Tomasevic (74./ 2 Balic); 23 Marusic, 18 Boljevic (56./ 17 Zverotic), 4 N. Vukcevic, 11 Beqiraj; 19 Mugosa (64./ 7 Mandic), 9 Vucinic (K).
Verletzt auf der Bank: 3 Basa, 8 Jovetic.
Österreich in weiß mit 1 Robert Almer; 17 Klein, 15 Prödl, 3 Dragovic, 5 Christian Fuchs (K); 14 Baumgartlinger, 8 Alaba (82./ 22 Jantscher); 11 Harnik, 10 Junuzovic (82./ 20 Sabitzer), 7 Arnautovic; 21 Janko (82./ 9 Okotie). Subs not used: 23 Özcan, 12 Heinz Lindner; 2 Garics, 16 Kevin Wimmer, 4 Madl, 13 Suttner; 6 Ilsanker, 18 Schwab; 19 Lukas Hinterseer.
U21
Noch ein Wort zum Vorspiel in St.Pölten: da demolierte am späten Nachmittag die U21 Österreichs Gegner Aserbeidjan mit 7:0. Und führt die Tabelle der EM-Quali-Gruppe mit drei Siegen aus drei Spielen (u.a. gegen Russland) an.
Die jetzt schon ersichtliche Klasse der Truppe hat nicht nur mit einer speziellen Qualität der Jahrgänge 94 und 95 zu tun: nie zuvor war eine österreichische U21 so weltläufig aufgestellt, nie zuvor wurden die Akteure in hochwertigen Meisterschaften derart gefordert. Sechs der heutigen Elf stammspielen in den oberen deutschen Ligen, einer ist in England, einer in Spanien (unter Trainer Zidane) aktiv, drei sind bei Top-Klubs der heimischen Liga, zwei davon gehören bereits ausländischen Clubs. Und dabei waren die Supertalente Schaub und Lazaro verletzt.
Auch die Strategie hat sich deutlich verbessert: im vergleich zum ersten Auftritt dieser Jahrgänge, als Trainer Gregoritsch seinen Formationen noch so etwas wie Harmonieverbot erteilt hatte, sind die Außenverteidiger weit vorgeschoben, das erinnert ebenso wie das Pressing an Kollers A-Team. Den Auftrag, wie die Großen im 4-2-3-1-System anzutreten, erfüllt Gregoritsch nur noch nominell, auf dem Papier. Auf dem Platz war (denn natürlich spielte Sohn Michael neben und nicht hinter Kevin Friesenbichler) ein klares 4-4-2 zu erkennen, das vielleicht auch damit zu tun hatte, dass der beste Kicker am Platz, Alessandro Schöpf, nicht wie sonst zentral, sondern rechts aufgeboten wurde.
Am 17. November wird ein Gipfel mit den zweitplatzierten Deutschen in Fürth darüber Auskunft geben, was für diese Mannschaft möglich ist.
Österreich spielte mit 1 Bachmann; 22 Mwene, 4 Lukas Gugganig, 5 Philipp Lienhart, 19 Martschinko; 8 Alessandro Schöpf, 15 Serbest (83. 18Rasner), 7 Wydra (K), 10 Grillitsch (70. 16 Dovedan); 11 Micha Gregoritsch, 20 Kevin Friesenbichler (83. 2 Gruber).
Bank: 12 Kuster, 6 Jäger, 3 Schoissengeyer, 9 Philip Posch. Tribüne: Sebastian Wimmer, Wessely, Blutsch, Gschweidl. Abruf: Lucic, A. Schlager, D. Domej, Derflinger, Djuric, Murg, Sprangler, Kvasina.