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Lukas Lottersberger

Lukas Lottersberger

Lukas Lottersberger

Politik, Alltägliches und andere Kuriositäten.

7. 10. 2015 - 06:00

Wohnen in Wien: Die Forderungen der Parteien

Am Sonntag wird in Wien gewählt. Doch welche Vorschläge haben die Wiener Parteien in Sachen Wohnen? Die wichtigsten Eckdaten und Wahlversprechen hier zusammengefasst.

Hohe Mieten, Gemeindebau, Nachhaltigkeit, Smart- und Startwohnungen, Integration, Ghettoisierung, Sanierung etc... Schlagworte aus dem Wiener Wahlkampf zum Thema Wohnen in Wien. Doch welche konkreten Vorschläge haben die Parteien für die nächsten Jahre?

Gemeindebau, Wien, Wohnen,

APA/Barbara Gindl

Seit 2004 wurden keine Gemeindewohnungen mehr gebaut.

Die verschiedenen Wahlprogramme zum Thema Wohnen sind einmal mehr, einmal weniger ausführlich. Am knappsten halten sich FPÖ und NEOS, am ausführlichsten widmen sich die Grünen dem Thema.

Hier die wichtigsten Forderungen der Parteien, inklusive Faktencheck:

SPÖ

Zentrale Botschaft der SPÖ zum Thema Wohnen ist bei dieser Wahl die Schaffung von 2.000 neuen Gemeindewohnungen bis zum Jahr 2018. Jährlich sollen außerdem künftig 10.000 neue Wohnungen gebaut werden, um dem Wohnungsbedarf und dem Wachstum der Stadt gerecht zu werden. Zudem wünscht sich die SPÖ eine bessere Durchmischung in allen Bezirken. Um Konflikten vorzubeugen, sie zu lösen und um Dialog zu schaffen, sollen Nachbarschaftsinitiativen gegründet werden.

Wahlprogramm Wohnen der SPÖ Wien

Weiterhin möchte man geförderte Wohnungen vergeben und den Ausbau von kompakten und kostengünstige Wohnungen, so genannten SMART-Wohnungen, vorantreiben – hier soll der Zugang für junge Menschen erleichtert werden. Doch nicht nur die Jungen sollen profitieren, auch Förderungen für den Umbau zu altersgerechten Wohnungen möchte die SPÖ umsetzen. Anreize zu thermischer Sanierung und Energieeffizienz sollen ebenfalls durch zusätzliche Förderungen geschaffen werden.

Und sogar auf Bundesebene möchte die Wiener SPÖ ihren Willen durchsetzen: Man wünscht sich ein neues Mietrechtsgesetz, um den MieterInnenschutz zu verbessern.

Die Grünen

Auch die Grünen wollen jährlich 10.000 neue Wohnungen errichten lassen. Sie unterstützen den Vorschlag der SPÖ, wieder Gemeindewohnungen zu bauen. Im Gegensatz zur SPÖ verlangen sie jedoch, dass von den jährlich 10.000 neuen Wohnungen mindestens 1.000 Gemeindewohnungen sein sollen.

Wahlprogramm Wohnen der Grünen Wien

Zudem sollen "Startwohnungen" für junge, einkommensschwache Menschen geschaffen werden. Eine 40-Quadratmeter-Wohnung soll für 365 Euro, 55 Quadratmeter für 500 Euro bzw. 70 Quadratmeter für 650 Euro zu haben sein – alles jeweils all-inclusive. Über eine Sondervergabeschiene sollen diese Wohnungen vergeben werden.

Immobilienspekulation soll gestoppt und härter kontrolliert werden. Als Gegenentwurf möchte man partizipativen, selbstbestimmten Wohnbau forcieren. Für Baugruppen und Baugemeinschaften möchte man bessere rechtliche Rahmenbedingungen schaffen. Generell steht beim Wohnbau Nachhaltigkeit im Vordergrund. So sollen zB Nachkriegssiedlungen angepasst werden, damit sie aktuellen städtebaulichen Standards entsprechen.

Erwartungsgemäß ist auch der öffentliche Raum in Wohngebieten den Grünen ein Anliegen. Dieser soll als "erweitertes Wohnzimmer" dienen, und müsse zeitgemäß und für alle gestaltet werden.

FPÖ

Die Freiheitlichen sehen die Schuldigen für die "horrende Preistreiberei" in Sachen Wohnen bei SPÖ und den Grünen. Diese hätten den sozialen Wohnbau in den vergangenen Jahren mehr als vernachlässigt. Mit 15.000 Sozialwohnungen pro Jahr überbietet die FPÖ das Wahlversprechen der SPÖ und der Grünen von 10.000 Wohnungen pro Jahr.

Wahlprogramm Wohnen der FPÖ Wien

Der derzeit regierenden Koalition wird vorgeworfen, dass der soziale Wohnbau zu sehr an Genossenschaften ausgelagert wurde, deren Manager sich aus den Töpfen "ordentlich bedient" hätten. Deshalb sollen laut FPÖ Genossenschaften und Politik entflochten werden.

Die FPÖ kritisiert die gestiegenen Kosten bei Gas, Ab-/Wasser, Strom und Müllabfuhr. Diese Kosten möchte man senken. Und auch der Gemeindebau ist Thema: Hier fordert man die Bevorzugung "echter Wiener" bei der Wohnungsvergabe und "klare Regeln" in Punkto Integration und Deutschkenntnisse. Diese nicht näher definierten Regeln sollen ebenfalls als Voraussetzung bei der Wohnungsvergabe gelten.

ÖVP

Das Wahlprogramm zum Thema Wohnen der Volkspartei steht unter dem Motto "Fair Wohnen". Gewünscht wird eine dauerhaft gute und leistbare Wohnversorgung. Hier schlägt die ÖVP teilweise in dieselbe Kerbe wie die anderen Oppositionsparteien. Gefordert wird "Fairer Gemeindebau", Gebührenentlastung und zusätzlich: leistbares Eigentum.

Wahlprogramm Wohnen der ÖVP Wien

Letzteres soll durch Miet-Kauf-Angebote ermöglicht werden. Eigentum bedeute eine Erhöhung der Unabhängigkeit von Bürgerinnen und Bürgern und solle daher der breiten Masse ermöglicht werden. Sozialer Wohnbau hingegen soll in erster Linie sozial Bedürftigen zur Verfügung stehen und ausgebaut werden.

Die Vergabe von Gemeindewohnungen müsse transparenter sein. Abschläge beim Mietzins sollen je nach Förderbedarf ermittelt, und dafür die Haushaltseinkommen regelmäßig überprüft werden. Die ÖVP verlangt außerdem eine Aufhebung des automatischen Weitergaberechts in Gemeindebauten, sowie eine Verschlankung der Verwaltung bei "Wiener Wohnen".

Nicht zuletzt möchte man durch einen besseren Flächenwidmungsplan die städtische Verdichtung fördern. Im Klartext: Nicht genutzte Amtsgebäude sollen etwa zu gefördertem Wohnbau für Familien umgewandelt werden.

NEOS

NEOS bemängeln an der aktuellen Wohnpolitik, dass die kommunalen Abgaben in den vergangenen Jahren stark angestiegen sind und bezeichnet das Verhalten des zuständigen Stadtrats Michael Ludwig, der von "leistbarem Wohnen" spricht, als zynisch. Kritisiert wird zudem, dass ein Großteil der 4,9 Mrd. Euro Schulden der Stadt Wien von Wiener Wohnen verursacht wird, nämlich 2,8 Mrd. Euro.

Wahlprogramm
NEOS Wien (PDF)

Besonders für junge Menschen fordern NEOS günstigeren Wohnraum. So sollen die "absurden Anforderungen" für Gemeindewohnungen für JungwienerInnen gelockert werden. Generell sollen Gemeindebauten wieder gemeinnützig werden, nicht "funktionärsnützig". Denn laut NEOS-Wahlprogramm leben nämlich nur 25 Prozent der niedrigsten EinkommensbezieherInnen in Gemeindewohnungen. Gleichzeitig wohnen 30 Prozent der mittleren und obersten EinkommensbezieherInnen im Gemeindebau.

Die "soziale Treffsicherheit" ist für NEOS daher nicht gegeben.
Für WenigverdienerInnen möchte man außerdem Kosten wie die Mietvertragsvergebührung senken, da diese bei geringen Einkommen stark ins Gewicht fallen.

Die Werbegeschenke der Parteien

APA/Wien-Redaktion

Stimmenfang mit Versprechen und Werbegeschenken

Entsprechen die Angaben der Parteien den Tatsachen?

Teilweise. Nicht alle Behauptungen konnten veri- bzw. falsifiziert werden.

Schulden
Die Schulden der Stadt Wien betrugen mit Ende 2014 tatsächlich rund 4,9 Milliarden Euro.

Gemeindebau
Die Anforderungen, um in Wien an eine Gemeindewohnung zu kommen, sind in der Tat sehr streng. Besonders für JungwienerInnen ist der Zugang schwierig. So muss man unter anderem vorweisen, dass man zuvor zehn Jahre im elterlichen Haushalt in Wien gelebt hat. Aber auch sonst ist der Erwerb eines "Wohn-Tickets" (früher: Vormerkschein) mit äußerst strikten Kriterien verbunden.

Die Anforderungen, um an eine Gemeindewohnung zu kommen, sind streng.

Die Weitergabe von Gemeindewohnungen an Verwandte ist erlaubt. Voraussetzung ist, dass diese ein Wohn-Ticket haben.

Hohe Mieten
Die Mieten sind in den vergangenen Jahren in Wien laut mehreren Immobilien-Portalen gestiegen. Im europäischen Vergleich war die Preissteigerung jedoch moderat. Angaben zur Preissteigerung variieren allerdings und sind schwer zu verifizieren, weil es keine offiziellen Zahlen gibt.

Das Problem hoher Mieten ist multifaktoriell und hat vor allem mit Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt zu tun, unter anderem auch mit Spekulation. Für das Wohnungsangebot ist aber letztlich nicht die Stadt alleine verantwortlich.