Erstellt am: 4. 10. 2015 - 13:32 Uhr
Waves Vienna: Viel Glitter, viel Glamour
Ein Venue, das ich gestern das erste Mal im Rahmen des Festivals besucht habe, ist das Künstlerhaus Basement. Das schönste daran war, dass man, von der U-Bahn kommend, auch unter freiem Himmel schon in Livemusikgenuss kam.
Draußen Rock, drinnen Elektronik
Die Künstlerhauspassage ist ähnlich dem Brandwagen eine kleine Popup-Stage, wo kurz vor neun die österreichische Band Cardiochaos gespielt hat. Ein intensiver, bassgeschwängerter Rockauftritt, der vor allem von der Gestik des Sängers gelebt hat. Der ist wie wild herumgelaufen, gehüpft, krümmte sich, führte Selbstgespräche - ins Mikrophon oder einfach in die Abendluft hinein. Ein bisschen gruselig. Aber fesselnd.
Judith S. Duran
Auch das Künstlerhaus Basement stand an diesem Abend im Zeichen der heimischen Musikszene, drei von fünf der Bands des Abends kommen aus Österreich. Dezente Popmelodien, mystisch aufgeladene Atmosphäre: Like Elephants machen ein Hall- und Klangspektakel aus ihrem Auftritt, bevor Inner Tongue soundtechnisch fast nahtlos anschließt.
Judith S. Duran
Inner Tongue war im Mai FM4 Soundpark Act des Monats.
Im Mittelpunkt steht immer die helle, eindringliche Stimme, verpackt zwischen organischem Liveset und Elektronik. Selbstironisch weist der Sänger auf das noch überschaubare Publikum hin. „Wollen wir das so intim? Ja, das wollen wir.“ Diese Art von Musik will man aber auch nicht auf einer Stadionbühne sehen. Der magische, tranceartige Effekt funktioniert in dieser, ja, Höhle, zu gut.
Funk, Disco, Glamrock
Ein letztes Mal noch ins Porgy & Bess: Alle Locations bereiten sich auf ihre Waves-Abschluskonzerte vor, so auch hier. Ebony Bones, stage time 23.00. Die Liveband findet sich schrittweise ein: Der Drummer, der neben den anderen Bandmitgliedern fast wie der Nerd der Familie aussieht. Keys und Synthesizer werden von einem jungen Herren in schrägen, geblümten Jumpsuit bedient, er trägt eine Schirmkappe.
Armin Rudelstorfer
Outfittechnisch macht es sich der Gitarrist da einfacher, er lässt sein Shirt gleich backstage liegen. Augen- und Ohrenschmaus, der nackte Oberkörper lenkt nur kurz vom sehr guten Gitarrenspiel ab. Die Bühne im Porgy & Bess wird schon wie am Donnerstag Abend beim Auftritt von Oddisee beengend voll: Hinauf springen auch noch zwei Backgroundsänger. Und dann kommt sie, die Queen, in schrillem Regenbogenoutfit, Fransen überall, übertroffen nur noch von der blondierten Afro-Haarpracht. Nach der Hälfte des Sets wird das Papageienkostüm in ein überdimensioniertes Brautkleid getauscht.
Rock'n'Roll Queen
Ebony Bones spielt punkigen Glamrock. „Vienna, make some noise“. Wie auch in den anderen Venues ist der Zuschauerraum heute locker gefüllt, weshalb an diesem Abend nicht mehr allzu viele mitkreischen. Ebony Bones ist das aber herzlich egal. Auf der Bühne, im gesamten Raum, herrscht eine nicht zu fassende Energie. Die Backgroundsänger, in oranger Bomberjacke, tanzen um ihr Leben. Kollektives Mittanzen ist seit Line Dance out, aber auch das ist Ebony Bones egal. "To the left, to the left", "to the right, to the right". Und fast alle machen mit, entweder überzeugt oder überrumpelt. Sinne sind zuerst einmal überfordert von der Farben- und Tonpracht, die sich hier abspielt. Rockig, dreckig, funkt. Unterhaltungsfaktor: 10 out of 10. Glamfaktor: 11 out of 10.
Armin Rudelstorfer
Mit Kane West klingt das Waves Vienna 2015 in der Alten Post aus. Ein langes Wochenende neigt sich dem Ende zu, erschöpft, aber zufrieden. Außerdem: zu müde für die Rave Tram, das geht eigentlich nicht. Also noch schnell ab hinein in den Technozug, eine Runde um den Ring mit Sebastian Schlachter. Good Rave statt Good Night.