Erstellt am: 29. 9. 2015 - 20:05 Uhr
Nein. Ein Manifest.
Er freue sich sehr, in Graz zu sein. Das sei sein erster Auftritt hier, erklärt Eric Jarosinski am 28. September im Grazer Literaturhaus. Aber er habe auch gleich eine schlechte Nachricht - es sei auch sein letzter Auftritt. Er habe ein Jobangebot bekommen und werde künftig einen angeschlagenen deutschen Konzern leiten. Dort könne man ihn brauchen - schließlich sage er wie kaum ein anderer "Nein." Während er das erklärt, sieht man im Hintergrund ein rauchendes VW-Logo.
Eric Jarosinski macht sich über das aktuelle Zeitgeschehen lustig. Und darüber lachen mit ihm fast 120.000 Follower täglich.
#PoliticalCampaignSloganOfTheYear pic.twitter.com/szHtsdOOuk
— Nein. (@NeinQuarterly) 31. Dezember 2014
"Ich bin ein ehemaliger Germanist in den Staaten. Jetzt schreibe ich Aphorismen oder ich twittere." stellt sich Eric Jarosinski knapp vor.
Das mit dem Twittern ist großer Zufall. Eigentlich hätte er ein akademisches Buch schreiben sollen. Mit dem ist er allerdings nicht weitergekommen und stattdessen begann er zu twittern. 140 Zeichen hat er sich gerade noch zugetraut.
Sein Thema damals: die Philosophie der Negation.
Sein Twittername: "NeinQuarterly". Nein sei dafür ein schönes Wort und kurz. "Und kurz ist immer wichtig auf twitter." und "Quarterly", weil es eine fiktive Fachzeitschrift sein sollte. Sein erster Tweet war trotzdem nicht "nein", sondern "schade."
When Walter Benjamin dreams. pic.twitter.com/Eori80UH9g
— Nein. (@NeinQuarterly) 4. April 2015
Nach "schade" kamen immer mehr tweets zu Philosophie, der deutschen Sprache, der Politik, dem Internet und neuen Technologien. Kreuz und quer - Aphorismen, Wortwitz, schwarzer Humor, Ironisches, Depressives und Nihilistisches. Nicht unbedingt die einfachsten Themen.
Als @NeinQuarterly kommentiert Eric Jarosinski auf Twitter das Weltgeschehen. Seine abgründigen Sinnsprüche finden dort...
Posted by DIE ZEIT on Samstag, 26. September 2015
fischerverlag
Theodor Adorno ist der Avatar von "NeinQuarterly". Aber auch wenn Eric Jarosinski sich an der Philosophie Adornos orientiert, stellt er sich nie vor, was wohl Adorno gesagt hätte. "Deshalb heißt das Ganze auch nicht einfach 'Twitteradorno'."
Er wollte, dass der Account ein Gesicht hatte und die meisten wüssten gar nicht, dass es sich bei dem Avatar um Adorno handle. Die sehen einfach "einen schon etwas älteren Herrn, der da etwas ernst kuckt." Dabei erzeugt gerade das Gesicht neben den Texten diese widersprüchliche Spannung, von der die Tweets leben.
Das Twittern habe sein Denken verändert. Er sei schneller geworden. Wichtig sei auch die Mobilität. Wäre das Twittern nicht auf dem Smartphone möglich, würde es ihn nicht interessieren. "Natürlich bin ich auch einer dieser Verrückten, die da durch die Stadt laufen und dann passt man ja nicht so richtig auf, wegen Verkehr und weil man ja den nächsten Hegelwitz schreiben möchte."
Mittlerweile verwendet Eric Jarosinski häufig Bilder, die er in einen anderen visuellen Kontext stellt.
German toilet paper. Don't ask. pic.twitter.com/qSf8zm1jZY
— Nein. (@NeinQuarterly) 9. Oktober 2014
Dabei verwendet er hauptsächlich Bilder, die man aus den Nachrichten kennt. Das Wiedererkennen macht viel aus - davon leben auch seine Vorträge, die er im Rahmen seiner "NeinManifestotour" derzeit hält. Anfangs geht er dabei meist auf die jeweilige Stadt ein. Dabei muss er sehr schnell denken bzw. arbeiten. Schließlich hat er in manchen Städten nicht mal eine Stunde Zeit, bis sein Vortrag beginnt.
Danke @KlausKastberger und @LithausGraz. And sorry, everyone, for ruining Literatur. But it deserved it. #bitterschön pic.twitter.com/V2V5XGVLnx
— Nein. (@NeinQuarterly) 28. September 2015
Man wird sehen, was er in Wien erzählt. Eric Jarosinski erzählt bzw. liest aus "Nein. Ein Manifest" in der Hauptbücherei in Wien am Mittwoch, 30. September ab 19:00 Uhr.