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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

27. 9. 2015 - 15:00

Metric sind zurück!

Die kanadische Band rund um Frontfrau Emily Haines veröffentlicht drei Jahre nach dem letzten Album nun (endlich wieder) einen neuen Longplayer.

Metric, dieser Name steht, grob gesagt, für "Indie-Gitarren treffen auf Synthies". Metric schreiben Songs - schöne Songs, süße Songs, kleine Songs, große Songs. Metric sind im schummrigen kleinen Club zuhause, aber auch auf der großen Bühne. Metric begleiten manche von uns schon seit fünfzehn Jahren. Das erste komplette Album ist dann 2003 erschienen: "Old World Underground, Where are You Now?" so der Titel. Um alt und neu, retro und futuristisch geht es auch auf "Pagans In Vegas", dem neuen Album des Quartetts aus Toronto, Kanada. Um da nichts völlig Falsches zu sagen, nichts Seltsames hineinzuinterpretierten, rufen wir doch an bei Emily Haines und ihrem Metric-Partner James Shaw, mit dem sie die Band 1999 gründete, damals als Electropop-Duo, zu dem dann Drummer Joules Scott-Key und Bassist Joshua Winstead dazustießen, schließlich wollte man zu einer richtigen Rock´n´Roll Band werden. Klingel, klingel, klingel - Emily hebt ab und beantwortet die Frage nach dem Albumtitel "Pagans In Vegas" so:

"I associate the pagans with honest, authentic spirituality and community. To me it´s like (Las) Vegas is the nightmare that we have made the world, you know, the always on, day and night, never-ending quest to win."

Band Metric

Metric

Irgendwann werden die "pagans", also die "heidnischen" Menschen aber gegen diese vermeintliche Zivilisation aufstehen, meint Emily Haines im FM4-Interview. Die Spielhölle Las Vegas dient ihr als Sinnbild für Vieles, was an der Welt heute aus den Fugen geraten zu sein scheint. Überhaupt präsentiert sich nun eine kämpferische Emily Haines, auch wenn die Melodie in einem der neuen Metric-Songs noch so süß ist, im Stück "Fortunes".

"We all want to hide under the bed, but we can´t, so let´s go!", lacht die Stimme von La Haines am anderen Ende der Telefonleitung beim FM4-Interview. Auf der ersten Single vom neuen Album, auf "The Shade", ist ihre Stimme schon mal die eines Roboters - durch den Vocoder gejagt und wieder zurück, von James Shaw, der versucht ist, diese Auseinandersetzung zwischen human und robot gar als "as punk rock as you could do in 2015" zu beschreiben.

Shaw zeichnet auch verantwortlich für das Stück "Cascades" und seinen heftigen Dance Beat, wenn all die Synths hereinbrechen und die Stimme verschwindet. "Take the song into Metric´s past instead of the future?", fragt sich James Shaw im FM4-Interview. Die Antwort bleibt offen. Vergangenheit und Zukunft.

James Shaw nahm das komplette neue Metric-Album im Tonstudio auf Band auf. Musiker möchte er insgesamt sein, meint James Shaw, und nicht Computer-Programmierer.

Die Art von, sagen wir mal, full disco electronic pop, den Metric auf ihrem neuen Album machen, fügt sich in das ein, was nun mal zur Zeit insgesamt der vorherrschende Typ Popmusik ist ein. Die Synthies - und ihre Vergangenheit, von Human League über New Order bis zu Depeche Mode und Kraftwerk - sind schließlich ein herrliches Fass, fast ohne Boden, in dem man sich immer weder verlieren kann. Und so erinnern Metric am Song "For Kicks" gleich zu Beginn an "Enjoy The Silence" von Depeche Mode, und insgesamt dann an die Londoner 90er Jahre Electropop-Band Dubstar und ihre Sängerin Sarah Blackwood, die später beim Electropop-Duo Client sang.

Beim zarten "Other Side" tritt Emily Haines einen Schritt zurück, während James Shaw den Gesang übernimmt und Emily "nur" mitsingt - ein herrliches kleines Stück, dem der Indiepop noch tief drinnen im Herzen wohnt. Auch "The Governess" ist so ein Stück, das den "Konflikt" Indierock vs Electropop bei Metric andeutet: "Do you remember me, we met out on the farm, by the fire you spoke to me", singt Emily Haines. Eine Gitarre trägt im Song der Mensch bei sich, dessen Namen sie nicht verstand, und dann sang er am Lagerfeuer "All Along The Watchtower" von Bob Dylan und "Castles In The Sand" von Jimi Hendrix; "The Governess" ist ein Song mit Countryfolk-Gerüst - und mit starker Gitarre, eingehüllt im Electropop-Gewand.

Metric werden nächstes Jahr schon wieder ein Album veröffentlichen, den sozusagen zweieiigen Zwilling von "Pagans In Vegas". Die Band schrieb so viele Songs, dass sich locker ein zweiter Longplayer ausgeht, und zwar einer, der, wie Emily Haines sagt, ein kompletter Gegensatz zum Electropop-Album "Pagans In Vegas" ist, nämlich "mellow, moody, melancholic, subtle, soft"; und auch ein Orchester ist mit dabei auf jenem Album, auf das wir bis nächstes Jahr warten müssen. Sehr "organic" wird es sein, fügt Emily Haines noch hinzu: "It´s the band actually playing together".

Albumcover Metric (kanadische Band) 2015

Crystal Math Music/Kobalt

"Pagans In Vegas" von Metric

Warum nicht ein Doppelalbum machen? Nein, sagt Emily Haines im FM4-Interview, so etwas macht doch heute niemand mehr. Die Menschen haben nicht mehr die Aufmerksamkeit wie in den 60er oder 70er Jahren, um Doppelalben zu hören. Außerdem begeistert das Metric-Electropop-Album vielleicht ja insgesamt ein jüngeres Publikum, während das Songwriter-Album das nächstes Jahr kommt, vielleicht ins Herz der etwas älteren HörerInnen trifft.

Die neuen Metric-Songs, also die von "Pagans In Vegas" und die vom noch erscheinenden Album, wurden getrennt von Emily Haines und James Shaw komponiert bzw geschrieben. "Cascades" etwa war von James Shaw fertig komponiert worden, dann schrieb Emily Haines den Text dazu - am Flughafen in Wien draußen sitzend; sie hatte bei einem Flug Zwischenstation in Schwechat. Ansonsten schrieb Emily Haines in Spanien und in Nicaragua, während James Shaw zuhause in seinem Studio in Toronto komponierte. Welcome back, Metric!