Erstellt am: 26. 9. 2015 - 10:45 Uhr
Der BER-Witz
Bei der momentan so bedrückenden Weltlage und den vielen Problemen unserer Zeit freut man sich, wenn es zwischendurch Nachrichten gibt, über die man herzlich lachen kann.Solch eine Nachricht schmückte am Mittwoch die Titelseiten der Berliner Blätter:
"Baustopp am BER !!"
Der bekannte Pannenflughafen Berlin-Brandenburg unterhält nicht nur die BerlinerInnen seit einiger Zeit schon aufs Beste. Dass nun aber wegen Einsturzgefährdung des Terminaldachs ein Baustopp verhängt wurde, ist die groteske Krönung der laufenden Pannenserie am gescheiterten Großbauprojekt. Seit 2011 versucht man in Berlin einen Flughafen zu eröffnen, und seit dieser Zeit kommt immer etwas dazwischen, der aktuelle Eröffnungstermin liegt im Oktober 2017. Es ist wie verhext – trotz des sprichwörtlichen deutschen Ordnungssinns und der deutschen Ingenieurskunst bringt man es in Berlin nicht fertig, diesen Bau zu Ende zu bringen.
Christiane Rösinger
Inzwischen gibt es ein eigenes Witz-Genre, den BER-Witz. Diese Witze veralten jedoch recht schnell, weil die groteske Wirklichkeit sie schnell überholt. Der BER-Witz der alten Sorte gehört zur Abteilung der Berlin-Bashing-Witze, sehr bekannt ist auch die Ulbricht-Postkarte mit der Aufschrift: "Niemand hat die Absicht einen Flughafen zu errichten."
Seit der vierten oder fünften Verschiebung des Eröffnungstermins werden die Witze etwas feinsinniger, absurder. Zum Beispiel:
"Planungspanne: BER ist gar kein Flughafen, sondern ein Busbahnhof", oder "Chuck Norris übernimmt ab sofort die Leitung des Berliner Flughafens. Morgen um 7.30 Uhr ist Eröffnung!"
Ein besonders schöner BER-Witz kam schon 2013 von der Satireseite Der Postillion. Dort wurde angekündigt, es müsse eine neue Zeitform, nämlich Futur 3, erfunden werden, um über die Flughafeneröffnung sprechen zu können.
Längst überholt sind sämtliche Witze, die den Abriss des Flughafens empfehlen, denn inzwischen diskutieren sogar Experten darüber, ob es nicht billiger wäre abzureißen und neu zu bauen. Im Moment scheut man noch diese letzte Konsequenz, weil die Abriss-Kosten enorm und die fünf Milliarden Euro, die der Bau bisher verschlungen hat, damit endgültig verloren wären.
Der neueste BER-Witz geht so:
Wahrsagerinnen sagen die Eröffnung noch in diesem Jahrhundert voraus, allerdings werden die Baumaßnahmen 2062 eingestellt, weil dann bereits das Beamen erfunden und ein Flughafen somit unnötig ist. Der Flughafen BER wird inzwischen nur noch "Ungetüm", "problemverseuchtes Monster", "Fluchhafen", "Geisterflughafen" , "Never Ending Baustelle", oder schlicht "das Grauen" genannt. Intern spricht man angeblich nur noch von "Dem Monster".
Christiane Rösinger
Wie konnte es nur soweit kommen? Dazu eine kleine, unvollständige Übersicht – bisherige Pannen in alphabetischer Reihenfolge:
- Alle 4000 Türen falsch nummeriert
- Brandschutz nicht ausreichend
- Chefplaner war Hochstapler und gar kein Ingenieur
- Datenverbindung zur Feuerwehr fehlt
- Entrauchungsanlage funktioniert nicht
- Fahrlässige Baugefährdung wg. Einsturzgefahr; Strafanzeige droht
- Gepäckausgabe zu klein
- Handwerkerrechnungen in Höhe von 400 Millionen Euro unbezahlt
- IT-Anlage wird nicht ausreichend gekühlt.
- Insolvenz der Baufirma, Arbeiter verlassen Baustelle
- Jahrelanges Missmanagement
- Kabelsalat - 90km Kabel mussten neu verlegt werden
- Korruption
- Lärmschutzvorschriften wurden bei Planung nicht berücksichtigt
- Müggelsee klagt: Flugroute verstößt gegen EU-Recht
- Neuer Aufsichtsratvorsitzender kommt, sieht das Chaos und geht gleich wieder
- Organisationsprobleme auf allen Ebenen
- Pfusch am Bau im großen Stil
- Qualitätsstandards wurden nicht eingehalten
- Rolltreppen sind zu kurz
- Schmiergeldzahlungen
- Technischer Defekt: Notstromversorgung funktioniert nicht
- Überlastung des Terminal-Daches durch Rauchgasventilatoren
- Vertrauliche Unterlagen zum Flughafen wurden von Bauarbeitern im Müll gefunden
- Wowereit im Vorstand versagt und tritt zurück
- Wenn am Tag X der Flughagen wirklich eröffnet werden wird, wird er zu klein sein, steigende Passagierzahlen wurden bei der Planung nicht berücksichtigt.
- Zusammenbruch der Lichttechnik
Aber die BerlinerInnen haben schon ganz andere Sachen erlebt und weggesteckt und so denken wir hier längst über alternative Nutzungsmöglichkeiten nach.
An erster Stelle steht dabei die Idee, ein Naherholungsgebiet auf dem BER-Gelände zu errichten, das heißt, man könnte die Ruine einfach vergammeln lassen und das Areal der Natur zurück geben. Es wurden sogar schon seltene Regenwurmarten und zahlreiche Hasenfamilien auf dem Ruinengelände entdeckt. Auch für die Trendsportart Urban Gardening bieten sich die Flächen an.
Weiter in die Zukunft führt folgende Idee:
Man sollte alles so stehen und verwildern lassen, die Ruine für die Nachwelt erhalten, damit diese dann spekulieren kann, ob es sich einst um einen Landeplatz für Außerirdische gehandelt hat.
Der größte Witz war dann eine Meldung am Freitag:
"In vier Wochen soll am BER weiter gebaut werden, der Eröffnungstermin 2017 ist nicht gefährdet."