Erstellt am: 18. 10. 2015 - 10:22 Uhr
Sehr gut nicht gut drauf
FM4 Soundpark Act des Monats
Im Oktober Schmieds Puls, und davor...
Apathie, Leere, Verzweiflung.
Wenn große Gefühle verschwinden, fällt man tief. Nach dem Aufprall folgen endlose Weiten dumpfer Lethargie, Wut und Trauer. Versuche, aufzustehen und weiterzumachen. Davon erzählt das neue Schmieds Puls Album "I care a little less about everything now" und es klingt dementsprechend melancholisch, fragil und stark zugleich. Bereits in der ersten Nummer "The Streets" schreit Mira Lu Kovacs ihren Schmerz hinaus und rechnet mit sich selber ab: "The Streets burnt my feet. I heard it coming". Rekapitulation und Selbstvorwürfe sind Teil des Neubeginns.
Schmieds Puls / Seayou Records
Wie diese großen - nun atomisierten - Gefühle geklungen haben, kann man sich auf "Play Dead" (Jazzwerkstatt 2013) anhören, das Mira Lu Kovacs damals noch als Ein-Frau-Band veröffentlicht hat. Jetzt geht es um die emotionale Ebbe nach der Flut, die sich auch im Titel "I care a little less about everything now" widerspiegelt:
"Es ist eine Trauer um den Verlust der Gefühle und auch ein dagegen angehen“, erzählt Mira Lu Kovacs. "Natürlich geht es immer auch um die Liebe, aber es geht im Großen und Ganzen darum, dass ich vor einem großen Nichts gestanden bin und mir gedacht hab, wo ist das ganze Zeug hin, das mich beschäftigt hat und dann war das so ein apathischer Zustand."
Daniela Derntl
Mut zur Reduktion
24.10. Kulturmühle, Hollabrunn
25.10. Bühne Mayer, Mödling
28.10. Stadtwerkstatt, Linz
29.10. Spielboden, Dornbirn
30.10. Postgarage/Pangea, Graz
Die Leere, von der Mira Lu Kovacs spricht und singt, zementieren Schmieds Puls auch in der Musik. Die Pausen verleihen den mit Gitarre, Schlagzeug und Kontrabass sparsam instrumentierten Songs Spannung und Gewicht. Erstmals kommt auch eine E-Gitarre zum Einsatz, allerdings nur in drei Liedern - und auch hier besticht die Kunst des Weglassens.
Mira Lu Kovacs ist, wie sie selbst sagt, auf dem neuen Album nicht nur traurig und wütend, sondern auch sehr zynisch. In "Joy" beispielsweise, wo sie ihrer unbekümmerten, kindlichen Freude nachtrauert:
"Ich bin immer wieder recht streng und denk mir, wie kommt diese Freude zu mir? Und ich hätte oft gerne eine bedingungslosere Freude. Ich hab den Anspruch, dass Freude etwas ganz Pures ist, was keine Ansprüche stellt. Nicht - du musst das und das machen, das und das erreicht haben, diesen wunderschönen Sonnenuntergang gesehen haben. Ich will einen bedingungsloseren Zugang, auch in Zusammenhang mit dem Albumtitel. Vielleicht ist das so als Growing-Person, wenn man erwachsen wird, dass man sich fragt, wo ist diese quitsch-fidele Freude? Wo ist sie hin? Und vielleicht sucht man danach sein ganzes Leben."
Joy won’t come easily to me
Joy comes from beyond
Joy comes from a pure place
But these days it seems to come around.
Trotz Traurigkeit und Melancholie emfindet man die von Mira Lu Kovacs gesuchte Freude beim Hören des Albums. Es sind sanfte und intime Kleinode, ein Herbstalbum mit zarten Grooves ("Lingo"), Post-Rock-Elegien ("This is not what I was looking for") und akustischen Songs im Spannungsfeld zwischen Joni Mitchell, Ani Difranco und Leslie Feist.
Zum Weinen schön!
Schmieds Puls im FM4 Gästezimmer
Schmieds Puls stellen uns ihre Lieblingssongs vor, am Sonntag, den 18. Oktober in FM4 Connected (13-17h) und im Anschluss für 7 Tage on Demand.
Ane Brune | Shape of a heart |
Lana Del Rey | West Coast |
Portishead | Treats |
Billy Gibbons & Co | Oh Well |
Deichkind | Denken Sie Groß |
Mr. Bungle | Retrovertigo |
Beth Gibbons | Mystery |
Willi Landl | Über den See |
Fijuka | Ca Ca Caravan |