Erstellt am: 22. 9. 2015 - 14:20 Uhr
Refugees Welcome in Krumpendorf
"Du wirst mich sofort erkennen, ich bin der Barfüßige", sagt Christian Salmhofer und er meint es wörtlich. Er hat gerade eine afghanische Familie zum Klagenfurter Bahnhof gefahren und holt mich von dort ab. "Die Flüchtlinge staunen immer, wenn sie mich ohne Schuhe sehen", sagt er. Hauptberuflich beschäftigt sich Christian beim Klimabündnis Kärnten mit dem Klimawandel. Zurzeit ist er aber vor allem Flüchtlingshelfer.
Ali Cem Deniz/FM4
Gemeinsam fahren wir nach Krumpendorf. Die kleine Gemeinde ist bekannt als Urlaubsort am Wörthersee und berüchtigt für eine umstrittene Rede Jörg Haiders vor ehemaligen SS-Mitgliedern.
Seit die Zeltstadt hier steht, hat sich das Image des Dorfes massiv verändert. Das heikle Thema Flüchtlingsunterbringung wird hier unkompliziert behandelt. Christian Salmhofer und Bürgermeisterin Hilde Gaggl bereden die Unterbringung von Flüchtlingen bei einem lockeren Gespräch nach der Sonntagsmesse. "Wir machen das sehr einfach, auch weil uns das Land Kärnten unbürokratisch hilft. So können wir im Stundentakt Flüchtlinge in Wohnungen unterbringen", sagt Christian.
Gemeinsame Feste
Unterstützung bekommt Christian von George Isaaq. Der 29-jährige Arzt ist selbst vor wenigen Monaten aus Syrien nach Österreich geflohen: "Ich habe zwei Jahre in Syrien als Arzt gearbeitet, aber das Leben dort wurde unerträglich. 16-jährige Jungs laufen dort mit Maschinengewehren rum. Die Situation ist total außer Kontrolle." Also hat er beschlossen, gemeinsam mit einem Freund zu fliehen. Mit seinem Smartphone zeigt er, wie er in einem winzigen Boot mit anderen Flüchtlingen die Ägäis überquert hat. Heute freut er sich über sein neues Leben in Krumpendorf. "Ich helfe als Übersetzer und als Arzt. Es ist wirklich eine große Freude, hier zu sein."
Ali Cem Deniz/FM4
George geht mit Christian in die Zeltstadt und koordiniert mit ihm die Unterbringung der Flüchtlinge. Doch sie arbeiten nicht nur mit den Flüchtlingen, sondern auch mit den EinwohnerInnen von Krumpendorf.
"Im Sommer haben wir 18 Feste und Konzerte organisiert. Es waren wirklich alle Menschen mit ganz unterschiedlichen Ideologien da. Bei den arabischen und kurdischen Liedern haben selbst die Alten aus dem Dorf mitgetanzt", sagt Christian. Das gemeinsame Tanzen, Kochen und Reden hat selbst bei vielen SkeptikerInnen Vorurteile abgebaut.
Ali Cem Deniz/FM4
Wenige Konflikte
Die Flüchtlinge prägen heute den Alltag in Krumpendorf. Unter ihnen gibt es Balletttänzer, Fußballer und Musiker. Wenn es Beschwerden gibt, landen sie häufig bei Pfarrer Hans-Peter Premur: "Bei einem Dorffest sind zwei junge Männer zu mir gekommen und haben gesagt, dass sie wegen mir aus der Kirche austreten wollen. Wenn sie besoffen sind, ist es noch schwieriger mit den Leuten zu reden, aber ich stelle mich diesen Gesprächen."
Während manche Gemeinden und LokalpolitikerInnen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen Unterschriften sammeln und die Ängste der AnrainerInnen schüren, werden in Krumpendorf die Ängste abgebaut.
FM4 Auf Laut: Refugees Welcome in Krumpendorf
300 Flüchtlinge leben seit Juli in Krumpendorf am Wörthersee. Die meisten sind in Zelten untergebracht, einige werden auch privat beherbergt. Viele KrumpendorferInnen helfen den Flüchtlingen, indem sie ihnen Deutschkurse geben, Fahrräder spenden, gemeinsam Fußball spielen oder ihnen Internetzugänge checken, damit sie mit ihren Familien in Kontakt bleiben können.
Claus Pirschner meldet sich in FM4 Auf Laut aus Krumpendorf und diskutiert mit HelferInnen, Flüchtlingen und AnruferInnen über die aktuelle Situation. Sind in deiner Gemeinde Flüchtlinge und wie werden sie von der Bevölkerung aufgenommen?
FM4 Auf Laut öffnet von 21 bis 22 Uhr die Telefonleitungen: 0800 226 996, oder kontaktier uns via Email an fm4@orf.at oder via facebook.