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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

20. 9. 2015 - 16:15

Everyday Robots

Der Song zum Sonntag: Ought - "Beautiful Blue Sky"

Alltag, Alltag, Alltag. Schule, Arbeit, Gartenarbeit, tot. Kann die Kunst, die Musik Gegenmittel, Auswege spenden? Oft schon in der ewigen Geschichte des Rock'n'Roll hat ein schlichtes "Yeah!" wie ein Versprechen klingen können. Aufbruch, Aufstand, Lebensbejahung, sich mit aller Kraft die eigene, gute, wilde Existenz nehmen. It's alright.

Ein wiederholtes "Yes!" hat das kanadische Quartett Ought zum ideologischen Zentrum seines Songs "Beautiful Blue Sky" gemacht, das wiederum das zentrale Stück auf dem gerade erschienenen zweiten Album "Sun Coming Down" ist. Sänger Tim Darcy spricht dieses "Yes!" halb euphorisch, sich selbst motivierend, halb resignativ, wissend um die Sinnlosigkeit.

Ought

Ought

Schon auf ihrem sehr guten, 2014 erschienenen Debütalbum "More Than Any Other Day" haben Ought die Wechselwirkung zwischen Gesellschaft und privatem Ich thematisiert, Politik, Konsum, Punk. Welche Marke Milch wohl im Supermarkt die beste sei, fragte sich Tim Darcy damals in einem nöligen Sprechsingsang, der Lou Reed als Spaßkanone erscheinen lässt. Dazu verwischen Ought die Echos von Postpunk, Wave und No Wave, Television, The Fall, die Talking Heads minus Funk zu einer einzigen knurrenden, angsthysterischen Musik, die der Rockmusik entkommen zu wollen scheint.

Der Song "Beautiful Blue Sky" stellt die Banalitäten des schönen, geregelten, modernen Lebens, Wohnungsmarkt, Warenwelt, Selbstoptimierung, Selbstvergewisserung und eine leise Hoffnung zueinander in Beziehung: "Yes!".

Tim Darcy betet die Small-Talk-Routinen herunter: "How's the job? How's the church? How's the job? How's the family?". Aus den wieder und wieder wiederholten Zeilen spricht Ambiguität. Ein großes Genervt- und Angeödetsein von den ewigleeren Phrasen, aber auch der Verdacht, man könnte es sich ja vielleicht doch auch in so einem Leben kuschelig einrichten wollen.

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Trost spendet schon am Anfang des Songs ein Natureindruck - der Song heißt "Beautiful Blue Sky"- Tim Darcy scheint ehrlich gerührt: "With the light coming down over your shoulders, saying, "What is that sensation?"". Dem gegenüber steht wiederum der Fortschritt: "I feel alright! War plane. Condo. Oil freighter. New development".

Wir habe die von Irrationalitäten geprägten Wahrheiten des Lebens erkannt, kurz, unter Zähneknirschen entsteht neue Energie: "I'm no longer afraid to die, cause that is all that I have left", heißt es im Refrain.

Ein Lied, in dem Hilflosigkeit und Aggression und ein schwacher Lichtblick einander durchdringen. Die letzten zweieinhalb Minuten von "Beautiful Blue Sky" sind ein einziges instrumentales Wegdriften und Ausfaden, Feedback, das Schlagzeug macht eben weiter. Man möchte auf noch eine Rückkehr des Refrains warten, noch ein Aufbrausen. Ohne Sensation, ohne Erlösung schaukelt jedoch das Leben voran. Beim letzten Schritt machen wir die Augen zu.