Erstellt am: 15. 9. 2015 - 12:49 Uhr
The daily Blumenau. Tuesday Edition, 15-09-15.
#fußballradio #austrocomix #schundroman
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
... die Abstände sind unregelmäßig, aber das liegt nicht daran, dass es nicht genug interessante Projekte gibt. Hier sind wieder einmal drei davon:
Radio; oder auch Podcast. Mit Fußball!
Das Hör-Ding im Netz ist ja eine Supersache: vor allem geht das - bei den vielen Schau-Sachen, die man so anklicken muss; und auch bei geistloser Arbeit am Computer, und die betreiben, wenn es nach dem Gejammer der arbeitenden Bevölkerung geht, echt viele echt oft - eben auch quasi nebenbei.
Fußball zum Hören, mit diesem Schlagwort verbindet man bisher wohl nur die herausragende Arbeit von Bundesliga on Ear - jetzt wird die Palette um ein entscheidendes Angebot erweitert: den Expertentalk von BlackFM.
Dabei handelt es sich, erraten, um eine Audio-Plattform, die sich um die Blackies, also Sturm Graz, die selbsternannte 4. Kraft im österreichischen Fußball, die wieder einmal bescheiden in eine Saison gestartet ist, kümmert. Und es sind, auch wieder erraten, einige der Macher der herausragenden kritischen Fan-Site sturm12.at, die sich in einem neuen Medium probieren.
Das Projekt sturm12.at wurde mit Jahresbeginn eingestellt: länger ließ sich extrem viel Aufwand, der auf hohes Fan-Interesse, ordentliche Behinderung durch das Objekt der Berichterstattung (der Vereinsoffiziellen) und durch die mit Sturm unangenehm dicht verhaberten Filz-Medien stieß, nicht aufrecht erhalten.
Zum einen ist nun Radio, also 1zu1 eingespieltes Live-Radio, das on Demand herumliegt um es nachzuhören, produktionstechnisch mit deutlich weniger Aufwand herzustellen. Zum anderen ist die Einführung einer neuen Medien-Gattung in den österreichischen Fußball-Diskurs eine pipifeine Sache. Denn selbstverständlich hat Audio eine andere Textur und Tonalität als das geschriebene Wort und das Bild. Und selbstverständlich bringt der Wegfall der visuellen Komponente auch eine Konzentration auf Inhalt und Emotion. Während man sich bei Fernseh/Video-Diskussionen gern vom schiachen Hemd oder dem blöden G'schau der Proponenten oder gar dem doof reinwinkenden Publikum ablenken lassen kann, sitzt die BlackFM-Expertenrunde (Pelitz, Pucher, Wonisch) direkt im Ohr. Und sie verrät mittels Stimm-Modulation auch deutlich mehr, was zwischen den Zeilen steckt.
Ein kurzer Hörausflug in die Welt von "Sturm Graz on ear" bringt mehr an Erkenntnisgewinn als tausend Medien-Berichte mit verlogenen Meldungen wie hier, wo der Sturm-Coach, der sich bei der Saisonstart-PK wohlig und abnickend in den Co-Favoriten-Zuschreibungen gesuhlt hatte, panisch zurückrudert. Er wird sich ebensowenig ins BlackFM-Studio trauen wie Sturm-Manager Gerhard Goldbrich. Zweiterer vielleicht sogar auch deshalb, weil er weiß/ahnt, dass man in Audio-Interviews noch viel schneller hört/spürt, dass eine die Unwahrheit erzählt.
Superhelden-Comix, made in Austria
Es gibt Projekte, da fragt "man" sich, warum "man" nicht schon viel früher auf die Idee gekommen ist "sowas" zu machen. Weil es doch auf der Hand liegt eigentlich. Dass es bei weiterer, reiflicher Überlegung immer klarer wird, wo die (teilweise übermenschlich großen) Hürden stehen, kann diese Primär-Euphorie dann auch nicht stoppen.
Konkret: dass es noch kein Superhelden-Universum von Österreich-bezogenen Comic-Figuren gibt, ist ein Skandal. Und wird gerade geändert.
Denn das Potential ist ja da. Figuren wie das (durchaus füllig geratene) Donauweibchen, der Bürokrat, Lady Heumarkt, die historische Partie der "Wiener Wächter" oder der womöglich brüchige Captain Austria müssen ja nur aus der Luft gefangen werden, in der sie liegen.
Gemacht hat es dann der Chef selber. Harald Havas ist - solange ich denken kann - die treibende Kraft in der heimischen Comic-Szene, einer, der gar nicht anders kann als Ideen und Vorhaben anzutreiben.
Weil aber Österreich allein ein zwergenhafter Markt ist, und sich maximal ein Haderer trauen kann, ein klassisches Schundheftl herauszugeben, wird es nur mit der Schwarm-Intelligenz der Endverbraucher klappen: Havas' Projekt ist crowdfunding-basiert. Soweit ich das verstehe, sind die ersten (vier) Hefte von A.S.H., die Austria Superheroes wohl schon fertig in der Schublade, können aber nur mit Schwarm-Geld veröffentlicht werden. Damit die ÖSI, die österreichische Superhelden-Initiative dann im Monats-Rhythmus den (Zitat) "Luftraum über Wien, Graz, Linz, Salzburg oder dem ganzen Alpenraum dominiert".
Mit durchaus realistischen Anklängen und Bezugnahme auf zeitgeschichtliche Ereignisse. Und Ideen wie der, dass man sich (oder jemand zu Beschenkenden) für 100 Euro in die Statisterie einer Szene hineinzeichnen lassen kann. Die mitwirkenden Zeichner und Autoren gehören zur Oberliga, dazu wurden auch junge Zeichnerinnen aus dieser rekrutiert (im männerdominierten Comic-Bereich leider auch keine Selbstverständlichkeit).
Mir gefällt daran die Kombination der Retro-Idee der Schundheftl-Romantik mit dem Community-getriebenen Wir-Gefühl der Produktion. Ist letztlich genau die Nische, in der Superhelden-Comix leben könnten. Auch in Österreich.
Und noch ein Schundheftl, eines in Buchform
Das, was der Schundroman in meiner Kindheit, Jugend noch abdecken musste (und in vielfacher Ausfertigung, von Ärzte-Roman bis hin zu Perry Rhodan auch tat), hat sich mittlerweile in alle Mediengattungen verlagert. In Nachmittags-Talkshows, dailysoaps, Katzenbilderseiten oder den Print-Boulevard. Nur der Roman in Fortsetzungen klappt nirgendwo so recht, nicht am E-Reader, nicht auf Twitter, letztlich auch sonst nicht im Netz.
Für ein Schundheft, das neben dem Handy in der Tasche steckt und bei kurzen Warte/Fahrtzeiten von der News-Ebene in die Fiktionskiste switcht, und den kleinen Kick, den "Was passiert jetzt?"-Thrill bringen kann, ist noch Platz. Finden auch die Initiatorinnen des Original Wiener Schundromans, die sich bis dato mit Sachbuch-Produkten wie dem schon legendären Wien geht einen Namen gemacht haben.
Die erste Reihe heißt Yppies und hat keine Scheu den bereits überklischierten Hotspot Yppenplatz/Brunnenmarkt in Wien-Ottakring zum heimlichen Hauptdarsteller einer Kolportage-Soap zu machen. Freundeskreis zieht in eine WG ebendort, Verwirrung, Verirrungen, es kommen In- und Ausländer, Wiener Gemeinderäte, Tätowiererinnen, Szene-People, glücksuchende Männer und Frauen und augenrollende Teenager vor.
Und ehrlich, ich finde es besser so ein Szenario genau dort anzusiedeln, wo derzeit virtuell alles angesiedelt wird (naja, soviel ist es dann auch wieder nicht, der eine Film da unlängst, die Copstories, aber dann?..) als sich krampfhaft einen besonders originellen Ort zu überlegen und dann mitten-im-achten zu landen. Und um so österreichisch/wienerisch bleiben zu können und Worte wie "stierln" zu verwenden. Ich finde ja nichts trauriger als die Selbst-Kastration, die manch einer im Literaturbetrieb betreibt um ja dem deutschen Markt (und seiner Einheitssprache) zu entsprechen.
Mehr als einmal schnell lesen und dann weg ist das natürlich nicht. Und vielleicht interessiert mich Teil 2, in dem dieselben Figuren unterwegs sein werden, dann auch gar nicht mehr. Aber die aktuellen Yppies (1: Melange, Tattoo und Strudel) sind in meiner Tasche; und dürfen dann in der U-Bahn immer kurz raus. Auch weil ich wissen mag wie es mit dieser Gemeinderats-Kandidaten-Figur und seiner Parteiadels-Frau weitergeht; weil da im Schundroman eine Wahl stattfindet als wär's das wirkliche Leben.