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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

13. 9. 2015 - 15:39

Kein Kuscheltier

Der Song zum Sonntag: Empress Of - "Kitty Kat"

Mal schleichende, mal erschütternde dunkle Musik über die Süßheit in der Liebe, den Beziehungsterror, Dominanzspielchen. Das letzte Woche erschienene Debütalbum der New Yorker Produzentin und Sängerin Lorely Rodriguez ist die ins Intimste, ins Privateste hineingezoomte Heimwerkerinnen-Ausgabe einer großen, funkelnden Popplatte.

Unter dem Namen Empress Of verhandelt Rodriguez in einer klaren, schlichten Sprache, wie casual hingeworfen und ohne falschen Prunk aus dem Poesiealbum gezogen die schnöden Day-to-Day-Abläufe im übermächtigen intermenschlichen Gefühlsrodeo. Manchmal geht ein Zittern durch den Körper, mal glüht die Brust vor Überwältigung und/oder Verlangen, dann wieder ist es langweilig. Aufschürfung, Wonne, Vezweiflung, Egalheit.

Empress Of

Empress Of

Empress Of bemüht auf ihrem Album eine bewusst eng gesetzte Selbstbespiegelung, die sich höchstens mit einem geliebten und gehassten Gegenüber auseinandersetzt und sich sonst für die Vorgänge draußen in der weiten Welt nur wenig interessiert. So trägt die Platte den Titel "Me", durch die gezielte Konzentration entsteht Universalität.

Bislang ist Empress Of auch ein komplettes Solounternehmen: Alle Songs auf "Me" hat Rodriguez alleine geschrieben, produziert, aufgenommen, gesungen, gemixt. Bei allem Ein-Zimmer-Wohnungs-Appeal in den Themen und Texten will dabei aber in der Musik eben genau kein Lo-Fi- und Bastelschrott-Charme transportiert werden: Hier entsteht prächtige, strahlende Musik über die Zerfurchung, vor Leben vibrierender Pop über die Vereinsamung. Elektronischer Goth-Pop, chromblinkender R'n'B, der die Rutsche legt von Beyoncé nach Björk, von Grimes zu FKA Twigs.

In einem Stück wie "Need Myself" erzählt Empress Of von dem Umstand, dass sie weiß, dass sie doch eigentlich nur sich selbst braucht, um froh zu sein, in einem anderen Song beschwört sie dann die glückliche, völlige Hingabe: "Everything is You".

Zwischen eleganten, gleitenden, katzenhaften Songs ist das Stück "Kitty Kat" das intensivste, forscheste. Das Lied kann wiederum als die Bestandsaufnahme der Widrigkeiten in einer Zweier-Beziehung gelesen werden, gleichzeitig auch als feministisches Statement, das auf die gesamte Welt verweist.

Über stumpfem Beat, Fauchen und nervösem Zwitschern aus dem Synthesizer singt Empress Of von gönnerhaften Herablassungsmanövern und Mackergetue ihres Gegenübers: "Don't take me by the hand and walk me through with pity". Ausdrücklicher wird es, wenn es um die angeblich freilich bloß wohlmeinende Vertätschelung und Objektifizierung geht: "Don't kitty, kitty cat me like I'm just your pussy".

Empress Of weiß wer sie ist. Im Refrain baut sie einen Twist ein: "Let me walk away", heißt es da wiederholt, so wird dann doch auch ein Gefühl der Abhängigkeit eingestanden. Ein ewiges Dilemma, eingedampft auf wenige Zeilen und nicht einmal zweieinhalb Minuten. Es ist kompliziert. Hässlich, wunderbar und voller Widersprüche.