Erstellt am: 12. 9. 2015 - 09:24 Uhr
Sind die meisten jungen Bands tatsächlich verloren?
Anfang Oktober erscheint das neue – langerwartete – Album von Wanda. Im Rahmen der Promotage haben sich Marco Michael Wanda und Manuel Poppe von Wanda auch mit Dominik Oswald, einem Kollegen von The Gap getroffen. Wir schreiben den 15. August, als sich die drei zu einem fast zweistündigen Interview treffen. Thema ist das neue Album „Bussi Baby“. Es geht also um Wanda und die Welt.
Wir erinnern uns: FM4 Award, Platin Status für „Amore“, ausverkaufte Herbst-Tour, Major Label, Manager Portrait auf zeit.de. Bei einem professionellen und gut organisierten Umfeld sind Presse-Tage weit vor einem Albumrelease üblich und normal. Promozyklus halt. Auch das FM4 Interview mit Wanda ist schon seit einigen Wochen im Kasten. Ein Großteil des Interviews war im Radio noch gar nicht zu hören, weil es die dazugehörige Musik theoretisch noch nicht gibt.

Franz Reiterer
Beim Gap-Artikel, das sich hinter der Zitat-Überschrift „Die meisten jungen Bands sind schon verloren“ versteckt, ist das Interview zu einzelnen Blöcken „eingedampft“ worden, die thematisch einen roten Faden ergeben. Ausgehend von der Frage „Wen würdet ihr gerne featuren?“ liest man dann, was Wanda wirklich denken, beziehungsweise am 15. August zwischen 17:15 und 19:30 laut gedacht haben. Es fallen einige schöne Sätze. Auch einige unschöne. Vielleicht sogar unreflektierte, vielleicht kalkulierte. Marco Michael Wanda sagt zum Beispiel:
„Ich finde alle Musik von allen zeitgenössischen Musikern vollkommen bescheuert, jetzt ist es raus.“ Man habe sich gefunden, mit anderen Bands zusammenarbeiten muss nicht sein. Später benennen sie den Hype rund um Bilderbuch und Wanda als "die totale Bewegung". Man mache sich Gedanken und Sorgen:
Die Wanda Zitate aus dem hier zitierten Artikel von The Gap sind mittlerweile auch in der Langversion hier veröffentlicht worden.
"Ich hab wahnsinnige Angst davor, dass all das, was hier passiert, dieses vermeintliche Fenster nach Deutschland, die Jungen total zerstört. Die fallen auf diese falschen Versprechungen rein. Dieses 'Jetzt greifen wir österreichischen Kellermusiker zu Gitarren, singen auf Deutsch und werden berühmt in Deutschland!'. Das macht mir Sorgen, in der Regel sind das Nachwuchsmusiker, die sofort jedes Angebot annehmen, total ungeduldig sind. Es gibt Bilderbuch und Wanda, die 'totale Bewegung'. Ich habe Angst, dass das die Jungen zerstört. Was uns geholfen hat, war dieses Nichtvorhandensein einer Industrie – nur deswegen konnten wir so experimentell und spielerisch sein."
In der Langfassung des Interviews erfährt man übrigens ganz am Ende, dass Wanda sehr interessiert an "Nachwuchsforschung" sind. Es gibt eine neue Lieblingsband aus Österreich, aber "ich will die Band dafür schützen, dass ich sie benenne" meint Marco Michael Wanda.
Meine persönliche erste Reaktion, als ich den Artikel gestern gelesen habe? Es gibt Bands, die sind wie ein Reissack in China. Und dann gibt's Ja, Panik. Während ich also den 15 minütigen Titelsong von Ja Paniks DMD KIU LIDT Platte höre, fange ich an Mails an österreichische Musiker_innen zu schreiben. Ich schicke ihnen den Link zum Gap-Artikel und obige Text-Passage, um eine Reaktion von denen einzuholen, um die es geht.
Die meisten der kontaktierten Bands (Lian, Clara Blume, Neuschnee, Akjela) werden im Oktober auf dem Waves Vienna Festival auftreten, dem österreichischen Showcase Festival, das von nationalen und internationalen Labelmenschen, Agenten, Promotern, Bookern, Journalist_innen und Musikfans besucht wird. Thomas Hangweyrer von The Boys You Know hab ich angeschrieben, weil er auf meine FM4-interne Email hin am öftesten genannt wurde. Und Hubert Weinheimer von Das Trojanische Pferd, weil ich ihn neben seiner Musik auch als Autor und Gesprächspartner schätze.
Warum? Darum!