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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

8. 9. 2015 - 10:40

We Were Here: Radiosession mit Boy

They were here. They were really here. Das Hamburger Duo Boy spielte mit kompletter Band eine FM4-Radiosession.

Boy und ihre Musik sind unironisch, meint Martin Blumenau in seiner Anmoderation zur Radiosession mit Boy. Und dieses "Unironisch-Sein", so Blumenau, ist der gewagtere Zugang. Hmm. Ganz ironiefrei, also ohne jeglichem "Augenzwinkern", sind Boy letztlich natürlich nicht, etwa im Song "Boris". Aber alles der Reihe nach. Es ist dunkel im Saal vom Radiokulturhaus, ein herbstlich heimeliges indoor Gefühl ist das irgendwie schon. Die Worte We Were Here in Neonschrift am Bühnenhintergrund. Ein knappes "Hallo" von Sonja Glass und Boy - Sonja Glass und Valeska Steiner - legen los mit "We Were Here", dem Titelsong ihres neuen Albums. Sonja am Bass, Valeska singt, dazu Gitarre, Keyboards und - zwecks kraftvollerem Sound - zwei Drummer, die, eh klar, nicht das Selbe spielen; eine Band, so wird an diesem Abend klar, die mehr ist als eine reine Backing Band.

Boy mit Band im Großen Sendesaal des RKH. Im Hintergrund der Schriftzug "We were here".

FM4/Christian Stipkovits

"Drive Darling" vom ersten Boy-Album vor vier Jahren folgt, jener Song, in dem es darum geht, wie Valeska Steiner von ihrer Heimatstadt Zürich nach Hamburg fährt, im Auto, mit Sack und Pack und ihrer Mutter am Steuer, um das Abenteuer Boy richtig anzupacken.

Das Abenteuer Boy ist mittlerweile ein Profi-Betrieb, eine zarte Nervosität ist aber noch immer da, die einer ja durchaus möglichen gewissen Abgebrühtheit einen Riegel vorschiebt. Noch ein Song vom ersten Boy-Album kommt: "Waitress", samt Tamburin in den Händen von Valeska Steiner, der Boy-Sängerin, die auch die Texte der Band schreibt, während Sonja Glass die Songs komponiert.

Harmonie ist eine Strategie

Uns geht es gut, lassen uns Boy von der Bühne aus wissen und fragen freundlich: "Wie geht es euch?" Ein wenig zittern Boy, so sagen sie jedenfalls, aus Ehrfurcht vor dem Saal, in dem schon Tori Amos oder Patti Smith - zwei Lieblingskünstlerinnen von Boy - FM4-Radiosessions spielten. Also: We were here, we were really here! So wie es in diesem neuen Boy-Song heißt.

Valeska Steiner am Mikrophon

FM4/Christian Stipkovits

Valeska Steiner greift zur akustischen Gitarre, "Beginning" ist nun dran, wieder ein Song vom ersten Boy-Album - wieder ein Umzugssong: Schachteln auspacken, Bilder aufhängen. Zu Hammer und Nagel greift die Elfe, das Hexlein. Aber lassen wir das Greifen nach (Frauen-)Klischees, dieser Song hat ein wirklich tolles Finale, das so nicht am Album war.

Boy sind gerade auf Tour, der Tag vor der FM4-Radiosession war ein freier Tag für die Band, erzählen Boy auf der Bühne, und dass sie an diesem Tag in Wien ins Museum gingen. Wie das KünstlerInnen gern so machen wenn in Wien. Schiele und Tracey Emin zur Zeit unter einem Dach, wo gibt´s das schon. Danke für das Lob an unsere Stadt, aber ein weiterer Song auf der Boy-Setlist wartet: "Ein trauriges Lied über ein schönes Mädchen", sagt Valeska Steiner "Oh Boy" an - wieder ein Song vom ersten Album der Band. Sonja singt mit. Strobe Lights dann - Boy goes Disco, ganz unironisch.

Noch ein Stück vom Boy-Debütalbum: "Army". Valeska mit der akustischen Gitarre, Sonja singt mit. Dann ist ein neuer Song dran. "Kennt jemand schon das neue Album?", fragt Sonja Glass. Aber sicher. "Hit My Heart" heißt der neue Song. Und noch ein neues Stück: "Hotel". Mit vollem Antrieb fährt die Boy-Lokomotive nun dahin.

Sonja Glass an der Gitarre

FM4/Christian Stipkovits

Nächste Haltestelle ist das leise, akustische "Into The Wild", ebenfalls vom neuen Boy-Album. Sonja spielt die akustische Gitarre, Valeska singt, und der Gitarrist hat ebenfalls zur (Semi-)Akustischen gewechselt. Von "ships and harbours" ist die Rede im Song, von "I play with the animals and sit by the fire". "Into The Wild" erinnert an klassischen 70er Jahre Folk-Pop - wo der Song an sich das große Kapital war. Harmonie ist eine Strategie. Jeder Zweifel, jeder Zwang verschwand vor unsern Augen, heißt es im Tocotronic-Song "Harmonie ist eine Strategie". Selbst in ihren lautesten Momenten bleiben Boy harmonisch, geben Dissonanzen keinen Raum.

Nächste Station in der FM4-Radiosession mit Boy: "Railway" vom ersten Album der Band, samt Zuggeräuschen. Sonja diesmal an der E-Gitarre und der Gitarrist am Bass, den sich Sonja aber dann wieder schnappt - er ist ihr Hauptinstrument. Ein paar Fotos müssen aber noch schnell hergezeigt werden - die Lieblingsbilder von der Gewinn-Aktion für die FM4-Radiosession mit Boy: Schnurrbärte mussten erfunden und aufgeklebt werden, um an Boy-Tickets zu kommen. Ein Mann mit Lego-Schnurrbart hat es Sonja und Valeska besonders angetan. Da passt das nächste Lied irgendwie, über "einen Schuft aus Zürich", wie Valeska Steiner den Song "Boris" ansagt. Es geht um einen sexistischen jungen Mann. Ironisch arbeitet Valeska Steiner eine Begegnung auf, die nicht lustig war. "Boris" ist ebenfalls" vom ersten Boy-Album.

Zwei neue Boy-Songs folgen: "Fear" - sehr schön, samt ganzer Arbeit des Gitarristen. Die Bühne im blauen Licht - die blaue Stunde also ein wenig, die Valeska Steiner ja so gerne mag, jenen Moment wenn die Sonne endgültig hinter dem Horizont verschwunden ist.

Einige Bands, mein ich, dass mir einfallen, an die der Sound von Boy erinnert, tausend Bands, an die Boy andocken, die ich aber dennoch nicht benennen kann - die Gitarre gar manchmal von den, äh, kalifornischen 70er-Giganten Eagles? Kings Of Leon würden andere vielleicht sagen. Oder winkt Bon Iver um die Ecke? Die elektronische(re)n Oberflächen ein wenig wie von Au Revoir Simone? Ein bisschen wie Metric dann wieder? Aber das ist ja sowieso immer so eine Sache mit den Vergleichen.

Es folgt "New York", jener Song vom neuen Boy-Album, in dem es darum geht, dass Sonja und Valeska während der Entstehung von "We Were Here" aus der "Kleinstadt" Hamburg etwas raus wollten, in eine Metropole wie New York, dann aber doch zuhause blieben - und so taten, als wären sie in New York. Schluss mit dem Träumen aber jetzt - aufstehen! Tanzen! "Little Numbers", der Boy-Hit vom ersten Album, steht an. Da groovt die gut geölte Boy-Maschine. Wir machen Popmusik, hat Sonja Glass zuletzt in einem FM4-Interview gesagt. Alle singen mit. Der Keyboarder grinst. Good time Pop. Yeah. Applaus. Viel Applaus für Boy.

Boy haben noch zwei Zugaben: "Flames" und "No Sleep", beides Songs vom neuen Album "We Were Here".
"Flames" ist ein Duett von Valeska und Sonja, mit leichtem Country-Folk Touch. "Ease your troubled mind", singt Valeska Steiner. Das hat beinahe Emmylou Harris´sche Schönheit. In der Tat, die vielen Gedanken, die rasenden, die im Kopf des Alltags tobenden, sie sind wie weggeblasen nach diesem Boy-Konzert. "No Sleep" ist der letzte Song: einmal noch Boy in voller Band-Pracht.

Und dann noch eine Zugabe: "Skin" vom ersten Boy-Album, und außerdem will "We Were Here" noch einmal gespielt werden. Dann ist endgültig Zeit zum Schlussmachen. Boy were here, they were really here. Aber Boy kommen wieder - im November nach Graz, Linz und Wien.