Erstellt am: 6. 9. 2015 - 11:45 Uhr
Österreichische Musik: Fettkakao Records
Eine kleine Einzimmerwohnung im 9. Wiener Gemeindebezirk. Zimmer, Küche, Kabinett. Ein großes Holzregal im Vorzimmer, in dem sich bis unter die Decke Schachteln mit Platten, Stickern und Postern drin stapeln. Daneben unzählige Aktenordner und Kisten voller Flyer. Sex Jams, Mile Me Deaf, Tirana, Lime Crush, Cry Baby, Les Trucs und Goldsoundz steht auf den Schachteln drauf: Die Bands am Label Fettkakao.
Fettkakao im Radio:
7.9.: FM4 Soundpark
7.9.: FM4 Morning Show
9.9.: FM4 Homebase
9.9.: House of Pain
Wir haben Fettkakao vor einiger Zeit schon besucht: Homebesuch bei Fettkakao im Jahre 2010!
Zwischen 7. und 12.9. wird gefeiert! Fluc, Arena, Schikaneder, Gönner.
'Festkakao': Der Blog zum 10. Geburtstag 2015
Alexandra Augustin/ FM4
"Das ist das 'Monster'. Ich nenne es mein Monster", erzählt Andi Dvořák. Hier lebt der Betreiber des Wiener Indielabels Fettkakao Records. Einmal ist er mit dem 'Monster' umgezogen und hat die ganzen Platten in einen Umzugswagen verfrachten müssen. Die Aktion war ein großer Kraftakt.
Im Wohnzimmer nebenan steht ein Holzstockbett, darunter befindet sich ein vollgepackter Schreibtisch. Daneben steht die graue Couch und ein Apple Laptop. Willkommen in der Schaltzentrale von Fettkakao. Andi Dvořák benötigt für sein Label weder ein großes Büro noch 100 Mitarbeiter. Hier lebt und arbeitet er.
Fettkakao feiert heuer seinen 10. Geburtstag. Kaum zu glauben, dass hier einer der wichtigsten und spannendsten Menschen der Wiener Musikszene operiert. Das wird gefeiert: Mit der ersten Wiener Festkakao-Woche.
Alexandra Augustin/ FM4
Wer erinnert sich noch an den Gig von Wanda im Rhiz 2014? Knapp 100 Menschen waren da. Demnächst werden sie in der Stadthalle in Wien spielen. Der "plötzliche" Erfolg von Wanda, Bilderbuch, Fijuka und KonsortInnen kommt natürlich nicht aus dem Nichts.
Lesenswert:
Der Wanda-Manager Stefan Redelsteiner über den Status Quo österreichischer Popmusik in der ZEIT.
Ohne Menschen wie Ilias Dahimène (Seayou Records/ Fijuka), Stefan Redelsteiner (Ex-Problembär Records/ Wanda), Hannes Tschürtz (ink Music/ Bilderbuch), Clara Luzia (Asinella Records/ Clara Luzia, Luise Pop) und Andi Dvořák, die mit viel Ausdauer schon seit Jahren Platten veröffentlichen, Konzerte veranstalten und eine Szene generiert haben, wäre die österreichische Musiklandschaft grau und trostlos.
Diese Labels haben Anfang der 2000er Jahre frischen Wind in die Wiener - und allgemein österreichische - Musiklandschaft gebracht. Eine Generation an EnthusiastInnen, die in Eigenregie, mit wenig Kapital und ohne große Medienkampagnen, operieren. Die Arbeit macht sich nun bezahlt, auch wenn große Erfolge nie als solche geplant waren. Medienkampagnen, strikt geplante Releases: Damit kann man Labelbetreiber Andi Dvořák nicht hinter dem Ofen hervorlocken - was nicht impliziert, dass bei ihm nicht professionell gearbeitet würde. Im Gegenteil.
Alexandra Augustin/ FM4
From all the jobs the one I choose is music
Auf der Couch von Andi liegt ein Packen Fanzines, Goodies und selbst gestaltete Plakate für das 10-Jahres-Geburtstagsfest. Alles mit Hilfe von Freunden, die auch in den Fettkakao-Bands spielen, designt. "D.I.Y. - Do It Yourself", so lautet das Motto.
"Ich war damals in der Punk- und Fanzine-Kultur drinnen. Ilias von Seayou hat damals sein Bandprojekt Vortex Rex gestartet. Das war alles sehr experimentell angelegt, er hat damals auf Plastikkübeln Schlagzeug gespielt. Ich fand es großartig, aber ich wusste auch, das wird niemand veröffentlichen wollen. Für die Punkleute war das nicht Punk genug. Die Indielabels hätten nur den Kopf geschüttelt und gefragt, was denn das Schräges sein soll. Für mich war es perfekt. Und dann ging es los mit Vortex Rex und Lonely Drifter Karen: Das hat sich alles richtig angefühlt."
Vor einiger Zeit passiert: Die FM4 Soundpark Studio 2 Session mit Fettkakao!
Music is my Boyfriend
Lachend erinnert er sich an die ersten Releases zurück, die er selbst bedruckt hat: 500 Platten von Lonely Drifter Karen. Eine Aktion, die mehrere Wochen und viele Freunde in Anspruch genommen hat. Gearbeitet wurde in der Werkstätte des Wiener EKH.
"Siebdrucke, Platten, Ideenfindungen: Ich habe immer andere Menschen gebraucht. Dieser D.I.Y.-Gedanke und die Selbstermächtigung sind großartig. Aber es ist ein 'we do it together'. So funktioniert Punkrock. Wieso mache ich das nach all den Jahren noch? Es geht nicht um große Bühnen und Rockstargehabe. Es geht um die Kunst und ein Miteinander."
Damals wie heute finanziert Andi Dvorak die Platten mit seinem privaten Geld. Verdienen tut er nichts daran. Ab und zu gibt es eine SKE Förderung. Selbst lebt er von einem Stipendium, neben dem Label studiert er an der Kunstakademie in Wien. Dass nun plötzlich alle von einer 'neuen österreichischen Welle' sprechen und aus den Nischenstars Headlineracts auf Festivals geworden sind, das überrascht Andi Dvořák trotzdem nicht.
"Gustav, Soap & Skin, Paper Bird: In Österreich ist immer viel Aufregendes passiert. Vor allem vielen weiblichen Musikerinnen ist ein Podest geboten worden. In meiner Wahrnehmung war das nie anders."
Im Oktober startet auf der FH Kufstein zum ersten Mal der Lehrgang "Musikwirtschaft". Auf der Donau Universität Krems kann man den Master in "Musikmanagement" absolvieren. Es findet eine Professionalisierung der Szene statt. Die Musikwelt von einst hat sich verändert: Der Zusammenbruch der Musikindustrie, digitale Medien, Spotify. Was muss der Labelbetreiber der Zukunft können? Braucht es dazu ein Studium?
"Nein, sagt der Indielabel-Betreiber in mir. Es kommt darauf an, was man will. Musik ist ein Produkt, das man wirtschaftlich vielfältig nutzen kann. Acts kann man aufblasen, Musik für Werbungen: Das generiert Geld. Das kann man natürlich nicht ignorieren. Das ist ein großer Wirtschaftszweig und Ausbildungen zu diesem Thema sind kein Fehler. Wenn dir jemand vorgibt wie etwas zu sein hat, dann nimmt das dem kreativen Prozess aber die Lebendigkeit. Ich bin der Meinung, dass man die Luft rausnehmen muss. Ich arbeite lieber an Singles mit kleinen Auflagen. Dafür werden die richtig gut! Es rennt niemanden etwas davon. Just do it."
Zu gewinnen!
2x Fettkakao Goodie Bags! Schick uns einfach dein Rezept für richtig guten Kakao mit Foto. Die besten Ideen gewinnen Platten, CDs, Zines, Sticker und Buttons: game.fm4@orf.at. Einsendeschluss ist am 9.9.2015.
Alexandra Augustin/ FM4