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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

5. 9. 2015 - 12:08

Im Kollektiv bist du stärker

Weibliche DJs aus Slowenien, Ungarn und Österreich treffen sich bei der "GMG Convention" in Graz. Was bringt das?

Sie wäre nie zuvor in einem Raum mit so vielen weiblichen DJs gewesen, freut sich MiSsuki. Im bürgerlichen Namen Barbara Höhs, hat sie dieses Treffen mit initiiert. "Glory music guts", so schreibt sich die "GMG Convention" aus. Es geht um Vernetzung und die Weitergabe von Techniken. In der Grazer Postgarage finden sich lauter junge Frauen ein, die alle eines teilen: "Ich liebe Musik", sagt Adriana Celentana am Podium, "darum bin ich hier". Die Diskussionsrunde ist Teil des Programms der mehrtägigen Zusammenkunft von weiblichen DJs aus Budapest, Ljubljana und Maribor sowie aus Wien und Graz.

Was das eigene Geschlecht mit Musik zu tun hat, will in der Gesprächsrunde geklärt werden. Die Frauen am Podium sehen sich als Role Models. Warum sind so wenige Frauen bei Labels? Warum nur zehn Prozent weibliche Acts bei Festivals weltweit, wirft Lisa Stadler von Etepetete ein. Bei Förderansuchen könne sie damit punkten, erklärt DJ KLGF. "Aber will ich wirklich meine Genitalien anführen?!"

Was passiert, wenn ein weiblicher DJ gut ausschaut? Das ist eine der Fragen der Gesprächsmoderatorin bei der öffentlichen Podiumsrunde. "I only play in complete darkness!", kontert Filipa Cicin-Sain. Dass es total gut ausgesehen habe, als sie Gitarre gespielt hat - solche Kommentare kennt Christina Lessiak aus eigener Erfahrung als Musikerin. "Performing your body is part of the deal", sagt sie, die Musikwissenschaften und Gender Studies studiert hat und jetzt eine Ausbildung zur Veranstaltungstechnikerin macht. Als DJ KLGF absolvierte sie ihre Gigs gerne höchst sexuell anzüglich gekleidet, etwa als Nonne mit kurzem Rock und Sonnenbrille und spielte ausschließlich Lieder, die von Sex handeln. "Ich brauche einen neuen Namen", lacht sie, denn klarerweise könne sie solche Auftritte nicht überall durchziehen und spiele längst nicht nur Lieder zu Sex.

Zehn weibliche Grazer DJs am Podium in der Grazer Postgarage bei der "GMG Convention"

Radio FM4

So viele DJs: Karoline Droschl-Pieringer, DJ KLGF, Adriana Celentana, Mama Feelgood, Feelipa, Beatrix Lorber, Heike C. Stark und Nane, Lisa und Lisge von Etepetete

Wo hakt es?

"Heute habe ich zum ersten Mal den Begriff She-J gehört", wundert sich Filipa Cicin-Sain aka Feelipa. Der Begriff DJane ist für sie schon furchtbar, sofort muss sie an Tarzan und Jane denken. "Wenn ich etwas Positives für die Frauen in der Musik bewirken will, ist das nicht das Bild, das ich im Kopf haben will. Damit komme ich nicht weit!". Was die deutsche Sprache angeht, stimmt sie Lisa von Etepetete zu, dass Gendern Sinn mache. Im Englischen würde sie von "female dj" sprechen, doch bei der Zusammenstellung von Line-ups käme sie nicht in die Situation, Geschlechter anzuführen. Filipa ist bei disko 404 und Elevate tätig und mischt auch noch in Zagreb bei Confusion mit, wo das DJ-Sein für sie den Ausgangspunkt hatte. "Beim Elevate ist uns sehr wichtig, möglichst 50/50 Prozent Frauen und Männer am Line-up haben. Aber: Ich werde nie jemanden buchen, nur weil sie eine Frau ist. Wenn die Musik nicht passt - das geht nicht."

Wo hakt es für weibliche DJs? Filipa Cicin-Sain tut sich schwer, das zu beantworten. Sie hat keine Probleme. Filipa ist dabei, um Mädchen und Frauen zu motivieren, für sich zu sagen, ja, ich kann das und ich will das. "Das Feld ist so breit, es muss sich noch so viel tun in unserer Gesellschaft, damit Frauen z.B. auch Tontechnikerinnen werden. Doch wir gehen in diese Richtung."

Gründet Kollektive

Ein Weg, sich Gehör zu verschaffen, ist, sich als Kollektiv zusammenzutun. Das hat die Ungarin Gabriella Mravik gemacht, ihr DJ-Name ist DSH. „Wir wollten wissen, ob es einen weiblichen Zugang zu DJing gibt“, erklärt DSH ihre Teilnahme in Graz. Die meisten in ihrer Crew legen seit fünf Jahren auf. Breakbeat und Drum’n’Bass ist DSH das Liebste, Nora Volosinovzski aka Feryne mag Techno wie ihre Kolleginnen in Budapest. Alle zusammen in einem Line-up würden sich nicht wirklich ausgehen, das funktioniere musikalisch nicht. Aber bei Partys nachmittags, im Freien im Sommer, passen die Stimmungen zusammen. Im Kollektiv, als She Fire, werden die DJs wahrgenommen und gebucht. Dabei kannten sie einander nicht wirklich, doch durch den Zusammenschluss sind sie mittlerweile Freundinnen.

DJs Feryne und She Fire aus Budapest

Radio FM4

Feryne und DSH von der ungarischen Crew She Fire

DSH ist von den Tagen in Graz angetan. Vor allem, was Marketing angehe, habe sie Neues gelernt. Unter den Gästen aus Slowenien sind sehr viele Anfängerinnen. "Es ist ein großartiges Gefühl, ihnen etwas beizubringen!", freut sich DSH. Feryne hat das Auflegen von Freunden gelernt, die DJs waren und sie aufforderten, das doch auch auszuprobieren. "Thanks, guys!" Jetzt lehrt sie Mädchen.

Die Partys heute Abend

Soundmarie, das Grazer DJ-Kollektiv, das die "GMG Convention" initiiert und mit der Caritas umgesetzt hat, will bald mit DJ-Workshops weitermachen.

Im Forum Stadtpark beginnt die "SM-Session II" heute, 5.9., um 22.00 mit Techno, House, Minimal, Techhouse von Miss Fab (GOR), Helena (SoundMarie), Frau Wallner (SoundMarie), Feryne (She Fire).

Und zur gleichen Zeit starten im Parkhouse im Grazer Stadtpark Mash (GOR), CounTessa (Brunnhilde), Emily Soulcat Escobar (Brunnhilde), DSH (She Fire), MiSsuki (SoundMarie) und FlaSh (SoundMarie). Sie legen Reggae, Hip Hop, Dancehall, Reaggeton, D´n´B, Breakbeat auf.