Erstellt am: 5. 9. 2015 - 12:10 Uhr
Das war es also mit dem Sommer 2015
Der Sommer endete dieses Jahr in Berlin superpünktlich zum meteorologischen Herbstbeginn - am letzten Dienstag Abend um 18 Uhr.
Wer schwimm- und seensüchtig ist, der wollte den Sommer 2015 bis zur letzen Sekunde auskosten, bis dunkle Wolken über dem Kreuzberger Prinzenbad aufzogen und ein starker böiger Wind aufkam und der Bademeister nervös von seiner Aussichtsplattform verkündete, man solle jetzt die Becken verlassen. Dann fiel die Temperatur um 10 Grad - seither es ist kühl und regnerisch.
Das war es also mit dem Sommer 2015. Ein sehr guter Sommer war es, da gibt es nix zu meckern, wie die BerlinerInnen gerne sagen, wenn sie das allerhöchsten Lobes aussprechen wollen. Jetzt also Herbst - man muss sich die neue Jahreszeit ein bisschen schönreden. Der Herbst hat viele Vorteile, zum Beispiel, dass er touristisch gesehen, Nachsaison ist, das heißt, die Touristen werden weniger und die Stadt gehört wieder den BewohnerInnen.
Auch das Ausgeh- und Kulturleben wird interessanter. Den ganzen Sommer über konnte einem das Gefühl beschleichen, sich selbst als Tourist in der Stadt zu fühlen - und das durchaus auch zu genießen. Aber vieles was so geboten war, schien eigens für den touristischen Massengeschmack inszeniert. Als kitschiges Eventhäubchen, um aus dem Städteurlaub ein romantisches Erlebnis zu machen. Da bewegte sich beim "Aquarella" Schiffs- und Licht-Ballet ein Schiffs-Korso originellerweise zur Händelschen "Wassermusik". Auf dem ehemaligen Flughafengelände Tempelhofer Feld wurde ein Labyrinth aus 3000 Lichtern aufgebaut und ein Theaterstück aufgeführt. "Geschichten voller Hoffnung und Sehnsucht, die von der großen Reise des Lebens erzählen", hieß es in der Ankündigung.
Mit diesem Wohlfühlquatsch ist jetzt Schluss. In den Berliner Theatern beginnt die neue Spielzeit und die Volksbühne will unter dem Titel "Existenz Palast" den Wiener Aktionismus feiern. Das Motiv der Grenzüberschreitung wird von Jacki Liebezeit und Faust bearbeitet, Paul McCarthy wird in einer Malaktion Otto Mühl neu interpretieren. Der Existenzpalast soll die Verbeugung vor einer Generation sein, die Ekel, Schmerz, Schmutz und Hässlichkeit in der Kunst zu würdigen wusste.
Wem das zu arg ist, und wer nebenher noch Elektronik-Nerd ist, der kann ja am Wochenende zur IFA gehen, denn die Internationale Funkausstellung Berlin ist angeblich "die weltweit führende Messe für Consumer Electronics und Home Appliances".

Bundeszentrale für politische Bildung
Oder er geht zum "Festival Futur 25", das kommt ein bisschen für den Hauptstadttouristen zurecht geschnitten daher, vielleicht weil es von der Bundeszentrale für Politische Bildung veranstaltet wird.
Unter dem Titel "1990 – 2015 Trümmern und Träumen Pop.Talk.Techno.Art." stellt man Frage "Was ist anders geblieben?"
Nächstes Wochenende findet dann zum ersten Mal das Lollapalooza Festival auf dem Flughafen Tempelhof statt.
Der Konzertherbst bringt in den nächsten Monaten
Sufjan Stevens, Sisters of Mercy, Tocotronic, New Order, Sleaford Mods, Marilyn Manson, Madonna, Slayer Juliete Greco, die Thurston Moore Band, die Antilopengang und viele andere auf die Berliner Bühnen.
Man darf sich natürlich nichts vormachen: September und Oktober lassen sich noch ganz gut aushalten in Berlin - aber ab November wird es schrecklich werden! Aber als Fan der vier Jahreszeiten findet man in jedem Monat irgendwas Gutes: Wenn es neblig-trüb und feucht und kalt und nachmittags schon dunkel wird, hat man auch endlich wieder Lust ins Kino zu gehen!