Erstellt am: 28. 8. 2015 - 14:14 Uhr
Flüchtlinge als MitbewohnerInnen
"Warum können geflüchtete Menschen in Österreich nicht einfach in WGs wohnen statt in Massenunterkünften? Das haben wir uns auch gefragt und einen Weg gefunden, das möglich zu machen", heißt es auf der Website der Initiative.
Dass Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf haben, das ist in Österreich nicht selbstverständlich. Das gilt vor allem für Neuankömmlinge, wie die Bilder und Berichte etwa aus Traiskirchen zeigen. Aber auch anerkannte Flüchtlinge finden nur schwer geeigneten Wohnraum, den sie auch bezahlen können. ORF.at berichtet über einen Wohnungsschwarzmarkt, über Wucherpreise für einen Platz in einer Zwei-Zimmer-Wohnung, in der fünf bis zehn Leute wohnen.
Leistbaren Wohnraum zu finden, ist derzeit prinzipiell mühsam. Fehlt ein geregeltes Einkommen und sind die Deutschkenntnisse noch mangelhaft, wird es noch schwieriger, weiß auch Veronika Ehm von "Flüchtlinge Willkommen". Die Privatinitiative ist im Jänner gestartet, sie vermittelt Menschen, die Wohnraum zur Verfügung stellen können, mit Personen mit Fluchterfahrung. Bisher haben über "Flüchtlinge Willkommen" an die 50 Flüchtlinge bzw. Flüchtlingsfamilien eine Unterkunft bekommen.
Die Dringlichkeit der Situation ist heute eine ganz andere, als zu Jahresbeginn, das macht sich auch bei der Initaitive bemerkbar. Erfreulicherweise melden sich von Monat zu Monat mehr Menschen, die gern Flüchtlinge bei sich aufnehmen möchten, im August waren es österreichweit 300.
Aleksandra Pawloff
Nach der katastrophalen Situation in Traiskirchen kündigt sich bereits der nächste Notstand an: Zehntausende anerkannte Flüchtlinge werden schon bald auf den Wohnungsmarkt drängen. Mietwucher und Betrug sind Tür und Tor geöffnet - KollegInnen von ORF.at und Ö1 haben recherchiert.
Wichtiger erster Schritt
Ein Dach über dem Kopf ist Voraussetzung für Vieles, erzählt Veronika Ehm im FM4 Interview, denn dann kann es mit den nächsten Schritten losgehen, bei denen oft auch Unterstützung wichtig ist. Etwa für Behördengänge, wenn je nach Situation ein Antrag auf Grundversorgung oder Mindestsicherung gestellt wird. Auch um die Strukturen in Österreich kennenzulernen, ist Hilfe notwendig: zu wissen, wo Sprachkurse angeboten werden, wo es Weiterbildungsmöglichkeiten gibt, wo man sich für Jobs bewerben kann. Ein soziales Netz will aufgebaut werden, es gilt, Leute kennenzulernen, Freundschaften zu schließen.
"Flüchtlinge Willkommen" steht mit den Wohngemeinschaften in regelmäßigem Kontakt, und verfügt auch über PsychologInnen und SozialarbeiterInnen, die unterstützen und helfen, wenn es notwendig ist. Bisher läuft es bei allen WGs recht gut, vor kurzem wurde ein großes gemeinsames Sommerfest gefeiert, schildert Veronika.
"In meiner WG lebt ein Flüchtling"
Paul Pant hat im März die WG von Lisa, Eva und Muhammad aus Pakistan besucht.
Zuspruch aus der Politik
Seit Jahresbeginn ist der Zuspruch zu Initiativen wie ihrer gestiegen, meint Veronika Ehm, auch aus der Politik. Menschen werden auch aufgefordert, privat zu unterstützen. Die Initiative hat aber einige Forderungen an die Politik.
"Von unserer Seite aus wäre es unbedingt notwendig, Vermittlungen zu erleichtern, genau diese bürokratischen Wege, so dass es niederschwellig möglich ist, jemanden bei sich zuhause aufzunehmen, und das in allen Bundesländern."
Wer selber gern einen Flüchtling bei sich aufnehmen will, sollte ein freies Zimmer zur Verfügung stellen können, das getrennt begehbar ist und Privatsphäre ermöglicht. Und abgesehen vom Wohnraum ist es wichtig, jemanden kennenlernen zu wollen, der aus einer anderen Kultur kommt und wertvolle Erfahrungen mitbringt, wie Veronika meint.
Alle weiteren Infos findest du auf der Website von "Flüchtlinge Willkommen".