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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

25. 8. 2015 - 15:24

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 25-08-15.

Der Doppel-Sechser und das österreichische "der alte Frings sein".

#fußballjournal15

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Heute gab Marcel Koller den ÖFB-Kader
für die nächsten EM-Quali-Spiele bekannt; einen ohne jegliche Überraschung. Da es die anstehenden drei Champions/Euro-League-Matches abzuwarten gilt, um einen seriösen Lagebericht abgeben zu können, folgt die sonst übliche Kader-PK-Geschichte diesmal erst am Freitag.

Österreich spielt am 5.9. um 20.45 daheim gegen Moldawien und am 8.9. dann am Abend in Solna gegen Schweden.

Tor: Robert Almer (Austria), Heinz Lindner (Eintracht Frankfurt/D), Ramazan Özcan (Ingolstadt/D). Auf Abruf: Andreas Lukse (Altach)

Abwehr: György Garics (Darmstadt/D), Florian Klein (VfB Stuttgart/D), Sebastian Prödl (Watford/ENG), Kevin Wimmer (Tottenham/ENG), Aleksandar Dragovic (Dynamo Kiew/UKR), Martin Hinteregger (Salzburg), Christian Fuchs (Leicester/ENG), Markus Suttner (Ingolstadt/D). Auf Abruf: Christopher Trimmel (Union Berlin/D), Stefan Lainer, Andreas Ulmer (Salzburg), Michael Madl (Sturm).

Mittelfeld: David Alaba (Bayern München/D), Julian Baumgartlinger (Mainz/D), Christoph Leitgeb (Salzburg), Stefan Ilsanker, Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D), Jakob Jantscher (Luzern/SUI), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/D), Marko Arnautovic (Stoke/ENG), Martin Harnik (VfB Stuttgart/D). Auf Abruf: Yasin Pehlivan (Salzburg), Guido Burgstaller (Nürnberg/D), Florian Kainz, Philipp Schobesberger, Louis Schaub (Rapid).

Angriff: Lukas Hinterseer (Ingolstadt/D), Rubin Okotie (1860 München/D), Marc Janko (Basel/SUI). Auf Abruf: Andreas Weimann (Derby County/ENG), Philipp Zulechner (Austria).

Verletzt ist Veli Kavlak (Besiktas/TUR).

Valentino Lazaro (Salzburg) und Louis Schaub (Rapid) sind bei der U21, die am 4.9 in Baku ihre EM-Quali startet. So wie unter anderem auch Ivan Lucic (Bayern München/D), Daniel Bachmann (Ross County/SCO), Phillipp Mwene (VfB Stuttgart/D), Lukas Gugganig (FSV Frankfurt/D), Philipp Lienhart (Real Madrid/SPA), Ylli Sallahi (Karlsruher SC/D), Christoph Martschinko (Austria), Christian Gartner (Fortuna Düsseldorf/D), Dominik Wydra (Paderborn/D), Alessandro Schöpf (Nürnberg/D), Florian Grillitsch (Werder Bremen/D), Kevin Friesenbichler (Austria) oder Michael Gregoritsch (Hamburger SV/D).

Nicht berücksichtigt wurden: Cican Stankovic (Salzburg), Thomas Gebauer (Ried), Mika Gspurning (Schalke/D), Marco Knaller (Sandhausen/D), Michael Langer (Valeranga/NOR); Georg Teigl, Stefan Hierländer (RB Leipzig/D), Markus Berger (Tondela/ POR), Emanuel Pogatetz (Columbus/USA), Stipe Vucur (Kaiserslautern/D), Niklas Hoheneder (Paderborn/D), Christoph Dibon (Rapid); Raphael Holzhauser (Austria), Stefan Kulovits (Sand-hausen/D), Muhammed Ildiz (Gaziantep/TUR), Robert Gucher (Frosinone/ITA), Kevin Stöger (Paderborn/D), Marcel Ritzmaier (Nijmegen/NED), Tomas Simkovic (Kostanay/KAZ), Ümit Korkmaz (Rize/TUR), Alexander Grünwald, Alexander Gorgon (Austria), Andreas Ivanschitz (Seattle/USA), Michael Liendl (Fortuna Düsseldorf/D), Robert Zulj (Gr. Fürth/D), Daniel Royer und Martin Pusic (Midtjylland/DEN), Adthe Nuhiu (Sheffield Wed./ENG), Marco Djuricin (Salzburg), Erwin Hoffer (Karlsruher SC/D), Philip Hosiner (Köln/D), Darko Bodul (Dundee U/SCO) uvam

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Wenn man - wie gestern erwähnt - in einem südlichen, gänzlich anders fußballinteressiertem Land strandurlaubt, kommt man an der dortigen Fußball-Rezeption nicht vorbei. Und weil die zwar knallig und selbstverliebt ist, aber dann auch viel systematischer und deutlich analytischer daherkommt als das im deutschsprachigen Raum der Fall ist, weil die Tellerränder niedriger sind, wird das berühmte 'größere Bild' deutlicher sichtbar.

2

Da war dieser Tage vor allem eines auffällig: in den Systemen der italienischen Serie A, aber auch in jenen der französischen Ligue 1 hat ein Basis-Element des österreichischen Fußballs keinen Platz mehr.

Der Doppel-Sechser ist da ein Auslauf-Modell, taucht nur noch vereinzelt auf, hat in den Grundsystemen der Coaches keinen Stammplatz mehr. Stattdessen sind Dreier-Mittelfelder (mit zwei flexiblen Achtern vor einem einzelnen Sechser), meist innerhalb eines 4-3-3, angesagt. Ein Check innerhalb der deutschen Bundesliga ergibt dann, dass sich auch hier eine knappe Mehrheit bereits gegen die klassische Doppel-Sechs entschieden hat und andere Lösungen versucht.

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Das hat eine gewisse Logik. Die Ligen, die nicht die Möglichkeiten der großen Drei (Spanien, England, Deutschland) haben, also nicht die Besten der Besten verpflichten können, sind auf vermehrte taktische Cleverness angewiesen; müssen also viel eher (und vor allem: zuerst) etwas Neues entwickeln. Wie es dann Italien (zuletzt wieder deutlich im Aufwind), Frankreich oder auch Holland dann tun. Ehe es in die Top 3-Ligen sickert.

Einschub:

In einem Kicker-Interview sagt Torsten Frings (deutscher Ex-Teamkapitän, jetzt Co-Trainer bei Werder) letzte Woche einen schönen Satz: "... mit bestimmten Fragen, beispielsweise welches System gegen ein bestimmtes anderes System am wirkungsvollsten ist, haben sich doch, ehrlich gesagt, nur die allerwenigsten Profis beschäftigt." Frings, der einen hochdifferenzierten Blick auf seinen Berufsstand wirft, übt da massive Selbstkritik am Spielertyp, der er einst selber war.

Und erklärt nebenbei die Bedeutung der Beschäftigung mit einer der Spielphilosophie angepasstem Basissystem. Denn erst darauf lassen sich taktische Spielereien und Matchpläne, also das A und O des zeitgemäßen Fußballs aufsetzen.

Einschub Ende

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In Österreich, das zeigte das letzte Meisterschafts-Wochenende dann sehr genau, ist der Doppel-Sechser weiterhin Standard.

Unangefochten.

Nur Ivica Vastic' Mattersburg spielt mit dem erwähnten Dreier-Mittelfeld. Und natürlich ist das neue, alte Ried unter Gludovatz wieder im 3-3-3-1 (oder, wie Martin Scherb in der heutigen Sportzeitung präzisiert, eigentlich im 5-3-2) sortiert. Helgi Kolvidsson, der Coach, der nie zu Ried gepasst hatte, und folgerichtig scheitern musste (steht schon hier, in einem Eintrag vom 2. Juni), hatte ein besonders konservative Auslegung des Doppel-Sechsers.

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Und genau das ist der Knackpunkt: jedes System ist dann spielbar, wenn dahinter eine schlaue Idee steckt. Wer ein im aktuellen Fußball sehr häufiges System (wie das 4-4-2 mit der Doppelsechs, aber auch das 4-2-3-1) aber nur deshalb spielen lässt, weil er keinen eigenständigen Plan hat und es nur tut, weil alle anderen im Mainstream das auch tun, hat schon verloren; bzw. kann sich nur über die Qualität seiner Spieler retten.

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Das wiederum bedeutet aber auch, dass sich diese Mannschaften - und in der Folge die Ligen, in denen sie spielen - nie wirklich verbessern werden, sondern immer hinterherhampeln. Vor allem dann, wenn es in anderen, moderner orientierten Ligen permanente Versuche und Entwicklungen gibt. Und es sind genau die paar Prozent, die man durch eigenständiges Denken und individuelle Lösungen rausholen kann, die den Unterschied machen können.

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Selbstverständlich kann man auch aus einer nominellen Doppel-Sechs heraus etwas entwickeln; sofern dort Spieler am Werk sind, die versatil zu handeln verstehen, sich als vielschichtige Persönlichkeiten verstehen und dann letztlich als Achter oder sogar falsche Zehner agieren. Die Crux bei der klassischen österreichischen Doppel-Sechs ist aber, dass diese Freiheiten im restlichen Spielsystem nicht eingeplant sind.

Das äußert sich in der Praxis etwa darin, dass eine Mannschaft mit typisch-konservativem Doppel-Sechser ihr Spiel hintern zu viert im Karree stehend aufbaut, meist gegen einen, maximal zwei pressende Gegenspieler. Allein das bringt schon einmal zwei bis drei Anspielstationen weniger. Gutes Mittel dagegen: ein sogenannter abkippender Sechser, also einer, der sich zwischen die Innenverteidiger zurückfallen lässt. Funktioniert auch nur dann, wenn der zweite Sechser zeitgleich aufrückt.

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Weil es aber, siehe Frings, immer darum geht, mit welcher Idee (zum Beispiel auch mit welchem System) man die Grundidee (zb die Grundaufstellung) des Gegners knackt, empfiehlt sich eine Abkehr vom immer gleichen. Aktuell setzt die Mehrzahl der österreichischen Bundesliga-Teams ihre Mittelfeld-Zentralen aber gegenläufig ein. Und das betrifft nicht so sehr die Kleinen (neben Mattersburg hat auch die Admira eine pfiffige Lösung gefunden), sondern überraschenderweise eher die Großen.

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Das hat, denke ich, viel mit dem, was Frings da im Einschub sagt zu tun. Und der Tatsache, dass in Österreich besonders viele jener, die erfolgreiche Teamspieler waren und dann Trainer wurden, im Grund ihres Handlungswillens eben immer noch der alte Frings, der alte Spieler von früher sind; und sich nicht so recht beschäftigen wollen; weil's ja "auch so" geht. Vor allem dann wenn man bei einem größeren Klub spielt, und sich mit der höheren Klasse der Spieler knapp durchsetzen kann.

Dass es darum gehen könnte sich und seine Mannschaft selber in die nächsthöhere Stufe zu katapultieren, auf diese Idee kommen tendenziell jene Trainer, die früher keine Spieler waren, also gar nicht so sozialisiert wurden, wie es Frings da beschreibt, in dieser Spielerwelt ohne geistige Anstrengung.

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Immerhin, es gibt Hoffnung: Ivica Vastic etwa, bei der Austria noch ein massiv Lernresistenter, hat sich im Burgenland deutlich entwickelt. Holt die Extrapunkte, die er mit seinem Kader und seinen Möglichkeiten braucht, über den besseren Matchplan, die innovativere Idee.

Eine Idee, die überall ansetzen kann, in jeder Ritze, in jedem Detail, nicht nur beim überkommenen Doppel-Sechser. Dort ist die Entwicklung aktuell halt am Offensichtlichsten.