Erstellt am: 17. 8. 2015 - 21:40 Uhr
Die Plage mit der Ruhelage
Alle Ballungszentren Österreichs sind von großem Zuzug betroffen. Allein die Bundeshauptstadt gewinnt jährlich 20.000 Einwohner hinzu. Oft beklagten Leerstand führt Mietervereinigungs-Geschäftsführerin Nadja Shah nicht als drängendstes Problem am Wohnungsmarkt an: Einerseits wären nicht unbedingt alle leerstehenden Wohnflächen sofort nutzbar, würde man "nur" die entsprechenden formaljuristischen Bedingungen schaffen: Viele Flächen müssten erst saniert werden, andere sind Teil von Verlassenschaften, die gerade abgewickelt werden. Zudem ist ein bundespolitisches Vorgehen gegen Leerstand bei den diametral entgegengesetzten Haltungen der Regierungsparteien momentan ohnehin kaum vorstellbar. Freilich treiben ungenutzte Flächen dennoch die Preise in die Höhe. Wer sich momentan also ohnehin über die teuren Mieten ärgern muss, kann mithilfe folgender Checklist zumindest zusätzliche Mühsal vermeiden:
Vorauszahlungen
Auf gar keinen Fall Geld (etwa für die Kaution) im Vorhinein bezahlen, ohne dass die Wohnung besichtigt und der Vertrag unterzeichnet wurde sowie die Schlüssel ausgehändigt sind. Klingt nach "eh klar"; kann in der Praxis aber schneller gehen als gedacht, wenn etwa Wohnungen in betrügerischer Absicht "ausgeborgterweise" vermietet werden, ohne dass die eigentlichen Eigner darüber Bescheid wissen.
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Kaution und Maklergebühren
In der Regel darf die verlangte Kaution sechs Monatsmieten nicht übersteigen (außer es besteht ein "außergewöhnliches Sicherungsinteresse", z.B. wegen besonders wertvollen Mobiliars). Üblich sind drei bis vier Monatsmieten. Maklergebühren dürfen bei einem auf drei Jahre befristeten Mietverhältnis die Höhe einer Monatsmiete nicht übersteigen, bei längeren Mietverhältnis dürfen Gebühren in Höhe von bis zu zwei Monatsmieten eingehoben werden (es gilt jeweils die Nettomiete samt Betriebskosten plus 20 % Umsatzsteuer).
Mietervereinigung
Mag. Nadja Shah, Bundesgeschäftsführerin der Mietervereinigung, bezeichnet im Interview die Frage nach dem "Wie" als Wohnthema der Zukunft: Wie möchten wir in stetig wachsenden Städten leben, wo Grund und Boden endlich und die Vereinzelung im Zunehmen sind? Fast 50% der Wohnungen in Wien sind Ein-Personen-Haushalte. Wie geht man als Stadt damit um, dass jede dieser Wohnungen eine eigene Grundausstattung (Küche, Waschmaschine etc.) benötigt (die in früheren Zeiten noch von mehreren Menschen gemeinsam genutzt wurde)? Entstehen ökonomische "Community"-Wohnvarianten mit Raum für persönlichen Rückzug aber geteilten Gemeinschaftsräumen – wie wir es schon jetzt beim Carsharing erleben?
WGs vertraglich regeln
"Gemeinsame" Hauptmieten haben Vor- und Nachteile: Nur der Hauptmieter darf und kann Kontakt zu den Eigentümern herstellen und dort auch Ansprüche geltend machen. Wenn mehrere Personen gemeinschaftlich die Hauptmiete übernehmen, kann der Vertrag auch nur gemeinsam beendet werden. Ein einzelner Mieter kann nicht "raus", ohne dass die anderen (und der Vermieter) zustimmen – außer diese Möglichkeit wurde vorab vertraglich vereinbart.
Befristungen
Schon beim Einzug ist es ratsam zu beachten, wann man aus der Wohnung wieder "hinaus kann": in befristeten Mietverhältnissen muss in der Regel mindestens 16 Monate lang verblieben werden.
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Untermiete
Natürlich ist es möglich, etwa als Teil einer WG "nur" als dort gemeldete Person "aufzutauchen" und nicht im vereinbarten Hauptmietvertrag. Wer allerdings die Untermiete ausschließlich mündlich vereinbart, hat damit in der Regel ein unbefristetes Mietverhältnis geschaffen. Befristungen müssen schriftlich festgehalten werden. Vorsicht: wer sich als HauptmieterIn vielleicht heute gut mit den Wohnungspartnern versteht, aber morgen seine Pläne ändert – wobei unbefristete Untermietverhältnisse vereinbart worden waren – demgegenüber könnten Schadensersatzansprüche entstehen.
Ausziehen = Ausmalen?
Das war früher so. Seit einem Urteil des Obersten Gerichtshofs ist die übliche Abnutzung weißer Wände in der Miete enthalten, es muss bei einem Auszug nicht mehr ausgemalt werden – das gilt sogar für einige Pastelltöne, falls man damit ursprünglich weiße Wände verändert hat. Die Veränderung muss aber den üblichen Bedürfnissen der MieterInnen entsprechen, "pastellgelb mit Goldtupfen" wird von dieser Regelung also nicht erfasst.
Rechner als Richtschnur
- Eine vorläufige Einschätzung über Mietzins, Maklergebühren und Betriebskosten lassen sich hier gewinnen.
Beratung
- Erste Hilfe bieten die Mietrechtsexperten der Arbeiterkammer, die speziellen Beratungsstellen der ÖHs an den Universitäten (Kunstuni Linz, Uni Graz, Uni Wien), der Verein Faire Miete, die Mietervereinigung und der Mieterbund. In elf Gemeinden Österreichs gibt es den Gerichten vorgelagerte Schlichtungsstellen für wohnrechtliche Angelegenheiten. Hier können Mietzins- und Betriebskostenüberprüfungen beantragt werden – manche Mieterorganisationen helfen bei der Durchführung.
Miete zu hoch?
Wem die Miete überteuert erscheint: eine erste Lageeinschätzung für den Raum Wien erlauben die Rechner der Mietervereinigung (siehe rechts). Wer sich über hohe Kosten etwa im Rahmen der jährlichen Betriebskostenabrechnung wundert, sollte sich beraten lassen. Oft werden Kosten auf den Mieter abgewälzt, die dieser eigentlich nicht zu bezahlen hat, etwa Einzahlungen in die Reparatur-Rücklagen der Eigentümer. Oder es kommen im Rahmen eigentlich gedeckelter Mietkosten zu hohe Lagezuschläge zur Anwendung. Ob eine Mietzinsobergrenze besteht, kann – Vorsicht, nicht letztgültig – mithilfe folgender Faustregel ermittelt werden: Bei Mehrparteien-Altbauten (Gründerzeithäuser erkennt man an den "verschnörkelten" Fassaden) die vor dem zweiten Weltkrieg errichtet wurden, ist das meistens der Fall. Ausnahmen sind später getätigte Dachausbauten und Aufstockungen, aber auch danach mit Förderungen errichtete Wohnungen – manchmal erkennbar an entsprechenden "Taferln" ("... aus Mitteln der Wohnbauförderung"). Wer Grund zur Annahme hat, zu viel Miete zu bezahlen, sollte sich beraten lassen: siehe Infos im Kasten rechts.
Einspruchsfristen
Bei unbefristeten Verträgen sind drei Jahre Zeit, um einen zu hohen Zins zu beeinspruchen. Später gilt die vormals ungesetzlich hohe Miete als "geheilt". Der befristete Vertrag kann zehn Jahre lang überprüft werden, sofern das Mietverhältnis noch aufrecht ist. Ab der Vertragsauflösung bzw mit der Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis hat man nur mehr sechs Monate Zeit, um einen Antrag auf Mietzinsüberprüfung einzuleiten.
Hauptwohnsitz oder nicht
Wer am betreffenden Ort nicht seinen Hauptwohnsitz angemeldet hat, kann bei kurzfristigen Verträgen über "Ferien- oder Studienwohnungen" von manchen Schutzbestimmungen ausgenommen sein. Wird eine längere Zeitspanne am selben Ort verbracht, empfiehlt es sich, die Anmeldung des Hauptwohnsitzes auch deshalb in Betracht zu ziehen, weil sonst z.B. Ansprüche auf Gemeindewohnungen unter den Tisch fallen könnten.